US-Filmstudios
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Bildquelle: stockcake

US-Filmstudios fordern von EU mehr Kontrolle der IT-Firmen

US-Filmstudios legten der EU ihren neuen Überblick über die Bedrohungen durch Online-Piraterie vor. Dazu kommen noch einige Forderungen.

Der Verband Motion Picture Association (MPA) legte im Auftrag der großen US-Filmstudios der EU ihren neuen Überblick vor. Darin nennt man die üblichen Ziele, wie bekannte Torrent-Indexer, Streaming-Portale, Piraterie-Apps und vieles mehr. Im Kern steht allerdings die Forderung nach der Kontrolle von IT-Dienstleistern, die für die Online-Piraten tätig sind. Nach Ansicht der MPA sollten diese Unternehmen mehr Verantwortung übernehmen, ob sie es wollen oder nicht.

US-Filmstudios richten sich mit Forderungen an die EU

MPA, Motion Picture Association, US-Filmstudios

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Online-Piraterie als wachsende Herausforderung für die Unterhaltungsindustrie erwiesen. Die Europäische Kommission erstellt nach dem US-Vorbild alle zwei Jahre eine „Counterfeit and Piracy Watch List“. Wie ihr amerikanisches Pendant stützt sich auch die EU-Beobachtungsliste auf die Einreichungen von Interessengruppen. Die Rechteinhaber und deren Verbände schlagen die Aufnahme problematischer Websites und Dienste in die Liste vor.

Die letzte Version des Berichts erschien 2022. Die EU arbeitet derzeit an einer aktualisierten Ausgabe. Diese wird sich auch auf die Informationen des jetzt veröffentlichten Berichts stützen, die die MPA erstellt hat. Der Verband der großen US-Filmstudios vertritt dabei mehrere große Hollywood-Studios. Das ist die Walt Disney Motion Pictures Group, Netflix, Paramount Pictures, Sony Pictures Entertainment, Universal Studios und Warner Bros. Entertainment.

MPA berichtet über Piraterie-Bedrohungen

Als treibende Kraft hinter der Alliance for Creativity and Entertainment (ACE), der größten und aktivsten Anti-Piraterie-Gruppe, ist sich die MPA der weltweiten Bedrohung durch Piraterie durchaus bewusst. Und in der Tat listet sie Dutzende von problematischen Websites und Diensten auf. Doch neben den üblichen Verdächtigen zählen dazu auch der Cloud-Messenger Telegram, das russische Netzwerk Vkontakte (vk.com) und diverse Domain-Registrierungsstellen. Man erhebt bei der Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit, will aber die Methoden und den Umfang der Online-Piraterie veranschaulichen.

ACE, Alliance for Creativity and Entertainment

IT-Dienstleister als Vermittler im Fokus der US-Filmstudios

Natürlich erwartet die MPA nicht, dass die Europäische Kommission diese Bedrohungen durch Piraterie über Nacht verschwinden lässt. Die MPA mit dem Heer an Juristen der ACE ist dafür viel besser dafür gerüstet, mit diesen Bedrohungen umzugehen. Die EU kann jedoch dazu beitragen, die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Durchsetzungsmaßnahmen effektiver werden. Vor diesem Hintergrund ist es keine Überraschung, dass die von der MPA hervorgehobenen „wichtigsten Durchsetzungspunkte“ nicht direkt mit den Piratenseiten zu tun haben.

Stattdessen konzentrieren sie sich ausschließlich auf „Vermittler“, zu denen unter anderem Hosting-Unternehmen, CDN-Anbieter, Werbetreibende und Domain-Registratoren gehören. IT-Dienstleister mit Niederlassungen in den USA sind in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus der DMCA-Aufforderungen zur Preisgabe der Identität ihrer Kunden geraten.

Fakt ist, dass sie mit dem Geschäft der Piraten Geld verdienen. Dennoch sind diese Firmen nicht besonders proaktiv, wenn es um die Durchsetzung oder die Unterstützung der Durchsetzungsbemühungen Dritter geht, so die MPA. Der Grund dafür ist offensichtlich, das würde ihr eigenes Geschäftsmodell infrage stellen. Man denke nur daran, wie viele Piraten-Portale Cloudflare als DDoS-Schutz nutzen, um den Standort ihrer Server zu verschleiern.

Identität der Piraten preisgeben, Konten bei falschen Angaben schließen

Laut der Vorlage der US-Filmstudios sollen die IT-Dienstleister aus eigenem Antrieb dafür sorgen, dass sie keine Piraten mehr als Kunden haben. Sie sollen Copyright-Verstöße verhindern, Konten bei Bedarf schließen und die Identität von Geschäftskunden überprüfen. Wenn eine Überprüfung nicht möglich sei oder es sich herausstellt, dass die Daten falsch sind, solle man die Geschäftsbeziehungen ebenfalls sofort beenden.

Rechtsdurchsetzung: Wie die EU dabei helfen soll

Die MPA erwähnt in ihrer Stellungnahme, dass sie die europäischen IT-Dienstleister (Vermittler) dazu aufgefordert hat, Informationen über die Betreiber von Pirateriediensten zu veröffentlichen. Diese Informationen könnten dazu beitragen, anonyme Betreiber zu entlarven, damit man sie vor Gericht stellen kann.

Richterhammer, Filesharing

Wenn ein IT-Dienstleister keinen Wert auf die Prüfung der Identität seiner Kunden legt, könnte die EU mit Gesetzen dafür sorgen, dass sich dies künftig ändert. Dann müsste man die Angaben aller Kunden ausführlich überprüfen, ob diese echt sind. Die KYBC-Anforderungen (Know Your Business Customer = Kenne deinen Geschäftskunden) sollten für Unternehmen, die nach EU-Recht tätig sind, obligatorisch werden.

Online-Durchsetzungsbemühungen werden vereitelt, wenn Vermittler keine angemessenen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass ihre Dienste nicht zur Erleichterung von Urheberrechtsverletzungen genutzt werden. Dies ist ein Problem, das dadurch verschärft wird, dass viele Website-Betreiber und Vermittler anonym arbeiten. Dies ist ein Problem, mit dem sich der EU-Gesetzgeber dringend befassen muss, und wir fordern daher nachdrücklich die Aufnahme von Sorgfaltspflichten zur Überprüfung der Kundenidentität für diese Dienste in das Gesetz über digitale Dienste“, argumentieren die US-Filmstudios.

Rechteinhaber tragen ihre Forderungen wiederholt vor

Dies ist nicht das erste Mal, dass diese Vorschläge gemacht werden. In den letzten Jahren haben sich die MPA und ähnliche Organisationen für strengere Überprüfungen von Online-Vermittlern eingesetzt. Diese Überprüfungen verpflichtend zu machen, wäre ein entscheidender Schritt, so ihre wiederholte Argumentation. Der Digital Services Act der EU enthält zwar bereits einige KYBC-Anforderungen, aber die Regeln gelten nicht für Vermittler und Hosting-Plattformen.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen der US-Filmstudios könnte man allerdings mit etwas Aufwand umgehen. Siedeln IT-Dienstleister ins Ausland jenseits der EU-Außengrenzen um, gehen die Forderungen nämlich ins Leere.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.