Seit fast 5,5 Jahren koordiniert Fabian Seitz für Sky Deutschland die Anti-Piraterie-Ermittlungen. Wir haben ihn dazu befragt.
Fabian Seitz ist Diplom Verwaltungswirt. Vor zehn Jahren machte Seitz in Lindau (Bodensee) bei der Polizei ein Praktikum, anschließend absolvierte er eine Ausbildung zum Kriminalbeamten. Seit 2018 arbeitet er im Bereich Anti-Piracy des Medienkonzerns Sky Deutschland. Die Leser älteren Semesters dürften die Firma noch unter dem Namen Premiere kennen.
Piratenjäger Sky Deutschland: Fabian Seitz im Interview
Sky hat gleich mehrere Probleme. Die Online-Plattform statista verzeichnete letztes Jahr erstmals einen Rückgang der weltweiten Umsätze des Pay-TV-Marktes. In Deutschland sind die Gründe dafür vielfältig. Auch wenn man das Angebot von Sky Deutschland nicht mit Netflix & Co. vergleichen kann, so bieten sie unter dem Strich weniger Content zu höheren Preisen an. Die Produktion exklusiver Inhalte, wie Live-Übertragungen der Formel 1 oder der Fußball-Bundesliga kosten sehr viel Geld. Die Konkurrenz von der Streaming-Fraktion hat ihrerseits schon reagiert. Sie bieten ihren Streaming-Kunden vermehrt eigene Live-Sport-Events an. Noch sind diese nicht so hochwertig, aber der Trend ist klar erkennbar.
Warum greifen so viele Zuschauer auf den Graubereich zurück?
Bei den vergleichsweise hohen Gebühren behalten immer mehr Zuschauer ihr Gespartes lieber im Portemonnaie, statt es Sky Deutschland zu geben. Sie greifen, um ihren geliebten Fußballklub oder ihre Lieblingsserie zu schauen, lieber auf Anbieter zurück, die günstig aber bei denen die Nutzung strafbar ist. Erwischt man die Schwarzseher, was immer wieder passiert, drohen ihnen neben den strafrechtlichen abhängig von der Dauer der verbotenen Nutzung auch empfindliche zivilrechtliche Konsequenzen. Sie müssen Dazn, Sky & Co. Schadenersatz zahlen für die Dauer der illegalen Nutzung des hochgenommenen Cardsharing-Anbieters. Trotzdem schreckt das viele nicht ab. Dazu kommt: Es gibt tatsächlich immer noch Abonnenten, die nicht wissen, dass sie sich beim Schwarzsehen strafbar machen.
Ein Interview mit Hindernissen
Der Aufgeschlossenheit unseres Interviewpartners ist es zu verdanken, dass wir dieses Community-Interview überhaupt durchführen konnten. Fabian Seitz ist zu einem öffentlichen Austausch bereit, wie er uns bei LinkedIn spontan mitteilte. Doch die endlose Wartezeit, bis seine Antworten endlich bei uns eintrudelten, lässt darauf schließen, dass gleich mehrere Abteilungen jedes Detail seiner Aussagen unter die Lupe nahmen, bevor man dem Interview endlich die Freigabe erteilte. An dieser Stelle vielen Dank an Frau Buchmaier. Sie verlor nie ihre Gelassenheit, wenn ich mich schon wieder bei ihr nach dem Stand der Dinge erkundigt habe. Unser Dank gilt ebenfalls unserer Community, die sich sehr aktiv an der Sammlung der Fragen beteiligt hat.
Eure Fragen an Fabian Seitz – Head of Anti-Piracy Intelligence & Investigations DACH von Sky Deutschland
Die erste Frage an den Piratenjäger Sky Deutschland stammt von JanaMaria aus unserem Forum: Wie hoch sind die Ausgaben, gegen Piraterie allgemein vorzugehen und inwiefern wirkt sich das auf den jährlichen Umsatz bzw. Gewinn aus?
Fabian Seitz: Sky investiert Milliarden in hochklassigen Content, denn wir wissen, wie sehr unsere Kunden diesen Content schätzen. Genau diese Inhalte zu schützen und mit den nötigen Ressourcen und dem besten Team dafür zu sorgen, unsere Plattformen und Inhalte entsprechend abzusichern, gehört daher zu unseren Prioritäten – so stellen wir sicher, dass unser Angebot exklusiv für zahlende Abonnenten bleibt.
Die genauen Ausgaben im Kampf gegen Piraterie können wir nicht offenlegen. Der Ansatz, den wir mit unserer Strategie verfolgen, ist vielschichtig und erstreckt sich auf unterschiedliche Bereiche. Dazu gehören Partnerschaften mit Dienstleistern, der Einsatz von innovativen Technologien sowie die kontinuierliche Verbesserung der Sicherheitsstandards unserer Plattformen wie Sky Q und Sky Stream. Diese bieten nicht nur eine optimierte Nutzererfahrung, sondern setzen auch Maßstäbe in puncto Sicherheit. Gleichzeitig ist es uns wichtig, Aufklärungskampagnen zu unterstützen, die die Verbraucher über die sehr realen Risiken des illegalen Streamings informieren.
Ein Schlüsselfaktor im Kampf gegen Piraterie ist die enge und erfolgreiche Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden. Diese leisten hervorragende Arbeit und haben in den letzten Jahren viele beachtliche Erfolge erzielt. Gemeinsam konnten wir wichtige Fortschritte bei der Bekämpfung illegaler Aktivitäten erzielen. Die Kooperation zwischen Sky und den Strafverfolgungsbehörden ist daher ein wesentlicher Baustein, um effektiv gegen Piraterie vorzugehen und unsere Inhalte zu schützen.
Welche Maßnahmen ergreift der Piratenjäger Sky Deutschland?
Tarnkappe.info: Wie laufen die Ermittlungen gegen illegale Anbieter überhaupt ab? Glaubt man, illegale Dienste wie Sero vom Netz kriegen zu können?
Fabian Seitz: Zu den Ermittlungen gegen illegale Anbieter gehören eine ganze Reihe von Maßnahmen, wie etwa Open Source Intelligence (OSINT), HUMINT, technische Analysen oder auch verdeckte Ermittlungen. Mit diesem umfassenden Ansatz decken wir alle relevanten Bereiche ab, um illegale Aktivitäten aufzuspüren und zu stoppen.
Was uns hier besonders schlagkräftig macht, ist der intensive Austausch innerhalb der Sky-Gruppe. Sprich: Wir arbeiten sehr vernetzt mit den Kollegen in Italien und Großbritannien oder Irland zusammen, um auch international agierende Piraterie-Anbieter zu verfolgen. Diese enge Abstimmung macht es möglich, grenzüberschreitend gegen große Netzwerke vorzugehen, die versuchen, unsere Inhalte illegal zu verbreiten.
Egal jedoch, um welche illegale Aktivität es sich handelt, grundsätzlich gilt: Sky verfolgt eine strikte Null-Toleranz-Strategie. Es gibt keinen „kleinen Anbieter“, der sich in Sicherheit wiegen kann.
Sky Deutschland: „Piraterie ist kein Kavaliersdelikt“
Tarnkappe.info: Ich glaube, ihre Warnung an die Betreiber der Dienste ist auch vorher schon angekommen.
Fabian Seitz: Jeder, der sich an der illegalen Verbreitung unserer Inhalte beteiligt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Piraterie ist kein Kavaliersdelikt, und wir nehmen den Schutz unserer Inhalte sehr ernst. Unsere enge Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden und der Sky-Gruppe gibt uns die Möglichkeit, sowohl lokal als auch international wirksam gegen Piraterie vorzugehen.
Frage von g38c: Wie lange dauert es im Durchschnitt von der Anzeigenstellung bis zu einem erfolgreichen Bust von illegalen CS/IPTV Anbietern? Wie viele Anzeigen werden von Sky pro Jahr gegen illegale Anbieter und oder Benutzer gestellt? Wie hoch ist die Aufklärungsquote?
Fabian Seitz: Von illegalem Card Sharing bis zu den illegalen Aktivitäten eines IPTV-Anbieters: Wie lange eine Untersuchung dauert, hängt immer von der Komplexität des einzelnen Falls und dem Ausmaß der kriminellen Aktivitäten ab. Das kann eine Zeitspanne von wenigen Monaten oder auch einigen Jahren sein. Bei allen Ermittlungen gehen wir dabei immer sehr gründlich vor, zudem können sie sehr umfangreich sein, je nachdem, welche Beweise für eine erfolgreiche Strafverfolgung erforderlich sind. Genaue Zahlen zum Anzeigenumfang veröffentlichen wir nicht, was wir aber sagen können, ist, dass wir insgesamt einen durchaus großen Umfang an Fällen zur Anzeige bringen und dabei auch eine sehr hohe Aufklärungsquote haben. Außerdem werden wir unsere Investitionen in diesem Bereich noch weiter steigern, unter anderem, indem wir uns personell breiter aufstellen.
2013: 5,9 Millionen aktive Video-Piraten in Deutschland
Frage von g38c: Hat Sky Deutschland Zahlen darüber wie viele User illegal in Deutschland, Europa und weltweit ihr Programm per CS/IPTV nutzen?
Fabian Seitz: Die VauNet-Studie von 2023 gibt eine grobe Orientierung, welche Auswirkungen Piraterie für die Branche insgesamt hat. Demnach gibt es in Deutschland etwa 5,9 Millionen aktive Piraterie-Nutzer, wobei ein erheblicher Teil vermutlich über Webseiten wie Cyberlocker oder Linking Sites auf illegale Inhalte zugreift.
Frage aus unserer Telegram-Gruppe: Was sind die konkreten Punkte, Anbieter mit Servern im Ausland gerichtsfest anzuzeigen? Wo werden diese Aktionen koordiniert und geleitet? In der Sky-Zentrale oder in den einzelnen Länder-Büros?
Piratenjäger Sky Deutschland: Unsere interne Koordination bei einem „Action Day“ liegt jeweils im Sky-Headquarter des Landes, in dem das Verfahren geführt wird.
Bei internationalen Verfahren unterstützen wir uns hier auch gegenseitig, je nach konkreter Situation. Daneben kooperieren wir mit internationalen Organisationen wie der Alliance for Creativity and Entertainment (ACE), der Audiovisual Anti-Piracy Alliance (AAPA) und natürlich mit den örtlichen und internationalen Strafverfolgungsbehörden, die hier wieder eine entscheidende Rolle spielen. In Deutschland können die Behörden zum Beispiel internationale Rechtshilfeersuchen an ausländische Ermittlungsbehörden senden, um notwendige Maßnahmen einzuleiten (z.B. Durchsuchungen vor Ort).
Erst kürzlich konnten wir wieder einen konkreten Fall erfolgreich abschließen: Das Stuttgarter Strafgericht hatte vier Betreiber eines IPTV-Raubkopierdienstes wegen Urheberrechtsverletzung und gewerbsmäßigen Bandenbetrugs verurteilt. Dieser Fall wurde durch Inhouse-Ermittlungen angestoßen und ACE hatte hier zusätzlich Klage eingereicht, um die Strafverfolgung zu unterstützen. Dies ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie uns diese Organisationen bei der Bekämpfung von Piraterie auf globaler Ebene helfen und wichtige Ressourcen und Netzwerke zur Verfügung stellen, um auch effektiv gegen international agierende Piraterieanbieter vorzugehen.
Wird es eine Fortsetzung des Interviews geben?
Fabian Seitz: Ich habe versucht, in meinen Antworten auch auf die Fragen einzugehen, die ich hier nicht expliziert angeführt habe, und hoffe, dass ich euch damit einen guten Einblick in die Anti-Piraterie Arbeit von Sky Deutschland geben konnte.
Tarnkappe.info: Vielen Dank für die interessanten Einblicke. Es ist aber wirklich sehr schade, dass wir von den über 20 Fragen nur ganze 5 (!!!) stellen konnten. Der Austausch mit dem Piratenjäger Sky Deutschland hätte wegen mir noch ewig dauern können. Das gilt mit Sicherheit auch für unsere Leserinnen und Leser.
Ich möchte das Gespräch auf jeden Fall nächstes oder übernächstes Jahr an diesem Punkt fortsetzen.