Blockbuster im Schattennetz: Pirat streamt Disneys „Lilo & Stitch“ auf YouTube – während Markenwerbung und Geld fließen.
Blockbuster im Schattennetz: Pirat streamt Disneys „Lilo & Stitch“ auf YouTube – während Markenwerbung und Geld fließen.
Bildquelle: ChatGPT

YouTube-Piraten verdienen mit Blockbustern – und YouTube hilft (unfreiwillig) mit

Sommer-Blockbuster kostenlos auf YouTube? Piraten verdienen mit Disney-Filmen – und YouTube liefert Werbung. Wer kassiert hier wirklich?

YouTube sollte eigentlich ein sicherer Hafen für legale Inhalte sein – doch eine neue Analyse zeigt ein anderes Bild: Auf der Videoplattform der Google-Tochter werden aktuelle Hollywood-Blockbuster millionenfach illegal gestreamt, mit Werbung von Fortune-500-Unternehmen garniert. Während Disney & Co. Millionen in ihre Produktionen stecken, bedienen sich Piraten schamlos – und YouTube selbst soll mitverdienen. Was läuft da schief?

Gratis-Premiere auf YouTube: Disney-Film knackt 200.000 Views in wenigen Tagen

Disneys Live-Action-Remake „Lilo & Stitch“ kostete über 100 Millionen Dollar – und war an den Kinokassen ein Hit mit 361 Millionen Dollar weltweit am Startwochenende. Doch während das Studio jubelte, lief eine andere „Premiere“: Eine Raubkopie auf YouTube wurde über 200.000 Mal in wenigen Tagen gestreamt. Adalytics, eine auf Werbeanalysen spezialisierte Firma, sieht darin einen handfesten Schaden: Millionen potenzieller Zusatzeinnahmen einfach verschenkt – und das auf einer der größten Plattformen der Welt.

Adalytics-Chef Dr. Krzysztof Franaszek sammelte rund 9.000 Beispiele für Urheberrechtsverstöße auf YouTube: Aktuelle Kinofilme, Netflix-Exklusives wie „Extraction 2“, TV-Shows wie „Family Guy“* und sogar Live-Sport. Diese Videos generierten über 250 Millionen Aufrufe – monetisiert mit Werbeanzeigen namhafter Firmen. Das ist kein Hobby-Piraterie-Problem – das ist nach Ansicht der Analysefirma „Big Business“, gespeist von Nutzern, die Hollywood-Blockbuster gratis auf YouTube erwarten.

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Werbung vor gestohlenen Filmen: YouTube als unfreiwilliger Komplize?

Das wirklich Pikante: Die illegalen Streams waren nicht werbefrei. Ganz im Gegenteil: Disney, Hulu, HBO Max und Dutzende andere Marken tauchten mit ihren Anzeigen direkt vor den Raubkopien auf. Die Ironie könnte größer kaum sein: Disney investiert Millionen, nur damit sein eigener Film illegal mit Disney-Werbung vor dem Raubkopie-Stream läuft. Wie The New York Times berichtete, lieferte YouTube diese Werbung aus – und wird wohl an den Aufrufen mitverdient haben.

Content ID überlistet: Die Tricks der YouTube-Piraten

YouTube verweist auf sein milliardenschweres „Content ID“-System. Dieses erkennt und markiert urheberrechtlich geschützte Werke und ermöglicht Rechteinhabern, Videos zu sperren oder mitzuverdienen. 2024 wurden laut YouTube 2,2 Milliarden Videos so markiert – 90 % davon durften online bleiben. Doch Adalytics fand zahlreiche Wege, mit denen YouTube-Piraten Content ID austricksen:

  • Uploads am selben Tag und sofort wieder löschen, bevor sie gesperrt werden können.
  • Alte Tricks, wie das Spiegeln oder Beschneiden des Bildes, damit die Algorithmen versagen.
  • Fremde Clips am Ende einfügen, um die Erkennung zu umgehen.

Laut YouTube-Sprecher Jack Malon werden Kanäle, die solche Tricks nutzen, gesperrt – aber erst nach Tagen oder Wochen. Bis dahin sind bereits Hunderttausende Views gesammelt sowie Werbegeld generiert.

YouTube-Piraten verdienen mit Blockbustern – und YouTube hilft (unfreiwillig) mit
YouTube-Piraten verdienen mit Blockbustern – und YouTube hilft (unfreiwillig) mit

Versteckspiel vor Werbekunden: Milliardenbusiness ohne Transparenz

Aber auch für Werbetreibende ist das ein Albtraum. Laut Adalytics landen bis zu 60 % der YouTube-Werbeausgaben auf Videos, die später gelöscht werden – teils wegen Urheberrechtsverstößen, teils wegen Gewalt oder Hassrede. Doch wenn Videos verschwinden, verschwindet auch die Transparenz. Das Problem: Nach der Löschung werden Werber im Reporting im Regen stehen gelassen. Statt eines konkreten Video-Titels steht nur noch: „Video nicht mehr verfügbar“ oder „Kanal nicht mehr verfügbar“. Werbekunden wissen also oft nicht, ob ihre Anzeigen bei einem Raubkopie-Stream oder einem Hate-Speech-Video liefen.

YouTube räumt ein, dass solche Daten „rückwirkend geschwärzt“ werden können. Eine Kategorie im Reporting namens „Total: Sonstige“ sorgt für zusätzliche Intransparenz. Zufall oder Absicht? Markenvermarkter berichten, dass diese Kategorie keine Details liefert, dafür aber null Conversions bringt – und auch keine vollständigen Rückerstattungen erfolgen.

YouTube, Screenshot

YouTube in der Defensive: Rechtlich abgesichert, aber moralisch fragwürdig

Die Motion Picture Association (MPA) schätzt den jährlichen Schaden durch Piraterie in den USA und Kanada auf rund 1 Milliarde Dollar. Das entspricht etwa 15 % der gesamten Einnahmen an den Kinokassen. Larissa Knapp, Chief Content Protection Officer der MPA, zeigte sich alarmiert. Gegenüber The New York Times führte sie aus, die Kooperation mit YouTube zur Bekämpfung der Piraterie habe einst funktioniert, scheine nun aber „aus dem Ruder“ zu laufen. Besonders kritisch: Werbung legitimer Marken verleiht den illegalen Streams eine Art Schein-Legitimation.

Juristisch kann sich YouTube bisher auf den US-amerikanischen „Digital Millennium Copyright Act“ (DMCA) stützen. Dieser schützt Plattformen, solange sie auf Hinweise reagieren und Inhalte nach Meldung entfernen. 2012 gewann YouTube so auch einen milliardenschweren Rechtsstreit gegen den Medienkonzern Viacom.

Doch Kritiker sehen hier ein strukturelles Problem: YouTube profitiert, solange die Videos online sind, und trägt dabei wenig Risiko. Wenn es um den rechtswidrigen Vertrieb ihrer Werke geht, müssen die Rechteinhaber selbst hinterher sein. Werbekunden wiederum tappen im Dunkeln darüber, wofür sie bezahlen.

YouTube selbst spielt den Ball zurück: Man arbeite eng mit Rechteinhabern zusammen und verbessere die Systeme laufend. Die Vorwürfe seien übertrieben und dienten nur dazu, Adalytics neue Kunden zu verschaffen.

Fazit: Wer zahlt für die Piraterie?

Die neue Adalytics-Untersuchung reißt alte Wunden wieder auf: YouTube wirft man vor, mit gestohlenen Blockbuster-Inhalten Geld zu verdienen – wenn auch indirekt. Werbekunden bezahlen für Intransparenz, Rechteinhaber verlieren Millionen, und die Video-Plattform sitzt zwischen den Stühlen.

Ist YouTube Opfer seiner Größe oder stiller Komplize? Klar ist: Solange das Geschäftsmodell auf Masse und Werbeeinnahmen basiert, finden Piraten immer Wege, sich ein Stück vom Blockbuster-Kuchen zu sichern – und YouTube verdient mit, ob es will oder nicht. Die Frage bleibt: Wann ziehen Rechteinhaber und Werbekunden die Konsequenzen?

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Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.