Amazon blockiert Piraterie-Apps auf Fire TV-Geräten – steckt Urheberrechtsschutz dahinter oder ist es doch eher Malware-Alarm?
Amazon blockiert Piraterie-Apps auf seinen Fire TV-Geräten und setzt dabei erstmals Streaming-Apps wie Flix Vision und Live NetTV auf die schwarze Liste. Offiziell heißt es, sie böten illegale Inhalte. Doch wer genau hinschaut, erkennt: Die Aktion könnte weniger mit Urheberrechtsdurchsetzung zu tun haben als vielmehr mit knallharter Sicherheitspolitik gegen riskante Malware-Proxies. Was steckt hinter dem spektakulären Bannhammer auf Amazons Streaming-Plattform? Wir haben uns die Hintergründe angeschaut.
Amazon blockiert erstmals Piraterie-Apps auf Fire TV
Gemäß AFTV News wäre es das erste Mal, dass Amazon Apps geblockt hat, die nicht nur für das Umgehen der offiziellen Benutzeroberfläche oder das Remappen von Tasten genutzt wurden – sondern auch Piraterie-Apps. Erste Hinweise darauf lieferte der bekannte YouTuber TechDoctorUK. Demnach sind Flix Vision und Live NetTV ab sofort gesperrt. Wer die Apps per Sideload installiert, kann sie nicht mehr nutzen. Die Deaktivierung geschieht remote und automatisch.
Das ist neu. Zwar hat Amazon schon seit 2016 eine berüchtigte Blacklist, über die Fire TV-Apps aus der Ferne blockiert werden können. Bisher nutzte der Konzern dieses Instrument aber ausschließlich, um alternative Launcher zu verhindern oder kritische Systemtasten vor Umprogrammierung zu schützen. Dass es jetzt Apps trifft, die vor allem für urheberrechtlich geschützte Streams genutzt werden, sorgt für Aufsehen.
Piraterie – oder doch etwas ganz anderes?
Amazon selbst äußert sich nicht im Detail, warum genau diese beiden Apps auf die Blacklist gewandert sind. Natürlich kann man sagen: Sie verstoßen gegen das Urheberrecht. Flix Vision und Live NetTV bieten Streams von Filmen, Serien und Live-TV ohne Lizenz. Doch das wirft eine Frage auf: Warum ausgerechnet diese beiden Apps – während hunderte andere Piraten-Tools weiterhin unbehelligt auf Fire TV laufen, wie wir schon in einem früheren Artikel ausführlich beleuchtet haben.
Wie AFTV News mutmaßt, liegt die Antwort wohl nicht primär im Urheberrecht. Amazon hat Piraterie außerhalb seines Appstores traditionell einfach geduldet – solange die Nutzer nicht gerade im offiziellen Store fündig wurden. Selbst jetzt, nach der Blockade, bleibt die Zahl unlizenzierter Apps auf Fire TV Geräten* riesig. Die Hypothese lautet also, Amazon hat hier nicht zugeschlagen, weil die Apps illegal streamen, sondern weil sie ein massives Sicherheitsrisiko darstellen.
Malware-Verdacht: Die Proxy-Falle im Wohnzimmer
Der entscheidende Punkt ist die Art, wie Flix Vision und Live NetTV Geld verdienen: Durch eingebettete Proxy- und Monetarisierungsdienste. Bei Flix Vision ist nachgewiesen, dass die App einen kommerziellen Dienst nutzt, der die CPU und Netzwerkressourcen des Fire TVs anzapft. Die Nutzer werden so unwissentlich Teil eines riesigen Proxy-Netzwerks – das auch für Cyberkriminalität missbraucht werden kann.
Live NetTV steht ebenfalls unter Verdacht, ähnliche Funktionen zu bieten. Sicherheitsforscher stufen solche Praktiken nicht nur als „Riskware“ ein – sie sind ein Einfallstor für Angriffe, Datenmissbrauch und die Anonymisierung krimineller Aktivitäten über fremde IP-Adressen. Sprich: Wer so eine App nutzt, riskiert, dass sein Fire TV als Proxy-Server für kriminelle Machenschaften missbraucht wird.
Gerade das dürfte Amazon empfindlich treffen. Denn während man Piraterie aus Marketingsicht noch augenzwinkernd ignorieren konnte, hört der Spaß auf, wenn Millionen Fire-TV-Geräte plötzlich zu Botnetz-Zombies im Wohnzimmer mutieren.
Amazons Vorgehen: Schutz der Plattform oder Schutz des Profits?
Man könnte Amazon für diese Maßnahme loben. Immerhin schützt der Konzern so seine Nutzer vor potenziellen Malware- und Proxy-Fallen. Doch bleiben letztlich immer noch Fragen offen.
Eine mögliche Interpretation wäre: Amazon schützt hier weniger das Urheberrecht als sein Ökosystem. Denn wenn die Fire-TV-Plattform als kompromittiert gilt und in kriminellen Proxy-Ringen auftaucht, wird das Geschäft mit Werbung, Partnern und dem eigenen App-Store massiv beschädigt. Das Blockieren von Malware-Proxies ist damit nicht nur ein Sicherheitsdienst am Nutzer – sondern eiskaltes Plattform-Management.
Fazit: Mehr als nur ein Piraterie-Krieg
Die Sperre von Flix Vision und Live NetTV ist ein Präzedenzfall. Zum ersten Mal nutzt Amazon seine gefürchtete Fire-TV-Blacklist nicht nur gegen alternative Launcher oder System Tweaks – sondern gegen Streaming-Apps, die den Ruf haben, urheberrechtlich fragwürdige Inhalte zu liefern. Doch hinter dem scheinbar moralischen Kreuzzug steckt wohl vor allem eine Sicherheitsfrage: Die Angst vor riesigen heimischen Proxy-Netzwerken, die Fire TVs in ein Botnetz verwandeln.
Wer smarte Fernseher* mit dem OS von Fire TV nutzt, sollte sich bewusst sein: Amazon kann und wird Apps künftig nicht nur wegen UI-Hacks oder Piraterie, sondern auch wegen Sicherheitsbedenken remote abschalten. Das mag viele User vor Malware schützen – ist aber auch ein klares Zeichen, wie stark Nutzerkontrolle und Plattformmacht heute Hand in Hand gehen.
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