Der EuGH stärkt in einem aktuellen Urteil (Az. C-597/19 M.I.C.M.) den Schutz von Urheberrechten bzgl. Filesharing auf Tauschbörsen.
Der EuGH hat am Donnerstag in einem aktuellen Urteil (Az. C-597/19 M.I.C.M.) entschieden, dass zum Zwecke einer Schadensersatzklage eine systematische Speicherung von IP-Adressen durch Rechteinhaber oder von ihnen beauftragter Dritter gestattet ist. Zudem wäre eine Datenübermittlung der Namen und Anschriften solcher Filesharing-Teilnehmer durch Provider an Rechteinhaber unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
Filesharing mit langatmigen juristischen Folgen
Folglich können Rechteinhaber, auch solche, die ausschließlich auf Schadenersatz abzielen, „grundsätzlich die im Unionsrecht vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zustehen“. Demgemäß dürfen Provider Auskunftsanträge von Rechteinhabern nicht von vornherein mehr ablehnen. Ein diesbezüglicher Antrag dürfe aber nicht missbräuchlich sein und müsse gerechtfertigt und verhältnismäßig sein.
Ob die Ansprüche allerdings letztlich tatsächlich legitim sind, müsse das vorlegende Gericht beurteilen. Somit könnten Filesharing-Teilnehmer damit rechnen, dass ihre IP-Adresse, sowie Name und Anschrift vom Provider an den Rechteinhaber übermittelt werden.
Mircom ist ein in Zypern ansässiges Unternehmen. Sie haben das Recht daran erwoben, Erotik-Filme, die über Peer-to-Peer-Netzwerke verbreitet werden, abzumahnen. Ihr Geschäftsmodell zielt in erster Linie darauf ab, Filesharing-Teilnehmer, die gerade ihre Filme teilen, zu ermitteln, um sie dann abzukassieren.
Dazu beauftragte Mircom ein darauf spezialisiertes Unternehmen, das mittels spezieller Software die IP-Adressen der Verbindungen feststellt. Einmal im Besitz solcher IP-Adressen, wenden sie sich darauffolgend an die zuständingen Internet-Provider. Von diesen wollen sie die Namen und Anschriften für die zu verschickenden Abmahnungen erfahren. Der Provider Telenet BVBA verweigerte allerdings die Herausgabe.
Filesharing: EuGH entschied für das Unternehmensgericht Antwerpen
Somit hat Mircom in Belgien Klage gegen Telenet erhoben. Sie verlangen von dem Provider eine Vorlage der angeforderten Kunden-Daten. Diese benötigen sie zur User-Identifizierung wegen des Verdachts auf Filesharing von Filmen aus ihrem Repertoire. Das belgische Gericht bat den EuGH infolge um Klärung mehrerer Fragen.
„Vor diesem Hintergrund hat das vorlegende Gericht den Gerichtshof als Erstes gefragt, ob das Teilen von Segmenten einer Mediendatei, die ein geschütztes Werk enthält, in einem Peer-to-Peer-Netz eine öffentliche Wiedergabe nach dem Unionsrecht darstellt.
Als Zweites wollte es wissen, ob einem Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums wie Mircom, der sie nicht nutzt, sondern von mutmaßlichen Verletzern Schadensersatz verlangt, die im Unionsrecht vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe offenstehen, um die Durchsetzung dieser Rechte zu gewährleisten, z. B. durch die Einholung von Informationen.
Als Drittes hat das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Klärung ersucht, ob die Art und Weise, in der die IP-Adressen der Kunden durch Mircom gesammelt werden, und die Übermittlung der von Mircom bei Telenet angefragten Daten zulässig sind.“
Hochladen von Segmenten geschützten Eigentums in P2P-Netzwerken ist „öffentliche Zugänglichmachung“
Laut EuGH-Entscheid handelt es sich bereits beim Hochladen von einzelnen Segmenten eines geschützten Films in einem Peer-to-Peer-Netzwerk um eine „öffentliche Zugänglichmachung eines Werks“. Dies gelte auch, wenn die Segmente aufgeteilt allein nicht nutzbar sind und das Hochladen automatisch erfolge, sofern der Nutzer sein Einverständnis mit der Filesharing-Software BitTorrent-Client erklärt habe.
Immerhin könne jeder Filesharing-Teilnehmer die Originaldatei aus den auf den Computern der anderen verfügbaren Segmenten leicht wieder zusammensetzen. Durch das Herunterladen der Datei-Segmente stelle man sie allerdings zugleich für das Hochladen anderen Nutzern zur Verfügung. Zudem sei keine Mindestanzahl von Segmenten für die öffentliche Zugänglichmachung eines Werks erforderlich.
Geistiges Eigentum soll mit Urteil gestärkt werden
Bezüglich des Rechteinhabers Mircom hat der EuGH entschieden, dass auch Vertreter solcher Geschäftsmodelle grundsätzlich die im Unionsrecht vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zustehen können. Voraussetzungen hierfür sind jedoch, dass ein diesbezüglicher Antrag nicht missbräuchlich sein dürfe.
Zudem müsse dieser gerechtfertigt und verhältnismäßig sein. Eine solche Prüfung obliege dem vorlegenden Gericht. Mit dieser Auslegung bezwecke man ein hohes Schutzniveau für das geistige Eigentum im Binnenmarkt.
Schließlich entschied der EuGH noch, dass unter bestimmten Voraussetzungen die systematische Speicherung der IP-Adressen von rechtsverletzenden Filesharing-Teilnehmern erlaubt wäre. Das trifft sowohl für die Rechteinhaber, als auch für damit beauftragte Dritte zu.
Zudem können durch Internet-Provider Namen und Anschriften der Nutzer an den Rechtsinhaber oder an einen Dritten im Hinblick auf eine Schadensersatzklage übermittelt werden. Die dahin führenden Maßnahmen und Anträge müssten jedoch gerechtfertigt, verhältnismäßig, nicht missbräuchlich und in einer nationalen Rechtsvorschrift vorgesehen sein.
Tarnkappe.info