Netflix
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Bildquelle: Stock Catalog (CC BY 2.0)

Netflix-Piraterie floriert wegen der Wirtschaftskrise

Trotz der Verfügbarkeit von mehr legalen Streaming-Optionen als je zuvor nimmt die Netflix-Piraterie von Fernsehsendungen und Filmen zu.

Netflix-Piraterie & Co. auf dem Vormarsch. Das zumindest besagt eine aktuelle Studie von MUSO. Die zunehmende Fragmentierung der Streaming-Landschaft, gepaart mit hohen Kosten, treibt die Menschen zu illegalen Optionen.

Nach Angaben der Anti-Piracy-Organisation MUSO sind Netflix-Inhalte inzwischen für 16 % des gesamten Piraterieverkehrs verantwortlich. Ursache für die vielen Kündigungen ist auch die anhaltende Wirtschaftskrise. Wegen der steigenden Lebensmittel- und Energiepreise müssen überall auf der Welt Familien ihren Gürtel enger schnallen. Doch der Winter und damit die rettende Fernsehsaison mit mehr Abos naht, mutmaßt das britische Unternehmen.

Anfangs hatte Netflix keine Konkurrenz

Als erster großer legaler Online-Streamingdienst ebnete Netflix einst den Weg für eine Streaming-Revolution. Das Unternehmen begann von Anfang an, mit der Piraterie zu konkurrieren, indem es sich als überlegene Alternative darstellte. In den ersten Jahren zahlte sich diese Strategie aus. Die Auflösung der Filme und TV-Serien war zwar nicht immer die höchste. Dafür gab es keine Werbung und auch keine legale Konkurrenz.

MUSO

In der Folge wechselten Millionen von Zuschauern vom gelegentlichen Konsum raubkopierter Inhalte auf nicht lizenzierten Plattformen zur bequemen und preisgünstigen legalen Alternative Netflix. Die Piraterie war zwar nie ganz weg. Doch das illegale Herunterladen von Netflix-Inhalten erschien damals wenig sinnvoll zu sein.

Streaming-Kriege: Amazon vs. Disney+, Paramount+, Netflix etc.

In den folgenden Jahren wurde die legale Streaming-Landschaft immer weniger übersichtlich. Inspiriert durch den Erfolg von Netflix begannen neue Streaming-Portale wie Amazon Prime Video, Disney+, Paramount+ etc. um einen Anteil am lukrativen Streaming-Markt zu konkurrieren. In den USA kommen noch weitere Streaming-Anbieter dazu, Die dortigen Kabel-TV-Anbieter darf man auch nicht unter den Tisch fallen lassen. Die Medien bezeichneten den Kampf um Marktanteile häufig als regelrechten „Streaming-Krieg„. Der große Verlierer war nicht ein Anbieter sondern alle legalen Streaming-Dienste, weil sich die Konsumenten zunehmend von ihnen abgewendet haben.

Filmverbände können Problem nicht länger ignorieren

Paramount+

Die in vielen Ländern zunehmende „Abonnementmüdigkeit“ von Netflix & Co. erreicht nun einen Punkt, an dem die Hollywood-Studios sie nicht mehr ignorieren können. Das Unternehmen MUSO hat das Problem ebenfalls erkannt. Das britische Unternehmen arbeitet nicht nur als Anti-Piracy Organisation, sondern führt zudem Erhebungen durch, um die neuesten Piraterie-Trends zu verstehen. Von daher sind ihre Studien stets auch Werbung in eigener Sache, weswegen man sie kritisch bewerten sollte.

Piraterie ist wieder attraktiv

In einem Meinungsartikel betont Andy Chatterley, CEO von MUSO, dass die zunehmende Fragmentierung des Streaming-Ökosystems in Verbindung mit höheren Preisen die Piraterie wieder attraktiver macht. Wer das gesamte Angebot haben will, müsste für diverse Dienste bezahlen. Wer das nicht will, muss zwangsweise nach weniger legalen Alternativen suchen.

Angesichts der zunehmend zersplitterten Streaming-Landschaft rechnet der Verbraucher nach und erkennt, dass der Zugang zu allen Sendungen, die er sehen möchte, keine vertretbare Ausgabe ist, wenn sich die Lebensmittelrechnung verdoppelt hat und er mit dem Fahrrad oder in Fahrgemeinschaften zur Arbeit fährt, um Sprit zu sparen„, kommentiert MUSO-Chef Chatterley die aktuelle Situation. Chatterley weiter:

„In Ermangelung einer zentralen Anlaufstelle, wie sie Spotify für Musikliebhaber darstellt, und angesichts der Tatsache, dass sich Piraterie-Websites zu ausgefeilten, benutzerfreundlichen Angeboten entwickelt haben, ist die Piraterie für Menschen, die noch nie zu ihr gegriffen haben, attraktiver denn je. Alles, was man sich jemals ansehen wollte, an einem Ort, nur ein paar Klicks entfernt und alles kostenlos. Was gibt es da nicht zu mögen?“

Netflix-Piraterie floriert

netflix 2fa

Chatterley weist darauf hin, dass sich die Rechteinhaber dieser potenziellen Veränderung des Nutzerverhaltens bewusst sein sollten. Der Trend wird durch die aktuellen Zahlen untermauert. Anfang des Jahres meldete Netflix, dass seine Abonnentenzahlen zum ersten Mal in der Geschichte gesunken sind. Außerdem will man aktiv gegen das grassierende Account-Sharing vorgehen.

Die Online-Piraterie war zu dem Zeitpunkt schon wieder auf dem Vormarsch. Den Daten von MUSO zufolge hatten Netflix-Inhalte im Juni in den USA einen Marktanteil von 11,4 % bei den Raubkopien. Weltweit ist diese Zahl sogar noch höher, da Netflix-Werke 16 % der weltweiten Piraterie-Nachfrage ausmachen.

Stellen Sie sich vor, sie könnten diese Raubkopierer in zahlende Kunden verwandeln„, kommentiert Chatterley. MUSO sieht eine strahlende Zukunft nur für einen Dienst und nicht mehr für viele kleine, die sich gegenseitig die Kunden wegschnappen.

Zersplitterung des Marktes ist zerstörerisch

Die Filmstudios sind aber in den letzten 12 Monaten dazu übergegangen, exakt das Gegenteil zu tun. Sie haben eigene Streaming-Dienste gegründet und ihre Werke aus dem Angebot anderer Anbieter entfernt. Sollte sich dies fortsetzen, vermutet MUSO, wird sich der Rückgang der Abonnenten im Film-Sektor fortsetzen. Die Piraterie-Websites werden die früheren Abonnenten „weiterhin mit offenen Armen empfangen„, schließt Chatterley sein Statement ab.

Preissteigerungen wirken wie ein Brennglas

Netflix Notebook

Neu ist die Entwicklung nicht, sie war auch schon seit längerer Zeit abzusehen. Wer hat schon Lust, 40 Euro und mehr monatlich aufzuwenden, wenn es gestreamte Musik legal für einen Bruchteil gibt, um nur ein Beispiel zu nennen. Statt weniger Anbieter, die man bezahlen soll, gibt es immer mehr.

Der Ukraine-Krieg und die damit verbundene Preisentwicklung wirkt nun wie ein Brennglas auf den Streaming-Markt. Die Wirtschaftskrise trägt erheblich dazu bei, dass immer mehr Menschen auf die Online-Piraterie zurückgreifen, statt eine legale Alternative gegen Bezahlung zu nutzen.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.