In schlechten Programminhalten sieht eine Beitragszahlerin Grund für eine Gebührenbefreiung
In schlechten Programminhalten sieht eine Beitragszahlerin Grund für eine Gebührenbefreiung
Bildquelle: brebca, Lizenz

Rundfunkbeitrag: Besteht Gebührenbefreiung für unzufriedene Zuschauer?

Wegen schlechter Programminhalte wollte eine Frau die Gebührenbefreiung vom Rundfunkbeitrag erreichen. Die Entscheidung liegt nun beim BVerwG

Im Rahmen des Rundfunkbeitrags als Modell der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zahlt in Deutschland jeder Haushalt monatlich 18,36 Euro bzw. 220,32 Euro jährlich. Eine Frau aus Rosenheim war jedoch nicht mehr länger bereit, diese Kosten für „schlechte Programminhalte“ zu entrichten. Sie sah in Amazon Prime, Apple TV und Netflix die besseren Alternativen und strebte eine Gebührenbefreiung an. Somit schlug sie den gerichtlichen Weg ein.

Eine mit dem Programmangebot unzufriedene Beitragszahlerin aus dem Landkreis Rosenheim klagte vor Gericht bezüglich einer Gebührenbefreiung vom Rundfunkbeitrag. Sie legte dar, es bestehe ein „generelles Strukturversagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ aufgrund von mangelnder Meinungsfreiheit. Im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht sollten die Verwaltungsgerichte hierzu Feststellungen treffen.

Allerdings wies das Verwaltungsgericht München die Klage in erster Instanz ab. Das Gericht ließ jedoch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache eine Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) zu. Der BayVGH reagierte aber ebenso mit einer Abweisung der Klage.

Beitragspflicht vom Programminhalt unabhängig

Er entschied mit dem Urteil vom 17.07.2023 – Az. 7 BV 22.2642, „dass gegen die Rundfunkbeitragspflicht nicht eingewandt werden kann, der öffentlich-rechtliche Rundfunk verfehle wegen mangelnder Programm- und Meinungsvielfalt seinen verfassungsmäßigen Funktionsauftrag“. Folglich können Rundfunkbeitragszahler wegen angeblich mangelnder Programmvielfalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks keine Gebührenbefreiung erwarten:

„Die Kontrolle, ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die verfassungsmäßigen Vorgaben erfüllen, obliege deshalb deren plural besetzten Aufsichtsgremien. Einwände gegen die Qualität der öffentlich-rechtlichen Programminhalte sowie andere Fragen der Programm- und Meinungsvielfalt könnten daher die Erhebung des Rundfunkbeitrags nicht infrage stellen.“

Keine Gebührenbefreiung vom Rundfunkbeitrag erreicht, jedoch besteht Beschwerde-Möglichkeit

Mit Programminhalten unzufriedenen Zuschauern bleibt laut Gericht immerhin noch die Möglichkeit der Beschwerde bei den Sendern oder den zuständigen Gremien. Die gegen das Urteil von der Klägerin eingelegte Berufung wies der BayVGH allerdings zurück.

Zur Begründung führte das Gericht aus, „der Rundfunkbeitrag werde nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausschließlich als Gegenleistung für die Möglichkeit des Rundfunkempfangs erhoben. Ziel des Rundfunkbeitrags sei es, eine staatsferne, bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen.“

Fall landet beim Bundesverwaltungsgericht

Eine neue Wendung des Falls hat sich aktuell ergeben. Demgemäß wäre das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) bereit, sich mit dem Fall auseinanderzusetzen. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat in der Verwaltungsstreitsache eine Revision zugelassen. Damit ist die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 17. Juli 2023 aufgehoben. Im Zulassungsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichts heißt es:

„Das Revisionsverfahren kann Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, sodass es an einem individuellen Vorteil fehle.“

Auf dem Law-Blog der Anwaltskanzlei Vetter & Mertens wird die Revisionszulassung als „Wenige Worte vom Gericht, große Sprengkraft für ARD und ZDF“ gewertet. Hier führt man als Fazit aus:

„Das Ganze kann für ARD und ZDF also durchaus spannend werden. Vielleicht gibt es ja schon vorher eine Panikreaktion bei den Öffentlich-Rechtlichen – in Form einer Vielfalts- und Qualitätsoffensive. So könnten unzufriedene Zuschauer schon vor einem möglichen Urteil profitieren.“

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.