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Porno-Streaming: erster Betroffener stellt Strafanzeige gegen u+c

Die Causa geht in die nächste Runde. Der erste Abgemahnte wegen dem Redtube Streaming stellte Strafanzeige gegen die Kanzlei Urmann+Collegen.

Porno-Streaming und seine Folgen. Ein Berliner hat heute gegen die Kanzlei u+c Strafanzeige wegen möglicher Internetkriminalität und den Verdacht auf Betrug und Nötigung gestellt. Er überlegt zudem den Anwälten jeglichen außergerichtlichen Kontakt zu untersagen.

Ein Abgemahnter hat heute Vormittag Strafanzeige gegen die Regensburger Urmann + Collegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH gestellt. Er geht im Fall seiner eigenen Abmahnung, die er von u+c erhielt, von möglicher Nötigung, Betrug und der Ausübung von Internetkriminalität aus.

Der Berliner erhielt die Abmahnung, obwohl er RedTube selbst nicht besuchte und Mac OS X als Betriebssystem auf seinem Computer installiert ist. Das Streaming der Werke ist somit ausgeschlossen. Viele Windows-Nutzer berichten von einer Infektion ihres Computers durch Schadsoftware. Die Infektion soll sich zum Zeitpunkt des angeblichen Besuches bei RedTube zugetragen haben.

Inspektion der Datenpakete führte zu den IP-Adressen?

porn-bildschirmIch hörte heute von einer neuen Theorie, wie die Kanzlei u+c angeblich an die IP-Adressen der Redtube-Nutzer gelangt sein soll. Da die Streams unverschlüsselt übertragen werden und der genaue Inhalt der Pornostreifen bekannt ist, könnte man (Zugriff vorausgesetzt) den Datentransfer aller Nutzer daraufhin untersuchen, ob jemand diese Werke konsumiert hat. Soweit die Theorie.

Die genaue Durchführung ist schleierhaft, weil man dafür den uneingeschränkten Zugriff auf einen der Datenknoten in Deutschland bräuchte. Rein technisch wäre eine solche Inspektion aller Datenströme möglich. Allerdings ist unklar, nach welcher juristischen Grundlage die Anwälte von u+c diesen Zugriff erlangt haben sollen. Urheberrechtsverletzungen sind im Strafrecht keine schwerwiegenden Delikte, die einen solchen Zugriff legitimieren würden. Von daher erscheint diese Variante wenig schlüssig.

redtubeDie anderen Theorien, die derzeit im Web zirkulieren, sehe ich hingegen als (größtenteils) widerlegt an:

  • der Erotikanbieter Manwin fällt als Betreiber von Redtube als Quelle der IP-Adressen aus. Warum sollten sie das tun, außer man hat ihnen dafür sehr viel Geld angeboten? Sollten mehr als 50% der Abgemahnten ihre 250 Euro bezahlen, käme allerdings sehr viel zusammen. Manche Anwälte bevorzugen Porno-Abmahnungen, weil dabei die Zahlungsbereitschaft vergleichsweise hoch ist.
  • eine manipulierte Programmierschnittstelle (API) bei RedTube, die die Daten ausspuckt, würde voraussetzen, dass diese Webseite tatsächlich von den Abgemahnten besucht wurde. Das war aber vielfach nicht so.
  • Gegen die Theorie mit der Schadsoftware spricht, dass auch Apple-Nutzer abgemahnt wurden, die bislang keine Infektion ihres Betriebsystems feststellen können. Wie aber gelang die Identifikation der Redtube-Nutzer? Und wieso wurden so viele Computer zum fraglichen Zeitpunkt mit einem Virus oder Trojaner infiziert? Die Häufung ist sehr auffällig.

Streaming: Weshalb sind alle Abgemahnte Telekom-Nutzer?

porn-tastenFür die Telekom als Auskunftsstelle spricht, dass der größte deutsche Internet-Anbieter die Anschrift der Anschlussinhaber länger als 7 Tage (angeblich bis zu 14 Tage) nach der Urheberrechtsverletzung preisgeben soll. Ist die Tat bei den meisten anderen Internet-Anbietern länger als eine Woche her, wird man als Rechteinhaber keine Auskunft mehr erhalten. Die Auskunftspflicht nach Maßgabe des zivilrechtlichen Auskunftsanspruches erstreckt sich nur über 7 Tage. Ab dem 8. Tag bleibt unklar, wer sich hinter einer IP-Adresse verbirgt. Das gilt auch, obwohl viele Internet-Anbieter diese Daten noch besitzen.

Und bitte nicht vergessen: Nur weil die Internet-Anbieter nicht zwingend länger als 7 Tage speichern müssen, so tun sie es trotzdem. Die bisherigen Regelungen bestimmen lediglich, für wie lange sie die Daten mindestens vorhalten müssen und nicht, wie lange sie die Verbindungsdaten maximal speichern dürfen. Man darf annehmen, dass die meisten ISPs ihre Daten zu Abrechnungs- und Kontrollzwecken von drei bis zu sechs Monaten speichern.

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.