Opfer von Kryptobetrug? Hier ist Vorsicht geboten, denn eine Vorladung wegen Geldwäsche (§ 261 StGB) kann selbst Unschuldige treffen.
Wer auf einen Krypto-Scam hereinfällt, steht oft nicht nur finanziell vor dem Ruin. Denn kaum ist der Schock halbwegs verdaut, könnte auch noch Post von der Staatsanwaltschaft ins Haus flattern mit einer Vorladung wegen Geldwäsche. Aktuell geraten zunehmend auch Krypto-Opfer ins Visier der Ermittler. Wir klären darüber auf, was hinter § 261 StGB steckt, warum Leichtgläubigkeit vor Gericht nicht schützt und wie Betroffene dann reagieren müssen.
Krypto-Opfer im Fadenkreuz der Justiz
Für viele Krypto-Opfer ist das der zweite Schlag nach dem Scam. Rechtsanwältin Anna O. Orlowa LL.M. weist auf Anwalt.de darauf hin, dass häufig nicht mehr nur die Krypto-Betrüger im Fokus der Ermittlungen landen, sondern die Opfer selbst. Die Ermittlungen beginnen fast immer bei den Geldflüssen. Und die führen nicht selten zu leichtgläubigen Opfern, die eigene Konten oder Wallets bereitstellen. Orlowa warnt, wer sein Konto oder die Wallet gutgläubig für dubiose Transaktionen hergibt, erscheint in den Augen der Ermittler als Mittelsmann. Schon der Verdacht, dass man hätte erkennen können, woher das Geld stammt, reicht aus, um nach § 261 StGB belangt zu werden. Juristisch spricht man dabei von „leichtfertiger Geldwäsche“.
Leichtfertige Geldwäsche als Falle für Krypto-Opfer
Während der Straftatbestand der klassischen Geldwäsche nach § 261 StGB meist mit Drogen, Mafia oder Terrorfinanzierung assoziiert wird, reicht im Krypto-Bereich schon Fahrlässigkeit. Somit können durchaus auch private Anleger beschuldigt werden, wenn sie leichtfertig Zahlungen empfangen oder weiterleiten, die aus Betrug stammen. Juristisch bedeutet leichtfertiges Handeln, wer die kriminelle Herkunft von Geldern hätte erkennen können, macht sich strafbar. Rechtsanwältin Orlowa verweist hierbei auf typische Szenarien im Krypto-Bereich:
- Überweisungen für angebliche „Gebühren“ oder „Steuern“ weiterleiten,
- das eigene Konto für Auszahlungen Dritter hergeben,
- Wallets für „Freischaltungen“ oder „AML-Prüfungen“ nutzen,
- auffällige Transaktionen ohne Nachfrage akzeptieren.
Die Behörden argumentieren, wer dubiose Zahlungsanweisungen hinnimmt, ignoriert Warnsignale und wird somit strafbar, selbst als Opfer. Damit wird aus dem Geschädigten ein Beschuldigter, mit allen strafrechtlichen Risiken.
Gerichtsfall Geldwäsche: Urteil des LG Nürnberg-Fürth
Ein aktuelles Urteil des LG Nürnberg-Fürth (Az. 19 O 4768/23, 8. Mai 2024) zeigt auf, wie konsequent die Gerichte mittlerweile vorgehen. Im zugrunde liegenden Fall war ein Anleger auf eine betrügerische Krypto-Investmentplattform hereingefallen. Anstatt seine Einzahlung von 10.400 € direkt an die Plattform zu überweisen, wurde er aufgefordert, den Betrag auf das Privatkonto des Beklagten zu leiten. Dieser präsentierte sich als „Trademanager“ einer angeblich schweizerischen Bank. Er wechselte das Geld in Bitcoin und transferierte es dann an eine Wallet-Adresse weiter. Auf diese Weise wurde er zum Mittelsmann in der Geldkette.
Obwohl sich der Beklagte damit verteidigte, selbst Opfer des Betrugs geworden zu sein, er hatte von dem Geschäft keinerlei wirtschaftlichen Vorteil, verurteilte das Gericht ihn zur vollständigen Rückzahlung der Summe. Das LG Nürnberg-Fürth stellte in seiner Urteilsbegründung ausdrücklich fest, dass die Nutzung eines Privatkontos für Bankgeschäfte ungewöhnlich sei. Zudem habe es auffällige Umstände gegeben, die objektiv Zweifel hätten wecken müssen. Die Zahlungsströme und die fehlende Verbindung zwischen Anleger und angeblicher Bank hätten jeden skeptisch machen müssen. Dass der Beklagte sich zugleich als „Trademanager“ einer angeblich schweizerischen Bank ausgab, wertete das Gericht als zusätzlichen Auffälligkeitsfaktor. Vor diesem Hintergrund sah es den Tatbestand der leichtfertigen Geldwäsche (§ 261 StGB) als erfüllt an.

Die Verteidigungslinie: Schweigen ist Gold
Rechtsanwältin Orlowa LL.M. weist auf einen der größten Fehler vieler Betroffener hin. Diese versuchen sich bei Vorladung wegen Geldwäsche, sofort zu rechtfertigen. Allerdings können solche spontane Aussagen bei Polizei oder Staatsanwaltschaft das Verfahren erst richtig ins Rollen bringen. Es gilt die juristische Grundregel:
- Keine spontanen Aussagen zur Sache – weder mündlich noch schriftlich
- Erst Akteneinsicht über einen Anwalt beantragen
- Strafverteidigung von Anfang an einschalten und eine Verteidigungsstrategie entwickeln, bevor man reagiert
In zahlreichen Fällen kann die Verteidigung belegen, dass von leichtfertiger Geldwäsche keine Rede sein kann, etwa weil das vermeintliche Geschäftsmodell auf den ersten Blick plausibel wirkte, offensichtliche Warnsignale fehlten oder sogar Rückfragen gestellt wurden. Entscheidend ist oft auch der zeitliche Faktor. Wenn die betrügerischen Strukturen erst nach der Transaktion öffentlich bekannt wurden, spricht das für den Beschuldigten.
So lässt sich bei solchen Konstellationen in vielen Fällen eine frühzeitige Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO erreichen, bevor es überhaupt zur Anklage kommt. Ermittler werten nicht nur Fakten, sondern auch Widersprüche. Wer sich verheddert, verwandelt die mögliche Verfahrens-Einstellung in eine Anklage. Als Handlungsempfehlungen für Betroffene gilt:
- Beweise sichern: Überweisungen, Wallet-Adressen, Chats, E-Mails
- Frühzeitig anwaltliche Hilfe einschalten: Strafverteidigung mit Krypto-Erfahrung ist Pflicht
- Zivilrechtliche Ansprüche bedenken: Opfer können trotzdem Rückzahlungspflichten treffen
Strafrechtliche Risiken und Folgen
Eine Vorladung wegen Geldwäsche ist kein Bagatellfall. Schon bei leichtfertigem Verhalten drohen:
- Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren,
- berufliche Konsequenzen, etwa für Beamte oder Angestellte im öffentlichen Dienst,
- Reputationsschäden, die noch Jahre nachwirken.
Eine falsche Reaktion kann somit Folgen haben, die weit über juristische Konsequenzen hinausgehen, bis hin zu Karriere- und Reputationsschäden.
Fazit: Von der Opferrolle zum Beschuldigten
Krypto-Betrug endet oftmals nicht ausschließlich mit finanziellen Einbußen für die Geschädigten, sondern kann zudem bezüglich Vorladung wegen Geldwäsche ein strafrechtliches Nachspiel haben. Opfer werden in Deutschland schnell zu Beschuldigten, weil sie ohne böse Absicht Zahlungen an Kriminelle durchleiten. Wer also meint, nur noch eine letzte ‚Gebühr‘ überweisen zu müssen, steckt mitunter schon mitten im nächsten Risiko. Nur schnelles, strategisches Handeln mit Anwalt kann verhindern, dass aus der Opferrolle ein Strafregistereintrag wird.