Goldene Zeiten für E-Book-Piraten? Nicht, wenn BREIN mitliest.
Goldene Zeiten für E-Book-Piraten? Nicht, wenn BREIN mitliest.
Bildquelle: ChatGPT

E-Book-Pirat professionalisiert Untergrund-Shop – bis BREIN eingreift

Ein niederländischer E-Book-Pirat baute sich in Rekordzeit einen professionellen Untergrund-Shop auf bis BREIN einschritt.

Ein niederländischer E-Book-Pirat expandierte innerhalb weniger Wochen vom kleinen Gelegenheitsanbieter zu einem zunehmend professionell arbeitenden Untergrundhändler. Mit Newslettern, Bestellformularen und einem Google-Dokument mit mehr als 2.000 Titeln baute er sein illegales Angebot systematisch aus. Der Täter wähnte sich offenbar sicher, aber BREIN, die niederländische Anti-Piraterie-Organisation, war längst Teil seines E-Mail-Verteilers. Als schließlich der Gerichtsvollzieher vor seiner Tür stand, zerplatzte der Traum vom digitalen Schwarzmarkt abrupt.

Vom Kleinanzeigen-Verkäufer zum systematisierten Schwarzmarkt

Anfangs betrieb der E-Book-Pirat seinen illegalen Handel als vermeintlich harmloses Nebengeschäft. Auf Marktplaats schaltete er dutzende Anzeigen. Für 2,50 Euro pro Titel versprach er schnelle Lieferung per E-Mail, ein gängiges Vorgehen in der E-Book-Szene.

Nachdem BREIN mehrere dieser Anzeigen entfernen ließ, änderte der Händler umgehend seine Strategie. Statt öffentlich sichtbarer Angebote setzte er fortan auf Newsletter, die er an seinen E-Mail-Verteiler verschickte. Darin versendete er Titellisten. Nicht gelistete Werke konnten auf Anfrage zusätzlich bestellt werden. Ein BREIN-Ermittler hatte sich unbemerkt in diesen Verteiler eingeschlichen und konnte sämtliche Aktivitäten in Echtzeit mitverfolgen.

E-Book-Pirat auf Beutezug: Viel Fantasie, wenig Rechtbewusstsein.
E-Book-Pirat auf Beutezug: Viel Fantasie, wenig Rechtbewusstsein.

E-Book-Pirat mit Profi-Ambitionen

BREIN berichtet, dass die Vorgehensweise des Anbieters sich schnell professionalisierte. Der Händler nutzte verschiedene digitale Werkzeuge, darunter Google Sheets, um seine illegalen E-Books zu organisieren, sowie Bestellformulare, über die Kunden ihre gewünschten Titel anfordern konnten. Ergänzend setzte er ein E-Mail-Marketing-Tool ein, um seine Newsletter und Titellisten zu versenden.

Ein zentrales Element seines Systems war der von ihm erstellte Budget-Bestellleitfaden. Eine Anleitung, in der er seinen Kunden genau erläuterte, wie sein automatisches Versandsystem funktioniert, wie das Bestellformular auszufüllen ist und auf welche Weise bezahlt werden soll. Darin verwies er zudem auf „viele zufriedene Kunden“, mit denen er sein Angebot bewarb.

Darüber hinaus enthielt der Leitfaden einen Hyperlink zu einem Google-Dokument, in dem mehr als 2.000 E-Book-Titel und die jeweiligen Bestellnummern aufgeführt waren, ein umfangreicher Katalog für die Auswahl der gewünschten Titel.

BREIN schreitet ein: Besuch vom Gerichtsvollzieher

Als schließlich ein Gerichtsvollzieher im Auftrag der Stiftung BREIN vor der Tür stand, war es mit der Professionalität schlagartig vorbei. Der Händler zeigte sich schockiert und behauptete, sich der rechtlichen Tragweite seines Handelns nicht bewusst gewesen zu sein. Er stoppte seine Aktivitäten sofort.

BREIN zeigte sich jedoch von seinen Erklärungen unbeeindruckt. Stattdessen folgte eine Reihe spürbarer Konsequenzen. Der E-Book-Pirat musste zunächst die vollständigen Ermittlungskosten übernehmen. Zudem verpflichtete er sich zur Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung, in der er zusicherte, jegliche weitere Urheberrechtsverletzung zu unterlassen. Für den Fall erneuter Verstöße droht ihm nun eine Vertragsstrafe von 500 Euro pro Einzelfall, gedeckelt bei maximal 50.000 Euro.

BREIN sendet klare Botschaft: Schnelles Handeln ist entscheidend

BREIN-Direktor Bastiaan van Ramshorst brachte es einmal mehr auf den Punkt:

„Dieser Fall verdeutlicht, warum BREIN täglich E-Commerce-Plattformen und Angebots- und Nachfrage-Websites auf urheberrechtsverletzende Angebote überwacht. Händler können sich schnell einen Kundenstamm aufbauen und anschließend im Verborgenen agieren, indem sie E-Mail-Listen nutzen, ohne öffentlich zu werben. Sobald ein Anbieter geschlossene App-Gruppen oder E-Mail-Listen verwendet, ist es deutlich schwieriger, das illegale Angebot zu stoppen. Daher ist schnelles Handeln entscheidend.“

BREIN überwacht täglich E-Commerce-Plattformen, Schwarzmärkte und einschlägige Tauschbörsen. Sobald ein Anbieter erst einmal ein funktionierendes Kundennetzwerk aufgebaut hat, zieht er sich oft sehr schnell in den Untergrund zurück. Was zuvor offen auf Verkaufsplattformen stattfand, verlagert sich dann in geschlossene App-Gruppen oder E-Mail-Listen, zu denen Außenstehende keinen Zugang mehr haben.

E-Book-Pirat 2.0: Früher Planke, heute WLAN.
E-Book-Pirat 2.0: Früher Planke, heute WLAN.

In solchen abgeschotteten Strukturen wird jede weitere Ermittlung erheblich komplizierter. Kommunikation verläuft verdeckt, Dateien werden nur an geprüfte Kontakte weitergegeben und die Händler operieren zunehmend anonymisiert. Genau deshalb greift BREIN frühzeitig ein. Auch vermeintlich kleine Piraten, die zunächst nur ein paar Titel anbieten, geraten ins Visier, bevor sie ein stabiles Untergrundnetzwerk aufbauen können.

Der Untergrund ist kein sicherer Hafen für E-Book-Piraten

Der Fall des E-Book-Piraten zeigt, wie trügerisch der digitale Untergrund sein kann. Egal wie ausgeklügelt die Systeme, wie organisiert die Abläufe oder wie anonym die Kanäle gewählt sind. Früher oder später nimmt BREIN die Spur auf. Der Pirat professionalisierte sein Geschäft in Rekordzeit, doch die Ermittler waren schneller. Das vermeintlich lukrative Nebenprojekt endete in Kosten, Verpflichtungen und einer Unterlassungserklärung, die jeden weiteren Schritt juristisch riskant macht. Obwohl sich Piraterie überwiegend online abspielt, bleiben die Konsequenzen real, teuer und endgültig.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.