In einem Fall von Switch-Piraterie fordert Nintendo 4,5 Millionen Dollar Schadensersatz von Reddit-Moderator „Archbox“.
Nintendo, bekannt für seine rigorose Haltung gegenüber Raubkopien, verschärft den Kurs gegen Switch-Piraterie. In der Klage gegen James C. Williams alias „Archbox“ beantragt der Konzern im Rahmen eines Default Judgments insgesamt 4,5 Mio. US-Dollar (3.832.650,00 Euro) plus Unterlassung. Die Vorwürfe umfassen dabei umfangreiche Verbreitung urheberrechtlich geschützter Switch-Spiele sowie das Fördern von Umgehungssoftware.
Nintendo zieht vor Gericht: 4,5 Millionen Dollar für Raubkopien
Der japanische Spielekonzern hat James C. Williams („Archbox“) am 13.08.2024 eine Klageschrift („Complaint“) im Verfahren Nintendo of America Inc. v. Williams zugestellt, das vor dem United States District Court for the Western District of Washington in Seattle anhängig ist. Weil Williams darauf nicht fristgerecht reagierte, wurde sein Nichterscheinen am 08.11.2024 als Default eingetragen. Das Gericht ließ anschließend eine Early-Discovery-Phase zu, in der Nintendo zusätzliche Nachweise sammeln und den späteren Antrag sachlich untermauern konnte. Damit wird der Weg frei für den nächsten Schritt, nämlich den „Motion for Default Judgment“, also den Antrag auf ein Versäumnisurteil.
Wie NintendoEverything informierte, reichte Nintendo daraufhin am 3. Oktober 2025 ein Motion for Default Judgment (Versäumnisurteil) ein. Neben Geld verlangt der Konzern darin auch eine permanente Unterlassungsverfügung nach § 502 Copyright Act und § 1203 DMCA. Für willful infringement (vorsätzliche Verletzung) erlaubt § 504(c)(2) Copyright Act bis zu 150.000 US-$ je Werk. Nintendo greift dieses Maximum exemplarisch für 30 Titel auf und landet so bei der geforderten Gesamtsumme von 4,5 Millionen US-Dollar.
Als Grundlage dafür benennt der Konzern u. a. direkte und mittelbare Urheberrechtsverletzungen (§ 106 U.S.C.), Verstöße gegen die Anti-Umgehungsbestimmungen des Digital Millennium Copyright Act (DMCA) (§ 1201) sowie Vertragsbruch seiner Nintendo-Endnutzerlizenz (EULA). Laut Klageschrift habe sich Williams an der unrechtmäßigen Reproduktion und Verbreitung von hunderten bis tausenden urheberrechtlich geschützten Nintendo-Switch-Titeln beteiligt.
Der Angeklagte hinterließ digitale Spuren
Im Zentrum der jüngsten Klage steht James “Archbox” Williams aus Surprise, Arizona. Laut Nintendo hat er über mehrere „Piraterie-Shops“ wie Jack-in-the-Shop, Turtle in the Shop oder NekoDrive unzählige raubkopierte Switch-Spiele verbreitet oder deren Verteilung aktiv unterstützt. Doch wie kam Nintendo überhaupt auf ihn?
Die Spur begann online. Der Nutzer Archbox war seit Jahren in Piraterieforen und auf Reddit aktiv, unter anderem als Moderator des berüchtigten Subreddits r/SwitchPirates, das bis zu 190.000 Mitglieder zählte. Über diesen Kanal sollen Anleitungen, Links und Tools zur Umgehung des Kopierschutzes verbreitet worden sein. Doch entscheidend war ein Post von 2015 im r/phoenix-Subreddit. Dort hatte derselbe Nutzer über die Optometrie-Klinik der Midwestern University geschrieben, inklusive Turtle-Avatar, der später auch bei SwitchPirates auftauchte. Ein digitaler Fingerabdruck, der nicht unbemerkt blieb.
Nintendo verband die Hinweise zu einer eindeutigen Identität
Die Ermittlungen führte die Kanzlei Mitchell Silberberg & Knupp (MSK) im Auftrag von Nintendo. Sie analysierten Forenposts, IP-Adressen und Verknüpfungen bis mehrere E-Mail-Adressen von „Archbox“ auftauchten, die zu James Williams führten.
Schließlich ergab sich der Wendepunkt in der Ermittlung. Nintendo-Mitarbeiter durchsuchten das interne System und stießen auf zwei Reparaturaufträge unter exakt diesen Namen und Adressen, eingereicht über Nintendos eigenen Reparaturservice. Der mutmaßliche Pirat hatte also höchstpersönlich seine echten Daten an den Konzern übermittelt. Zwei Tage, nachdem Nintendo sein Gerät repariert und zurückgeschickt hatte, flatterte ihm eine Unterlassungserklärung per FedEx ins Haus.
Nachdem Williams zunächst per E-Mail mit Nintendo in Kontakt stand und sich sogar kooperationsbereit zeigte, brach er dann die Kommunikation vollständig ab. Auf weitere Schreiben, Fristsetzungen und Kontaktversuche reagierte er nicht mehr. Weil er außerdem die gesetzlich vorgeschriebenen Fristen zur Stellungnahme und Verteidigung verstreichen ließ, sprach das Gericht ein Versäumnisurteil zugunsten Nintendos. Diese Prozesslage bildet nun die rechtliche Grundlage für Nintendos aktuelle Schadensersatzforderung über 4,5 Millionen US-Dollar.
Parallelen zum Fall Gary Bowser
Der aktuelle Streit um „Archbox“ erinnert unweigerlich an den Fall des Nintendo-Hackers Gary Bowser, der als Mitglied der Gruppe Team Xecuter bereits 2021 und 2022 für Schlagzeilen sorgte. Auch Bowser hatte mitgeholfen, Raubkopien von Switch-Spielen über modifizierte Hardware und Software zugänglich zu machen. Das Ergebnis gipfelte damals in zwei Verfahren, insgesamt 14,5 Millionen US-Dollar an Geldstrafen und 40 Monate Haft in den USA.
Auch im Fall Archbox setzt Nintendo auf dieselbe Strategie – keine außergerichtliche Einigung, sondern konsequente juristische Vollstreckung und Schadensersatzforderung im Millionenbereich. Der Unterschied liegt allein im Schauplatz, Bowser wurde strafrechtlich verurteilt, Williams hingegen steht noch im Zentrum eines zivilrechtlichen Default Judgments. Doch das Ziel ist mit Abschreckung und dem Statuieren eines Exempels dasselbe.
Switch-Piraterie bekommt einen Preisschild-Moment
Die Switch-Piraterie ist längst kein Graubereich mehr, sondern ein Kostenrisiko. Mit dem Antrag auf ein Versäumnisurteil über 4,5 Mio. US-$ setzt Nintendo ein Exempel. Juristisch sauber hergeleitet, ganz im Sinne der Urheberrechtslobby. Ob die Summe in voller Höhe durchgeht, entscheidet das Gericht, die abschreckende Botschaft wirkt allerdings schon jetzt.