Spotify zielt mit DMCA-Takedown auf neuen ReVanced-Patch
Bildquelle: Sasun Bughdaryan, Lizenz

Revanced: Spotify zielt mit DMCA-Takedown auf neuen Patch

Spotify geht rechtlich gegen die Open-Source-Patches von Revanced vor, kurz nachdem ein funktionierender Patch entwickelt worden ist.

Nach einem technischen Katz-und-Maus-Spiel greift Spotify nun zu juristischen Mitteln gegen das beliebte Modding-Projekt ReVanced. Eine DMCA-Takedown-Notice zielt direkt auf den Patch, der Premium-Funktionen freischaltet. Offenbar hatte Spotify genug davon, den Entwicklern in einem ständigen Wettlauf hinterherzujagen und wählte stattdessen den direkten rechtlichen Weg.

Was ist ReVanced? Vom Nachfolger zum universellen Patcher

Das ReVanced-Projekt ist der Nachfolger des populären, aber nach juristischem Druck eingestellten „YouTube Vanced„. Vanced hatte damals eine fertig modifizierte YouTube-App verbreitet und sich damit angreifbar gemacht. Daraus hat ReVanced gelernt und seine Strategie grundlegend geändert.

Das Projekt verteilt bewusst keine urheberrechtlich geschützten Apps. Stattdessen stellt es nur zwei Komponenten zur Verfügung: den „Patcher“, ein Werkzeug zur Modifikation, und die „Patches“, welche die reinen Anweisungen für die Änderungen enthalten. Der Nutzer muss sich die offizielle App-Datei (APK) selbst aus einer vertrauenswürdigen Quelle wie dem Google Play Store besorgen. Der Patcher wendet dann lokal auf dem Gerät des Nutzers die Änderungen auf die Original-App an, welche der Nutzer dann installieren kann. Damit will das Projekt die direkte Verbreitung von geschütztem Code vermeiden und sich so vor rechtlichen Konsequenzen schützen.

Auch andere Projekte wie xManager, die ursprünglich wie Vanced komplette, modifizierte Spotify APKs als closed-source Software anboten, mussten ihre Strategie anpassen. Nachdem Spotifys Gegenmaßnahmen ihre Apps unbrauchbar machten, übernahmen sie die widerstandsfähigeren Open-Source-Patches von ReVanced und arbeiten heute mit dem Projekt zusammen.

Technisches Katz-und-Maus-Spiel eskalierte im Sommer

Die DMCA-Notice war das Resultat eines eskalierenden technischen Konflikts. Dieser erreichte im Sommer seinen Höhepunkt, als Spotify seine serverseitigen Kontrollen verschärfte, was bei Nutzern modifizierter Apps zu massiven Problemen wie leeren Playlists oder nicht abspielbaren Songs führte. Die ReVanced-Entwickler reagierten in schnell. Sobald das Unternehmen eine Lücke schloss, veröffentlichte man innerhalb weniger Tage einen neuen Patch. Diese umgingen Sperren durch technische Tricks wie die Umleitung von Logins oder die Imitation anderer Clients umging. In seinen Ankündigungen warnte das ReVanced-Team seine Nutzer bereits vor möglichen Maßnahmen seitens Spotify und riet zur Vorsicht. Dieser ständige Kampf zwang die Entwickler schließlich, ihre Vorgehensweise grundlegend zu ändern.

Ein überraschend stabiler Workaround

Als Reaktion auf den eskalierenden Kampf entwickelte man eine neue, fundamental andere und widerstandsfähigere Methode. Die Lösung lag in der Integration von „Librespot„, einer Open-Source-Bibliothek, die einen Spotify-Client emuliert.

Der technische Ansatz ist clever: Der Patch integriert die Librespot-Bibliothek direkt in die modifizierte Spotify-APK. Nach der Installation läuft Librespot als Hintergrunddienst und meldet sich als neues, verfügbares „Spotify Connect“-Gerät, mit dem Namen „ReVanced“. Der Nutzer wählt daraufhin in der Benutzeroberfläche der Spotify-App manuell dieses „ReVanced“-Gerät für die Wiedergabe aus, woraufhin die Spotify-Server den Audiostream an den lokalen Librespot-Client umleitet, der die eigentliche Wiedergabe übernimmt.

ReVanced einfach als Gerät auswählen, und Musik wie gewohnt hören
ReVanced einfach als Gerät auswählen, und Musik wie gewohnt hören

Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass Librespot effektiv einen Standard-Desktop-Client nachahmt. Da auch Free-Tier-Konten die Spotify-Connect-Funktion zur Wiedergabe auf Desktop-Clients nutzen dürfen, ist dieses Verhalten für die Server von Spotify unauffällig und schwerer zu erkennen.

Nachdem frühe Testversionen im noch diverse Fehler aufwiesen und alternative Ansätze nicht überzeugten, arbeitete man weiter an der Librespot-Implementierung. Trotz des experimentellen Charakters und kleinerer verbleibender Probleme wie der manuellen Geräteauswahl erwies sich die Lösung als überraschend stabil und funktioniert für viele Nutzer seit über einem Monat zuverlässig.

Spotify eskaliert mit DMCA-Abmahnung gegen ReVanced

Gerade als man eine technisch stabile Lösung gefunden zu haben schien, die von Spotify nur schwer zu blockieren ist, änderte das Unternehmen seine Taktik. Statt den technischen Kampf fortzusetzen, leitete Spotify rechtliche Schritte ein: Das ReVanced-Team erhielt über GitHub eine DMCA-Takedown-Notice. Inzwischen hat ReVanced die betroffenen Patches für Spotify-Premium von seiner offiziellen GitHub-Seite entfernt.

ReVanced bittet um Unterstützung

In der Abmahnung stützt sich Spotify auf zwei Hauptargumente: Der Patch sei ein abgeleitetes Werk der urheberrechtlich geschützten Software und er umgehe technische Schutzmaßnahmen. Spotify führt dazu aus: „Spotify employs technological measures that control how users access the copyrighted content hosted on Spotify„. Das ReVanced-Team argumentiert dagegen, dass ihr Patch keinen Code von Spotify kopiert und lediglich Komfortfunktionen wie das unbegrenzte Überspringen von Liedern freischaltet, aber keinen Zugriff auf Inhalte gewährt, die auf der kostenlosen Stufe nicht ohnehin verfügbar sind. Der technische Kern des Konflikts ist die Umgehung von Spotifys „Attestation“, einer Integritätsprüfung der App.

Interessanterweise zeigt das ReVanced-Team in seiner eigenen Stellungnahme, dass es sich der rechtlichen Risiken bewusst ist. Die Entwickler verweisen selbst auf US-Fälle wie 321 Studios v. MGM und MDY v. Blizzard. Diese Urteile zeigen, dass Gerichte die Umgehung von Software-Restriktionen bereits als illegal eingestuft haben, selbst wenn es nur um Funktionen und nicht um den direkten Zugriff auf geschützte Werke ging. Aufgrund dieser Unsicherheit sucht das ReVanced-Team nun öffentlich nach juristischem Beistand, um seine Position und die Risiken zu bewerten.

Die DMCA-Abmahnung gegen ReVanced überrascht nur bedingt. Sie reiht sich ein in eine Serie von Maßnahmen, mit denen Spotify, wie wir bereits berichtet haben, seit einiger Zeit stark gegen die inoffizielle Nutzung seines Dienstes vorgeht. Nachdem das Unternehmen profitabel geworden ist, scheint die Toleranz für gemoddete Apps und andere Workarounds endgültig vorbei zu sein.