Content-Diebstahl auf YouTube: Creatorin EvenBadWolves verklagt InkSlasher wegen angeblich kopierter 30 Minuten Video-Material.
Die Creatorin EvenBadWolves erhebt schwere Vorwürfe gegen den Millionen-Follower-Kanal InkSlasher wegen Content-Diebstahl auf YouTube. Ihrer Darstellung nach hat er über 30 Minuten ihres Videos übernommen, inklusive Schnitt, Aufnahmen und sogar ihrer Wasserzeichen. Jetzt zieht sie vor Gericht. Ein Fall, der ein neues Rechtsfundament für Creator schaffen könnte.
Die australische YouTuberin mit dem Channel EvenBadWolves Gaming (bürgerlich: Elizabeth McAulay) wirft InkSlasher vor, umfangreiche Teile ihres Dying-Light-Franchise-Videos kopiert zu haben. Nach ihren Angaben sollen über 30 Minuten von InkSlashers 43-minütigem Video nahezu 1:1 aus ihrem eigenen Werk stammen, einschließlich Screen-Recordings, Schnittfolgen, Struktur und visuellem Aufbau. Da YouTubes Copyright-System kleine Creator kaum schützt, wählt McAulay, selbst Anwältin, den Weg vor Gericht.
200 Stunden Content angeblich per Copy & Paste verwertet
McAulay produzierte ein umfangreiches Video-Essay zum „Dying Light“-Franchise. Über 200 Stunden Arbeit flossen in das Projekt. Sie verfasste dazu eigenen Text, eigenes Gameplay sowie eine individuelle Komposition. Kurz darauf veröffentlichte InkSlasher ein thematisch nahezu identisches Video. Beim direkten Vergleich kam für McAulay das böse Erwachen. Weite Teile seiner Version sollen visuell nahezu identisch mit ihrem eigenen Material sein.
Ihr Vergleichsvideo dokumentiert unter anderem identische Gameplay-Passagen, gleiche Kamerawinkel, nahezu deckungsgleiche Schnittmuster sowie ihre eigenen Wasserzeichen unverändert im Bild. Auch die Komposition der Sequenzen soll in großen Teilen übernommen worden sein. Zusätzlich enthalte InkSlashers Version mehrere gravierende inhaltliche Fehler, was nahelege, dass er das Spiel womöglich gar nicht selbst durchgespielt habe, sondern das Material lediglich zusammengefügt habe. Tatsächlich unterschied sich seine Version nur dadurch, dass er einen neuen Sprechertext über ihr visuelles Material gelegt hatte.
10-Tage-Ultimatum: Copyright-Dispute werden zur Kostenfalle
Der Vorfall beleuchtet ein strukturelles Problem der Plattform. YouTube folgt beim Umgang mit Urheberrechtskonflikten weitgehend den Vorgaben des US-DMCA und verlässt sich dabei auf standardisierte, automatisierte Abläufe, die große Channels häufig begünstigen.
Nachdem McAulay einen Copyright-Strike gegen InkSlashers Video eingereicht hatte, reagierte dieser mit einer Counter-Notification, einem DMCA-Widerspruch. Dies ist ein standardisiertes Verfahren, bei dem YouTube selbst praktisch die Verantwortung abgibt. Sobald ein solcher Widerspruch eingeht, setzt YouTube den ursprünglichen Rechteinhaber formell in Kenntnis und verlangt einen juristischen Nachweis über eingeleitete Schritte.
McAulay bleiben ab dem Moment der Counter-Notification exakt zehn Werktage, um eine vollständige, rechtlich gültige Klage bei einem zuständigen Gericht einzureichen, inklusive aller nötigen Formulare, Belege und juristischen Nachweise. Diese Frist lässt keinen Spielraum für Verzögerungen.
Ab diesem Zeitpunkt hat McAulay gemäß YouTube-Richtlinien 10 Arbeitstage Zeit, um einen gültigen Nachweis über rechtliche Schritte einzureichen (z. B. eine Gerichtsanmeldung oder eine offizielle Klageschrift). Diese Frist ist bindend, wird sie verpasst, ist YouTube verpflichtet, das beanstandete Video wiederherzustellen.
In dieser Phase prüft YouTube nicht, ob der Vorwurf berechtigt ist oder ob tatsächlich eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Das System geht allein danach, ob rechtliche Schritte eingeleitet wurden, nicht ob sie Aussicht auf Erfolg haben.
Damit wird aus einem möglichen Copyright-Verstoß ein bürokratisches Wettrennen, das kleinere Creator oft nicht bewältigen können, schon allein aufgrund der Kosten. Juristische Schritte im internationalen Urheberrecht können schnell extrem teuer werden. McAulay selbst wurde laut eigenen Angaben Kostenspannen von bis zu 135.000 AUD (rund 76.000 Euro) genannt, wie Insider Gaming Network berichtete. Für viele Indie-Creator ist das schlicht nicht finanzierbar.
McAulay jedoch ist selbst Anwältin und kennt folglich die juristischen Abläufe. Statt sich abschrecken zu lassen, entschied sie bewusst, diesen Weg zu gehen. Für sie soll der Fall nicht im Sand verlaufen. YouTube müsse sich den Konsequenzen stellen.
Offensive vor Gericht: Creatorin klagt gegen InkSlasher
McAulay reichte eine Klage beim Federal Circuit and Family Court of Australia ein, ein Schritt, der die Debatte um Content-Diebstahl auf YouTube maßgeblich beeinflussen könnte. Mit diesem Verfahren möchte sie einen juristischen Präzedenzfall schaffen, der deutlich macht, dass sich auch große Kanäle nicht bedenkenlos an der Arbeit kleinerer bedienen können. Sie will die Machtasymmetrie zwischen reichweitenstarken Großkanälen und unabhängigen Creator aufbrechen, die dank Ressourcen, Anwälten und algorithmischer Vorteile oft praktisch unangreifbar sind. Gleichzeitig soll der Fall dazu beitragen, Content-Diebstahl auf YouTube endlich juristisch greifbar zu machen, statt ihn wie bisher in einer Grauzone zwischen Fair Use und automatisierten Systemen versanden zu lassen.
Um die erwarteten Kosten zu bewältigen, startete McAulay ein GoFundMe. Creator DarkViperAU ließ den Fall auf X viral gehen und spendete 1.000 Dollar. Sein Kommentar fasst das Problem treffend zusammen:
„Erfolg auf YouTube sollte nicht davon abhängen, wie gut man andere ausbeuten kann.“
InkSlashers Reaktion: Schweigen und ein verschwundenes Video
Seit die Vorwürfe öffentlich wurden, ist InkSlashers Video kommentarlos verschwunden. Eine klare Stellungnahme bliebt aus. Als einzige Reaktion erklärte er, er habe lediglich „Gameplay-Material von jemand anderem verwendet“.
Weiter ins Detail geht er nicht, weder zu den dokumentierten Übereinstimmungen noch zur Entstehung seiner Version. Vermutlich, weil jede Aussage im laufenden Verfahren juristisch gegen ihn verwendet werden könnte. Doch sein Schweigen trägt eher dazu bei, die Zweifel zu verstärken, statt sie auszuräumen.
Systemproblem YouTube: Content-Diebstahl als Teil des Geschäftsmodells
Content-Diebstahl ist auf YouTube kein Randphänomen. Das Spektrum reicht von der dreisten Ausnutzung durch Reaction-Streamer, die stundenlange Videos ungefiltert laufen lassen, bis hin zu Essay-Kanälen, die monatelange Recherche kleinerer Projekte nahezu vollständig übernehmen. Das Problem ist dabei systembedingt. Das Ökosystem der Plattform belohnt Reichweite, Masse und Upload-Frequenz, nicht aber Originalität oder Fairness.
Ein Erfolg McAulays könnte die Auslegung von Fair Use verändern, die Konsequenzen für Content-Diebstahl erhöhen und YouTube dazu zwingen, seine Copyright-Mechanismen grundlegend zu modernisieren. Für viele unabhängige Creator wäre das ein Wendepunkt. Zum ersten Mal hätten sie rechtsverbindliche Möglichkeiten, sich gegen Übernahmen, Kopien und algorithmisch begünstigte Fremdnutzung zu wehren.
Möglicher Wendepunkt im Kampf gegen Content-Diebstahl auf YouTube
Der Vorwurf gegen InkSlasher ist kein isolierter Konflikt, sondern ein Symptom eines tieferliegenden Plattformproblems. Sollte McAulay Erfolg haben, könnte dies der erste echte Dammbruch gegen systematischen Content-Diebstahl auf YouTube sein und den Beginn einer neuen Ära einläuten, in der unabhängige Creator nicht länger schutzlos einer Plattformlogik ausgeliefert sind, , die Originalität bisher zu wenig schützt.



















