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Bildquelle: Alexander Shatov, Lizenz

Lisa Paus: Familienministerin gegen private Chatkontrolle

Die Familienministerin Lisa Paus (Die Grünen) erteilt einer privaten Chatkontrolle eine klare Absage.Das geht zu weit, das brauche man nicht.

Die neue Familienministerin Lisa Paus steht für den linken Flügel der Grünen. Die 53-Jährige aus Rheine bei Münster fordert zur Aufklärung von sexueller Gewalt an Kindern bessere Strafverfolgung in Kombination mit einer „Sensibilisierung“ der Bevölkerung. Die ausgewiesene Finanzexpertin hat die ehemalige Familienministerin Anne Spiegel nach nur vier Monaten im Amt abgelöst.

Olaf Scholz blieb vage, Lisa Paus sprach geradeaus

Während Bundeskanzler Olaf Scholz auf der re:publica wie üblich nur sehr vage auf die Fragen der Teilnehmer reagierte, sprach Frau Paus klar aus, was sie denkt. Scholz argumentierte am Wochenende, es müsse in der Sache etwas getan werden. Sexueller Missbrauch könne man nicht hinnehmen. Bei der Aufklärung müsse man das richtige Maß finden. Wo genau das liegen soll, ließ Scholz offen. Sich in der Öffentlichkeit nicht festzulegen, ist leider symptomatisch für Olaf Scholz.

„Das geht zu weit, das brauchen wir nicht.“

Eine Auswertung der Chats von Smartphones etc. geht Paus eindeutig zu weit. Auf die Nachfrage einer Konferenzteilnehmerin der TINCON sagte die Politikerin: „Das geht zu weit, das brauchen wir nicht. Wir brauchen keine private Chatkontrolle“. In den Reihen der Bundesregierung gebe es diesbezüglich inzwischen Einigkeit. Letzte Woche habe das Kabinett darüber gesprochen. In der Frage herrsche auch Einigkeit mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP). Den Gesetzesentwurf der EU beurteilte Lisa Paus als insgesamt sehr gut. Aber die private Chatkontrolle gehe zu weit. In ihren Augen gelte nach wie vor der Schutz der Privatsphäre.

Erwischt! Fotografin Tomomi nimmt das Thema auf die Schippe. (CC BY 2.0).

Was ist eigentlich geplant?

Zur Aufklärung sexualisierter Gewalt schlägt die EU-Kommission vor, dass man die Verschlüsselung bei jeglichen Messenger-Apps aufbrechen muss. Anbieter von Messenger-Apps u.v.m. müssen automatisch nach Aufnahmen sexualisierter Gewalt gegen Kinder suchen. Dies auch bei privaten Ende-zu-Ende-verschlüsselten Kommunikationen. Schlägt die Erkennungssoftware an, informiert sie automatisch die entsprechende Behörde. Die Ermittlungen zur Strafverfolgung nehmen dann automatisch ihren Lauf.

Digitale Abgeschiedenheit gäbe es somit keine mehr. Die Überwachung soll auch E-Mails und jegliche online übertragene Nachrichten betreffen. Kritiker lehnen den Entwurf als einen viel zu tiefen Eingriff in unser aller Grundrechte ab. Das digitale Briefgeheimnis würde von einer nie dagewesenen Massenkontrolle abgelöst, die praktisch jeden Nutzer eines elektronischen Gerätes betreffen wird.

Man wird sehen, ob Lisa Paus lediglich medienwirksam etwas zu Protokoll gab oder in Zusammenarbeit mit ihren Kolleginnen und Kollegen wirklich etwas gegen die geplante Chatkontrolle ausrichten kann.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.