Protest
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Bildquelle: stockcake

Steam gibt endlich zu, dass man für Games zahlt, ohne sie zu besitzen

Ein neuer Hinweis von Steam sorgt für heftige Kontroversen. Man erwirbt dort keine Spiele mehr, sondern nur noch das Recht, sie zu benutzen.

Die Spieleplattform Steam hat beim Kauf einen neuen Hinweis integriert, der klarstellt, dass man die gekauften Spiele lediglich zu ihren Bedingungen nutzen darf. Das heißt, man kauft kein digitales Produkt, sondern darf das Spiel nach der Bezahlung lediglich zu ihren Bedingungen ausführen, die sich ständig ändern können.

Steam muss seine Produkte korrekt kennzeichnen

engadget vermutet, dass Anbieter Valve damit auf das in Kalifornien in Kraft getretene Verbraucherschutzgesetz AB 2426 reagiert. Demnach dürfen Online-Shops nicht mehr von einem Kauf sprechen, wenn man die Interessenten nicht eindeutig auf bestehende Einschränkungen aufgrund der Nutzungsbedingungen hingewiesen hat.

Ähnlich wie bei E-Books erwirbt man damit nur noch das Recht, zu den Bedingungen von Valve (Steam) die Erzeugnisse der Spielehersteller online spielen zu dürfen. Der Hinweis erscheint bei Steam übrigens mittlerweile auch bei den deutschen Warenkörben.

Kommentar von Lars „Ghandy“ Sobiraj

Blogger und Buchautor Cory Doctorow war wohl nicht der Erste, der das sagte. Aber aufgrund seines Bekanntheitsgrades ist dieser Spruch im Netz hängen geblieben: „If buying isn’t owning, piracy isn’t stealing.“ Wie wahr. Doctorow hinterfragt: Wenn es nicht mir gehört, was ich kaufe, kann man bei der Piraterie wirklich von einem Diebstahl sprechen? Das ist zumindest eine Fragestellung, die man sich etwas länger auf der Zunge zergehen lassen muss.

Für die heutigen Gamer ist die Vorstellung wahrscheinlich schlichtweg altertümlich, Software in Form einer CD oder Diskette zu erwerben. Früher war das ganz normal. Ich ging in einen Laden und kam mit einem Karton wieder heraus. Darin befand sich eine Anleitung und die Disketten, später eine CD. Oder aber, die Cardridge, die man dann in das Super Nintendo, N64 oder in eine andere Spielkonsole reingesteckt hat. Geld gegen Ware und Ware gegen Geld. Klingt fair, oder? Ja, das war es auch.

steam

„If buying isn’t owning, piracy isn’t stealing“.

Doch mit der flächendeckenden Versorgung mit dem Internet begann auch das Zeitalter der Online-Spieleplattformen. Steam von Valve ist mit Abstand die größte Online-Spiele-Vertriebsplattform. Und machen wir uns bitte nichts vor. Nur der Hinweis an sich ist neu. Die Entrechtung der Spieler als reine Lizenznehmer gibt es schon ewig. Und wer nicht, wie ich, die alten Zeiten noch kennt, für den ist dieser Zustand völlig normal. Die heutige Jugend nimmt das als gegeben hin.

Steam gewährt keinen Preisnachlass

Doch bei der ganzen Sache darf man einen Aspekt nicht vergessen, von dem ich bisher sonst nirgendwo etwas gelesen habe. Denn im Handel ist es normalerweise üblich, dass Produkte, die weniger Funktionen bieten, automatisch weniger kosten. Doch das ist nicht der Fall. Silent Hill 2, was am 08.10. erschien, kostet 69,99€. Entweder man müsste den Preis reduzieren, oder aber es gäbe zwei Versionen davon. Also die Silent Hill Full Version, zum vollen Preis, mit der man machen kann, was man will. Oder die Silent Hill Lizenz, die 10 oder 20 Euro günstiger sein müsste. Das wäre fair. Natürlich ist das nicht der Fall, es gibt nur die Lizenz und das ohne jeden Preisnachlass.

Ihr seid Rechteklauer, wenn wir Raubkopierer sind!

Liebe Rechteinhaber, so auch die Spieleindustrie! Ihr bezeichnet uns doch so gerne als Raubkopierer, obwohl dieser Begriff total daneben (weil verkehrt!) ist. Dann bezeichnen wir euch jetzt als Rechtediebe, weil ihr uns quasi zum vollen Preis den halben Apfel verkauft. Ihr beraubt uns unserer Möglichkeiten, die man mit eurem Produkt hat. Aber was ihr dafür von den legalen Kunden haben wollt, davon zieht ihr nichts ab. Das ist ja wie bei den Ferengi!

Aus dem Werbespot „Raubkopierer sind Verbrecher“, Quelle ZKM.

Spannend ist auch. Jede Wette, Valve kennzeichnet diese Form des Betrugs nur, weil sie aufgrund der veränderten Rechtslage gar nicht mehr anders können. Was zum Teufel ist denn da los? Ganz ehrlich, dann muss man sich wirklich nicht wundern, wenn die Konsumenten wütend werden. Wütend, weil man die Spieleserver ihrer Games einfach abschaltet. Das ist ja schon mehrfach passiert. Wütend darüber, weil DRM-Maßnahmen wie Denuvo & Co. zu langsameren Spielen geführt haben. Und wütend, weil deren Vorgehen moralisch korrekt sein soll. Aber hey, die Nutzung der Schwarzkopien stellt die Industrie als unmoralisch dar. Finde den Fehler!

Houston, wir haben ein Problem!

Oder doch nicht, denn bis auf wenige Ausnahmen werden sich auch darüber wieder nur die Wenigsten aufregen. An Fantasie mangelt es beim Spielevertrieb nun wirklich nicht. Man darf gespannt sein, was man sich noch so alles einfallen lässt. Wie wäre es, man müsste künftig zuzüglich zu einer saftigen Grundgebühr pro gespielter Stunde blechen? Nach oben hin gäbe es bei den Kosten kein Limit. Klingt nach viel Geld, was man damit verdienen könnte, oder? Vieles andere, wie eingeblendete Werbung in den Games, hat man ja schon (mit mäßigem Erfolg) ausprobiert.

Aber mal ernsthaft, liebe Ferengi: Wäre die Abrechnung pro Stunde nicht der nächste logische Schritt für euch? Das wäre Kapitalismus pur. Aber gut, vielleicht sollte man so etwas lieber gar nicht öffentlich vorschlagen. ;-)

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.