Die Finanzbranche schlägt momentan vermehrt eine offizielle Kryptowährung vor. Das ist aus vielen Gründen keine gute Idee. Ein Kommentar.
Wieder und wieder hört man inzwischen, dass internationale Akteure eigene Kryptowährungen aus dem Boden stampfen wollen. Krypto-Euro und Digitaler-Yuan sind Ideen bzw. Projekte von Staaten, aber auch Kleinstädte wie das sächsische Mittweida möchten groß mitmischen.
In unserem Kommentar führen wir aus, warum das Vorhaben nach hinten losgehen wird und wieso Zentralbanken keine guten Digitalwährungen schaffen werden.
Die ideale Kryptowährung
Stellen wir uns kurz die ideale Währung vor. Was sollte sie haben?
Die Währungseinheiten sollten „fungible“, also austauschbar sein. Das ist natürlich nicht möglich, wenn an jedem „Coin-Byte“ die komplette Historie hängt. Hängt die Transaktion mit dran, kann man im Nachhinein sagen „Oh, aber dieser K€ ist vor 5 Jahren mal in einem Betrugsfall erbeutet worden. Den nehme ich nicht an“. Oder Zahlungen können wegen umfangreicher Prüfungen der Historie durch den Empfänger länger dauern und ggf. nicht akzeptiert werden. Das ist für eine Währung aus offensichtlichen Gründen nicht optimal.
Die Wallets der Kryptowährung sollten anonym und nicht pseudonym sein. Egal ob man Ethereum oder Bitcoin ansieht, der Kontostand und jede „Überweisung“ sind öffentlich einsehbar. Man mag sich nur vorstellen, wie Banken der Speichel läuft, wenn sie hier eine Kreditwürdigkeitsprüfung durchführen könnten.
Das Mining sollte ASIC-resistent sein, um zu verhindern, dass eine winzige Gruppe von Minern das Prüfen von Transaktionen für alle anderen unrentabel macht.
Das Netzwerk sollte offen sein. Die Mining-Software muss Open-Source sein und das Betreiben einer Node für Privatpersonen möglich. Sonst verliert die Kryptowährung das Vertrauen, das durch die Dezentralisierung kommt.
Es sollte kein „Investment“ sein. Sein Geld in Geld anzulegen, ist keine gute Taktik, um Geld zu machen. Dies kann jeder, der mit ForEx schon mal Geld verloren hat, bestätigen. Indem man eine Währung den Marktmächten unterwirft, destabilisiert man sie, und fehlende Stabilität ist bei der Verwendung als Zahlungsmittel wenig zuträglich.
Warum das nicht realistisch ist
Die meisten dieser Punkte sind offensichtlich nicht im Interesse des Staates: Nicht nachverfolgbare Transaktionen bedeuten auch für den Staat erhöhten Ermittlungsaufwand bzw. sie machen bestimmte Ermittlungen praktisch unmöglich.
Anonyme Wallets würden bedeuten, dass selbst wenn man es schaffen würde, eine Transaktion nachzuvollziehen, es absolut unklar wäre, wem diese zuzuordnen ist. Eine Open-Source Software würde bedeuten, dass es beim ersten Anzeichen von Konto-Sperren oder -Pfändungen einen Fork gäbe und der Staat die Kontrolle wieder verlieren würde.
Wer jetzt ruft „Na, dann behalten wir halt unser Bargeld“, dem sei geraten, noch einmal die Ideale für eine Währung zu lesen. Das Einzige, das teilweise gegeben ist, ist eine Transaktionsverschleierung. Das ist quasi nichts.
Der oft beschworene Gegenwert in Gold oder anderen Dingen, die wegen Seltenheit oder dem Glitzer-Faktor „wertvoll“ sind, ist ebenso subjektiv wie bei Geld oder Krypto. Wer wirklich an seinen Rechten als Bürger interessiert ist, sollte sich hier Gedanken machen, ob das ewige Rufen nach Bargeld der richtige Weg ist oder ob ein Ruf nach einer guten digitalen Währung besser wäre.
Gibt’s denn gute Kryptowährungen?
Wer sich in der Welt der Kryptowährungen etwas auskennt, der ruft vermutlich gerade ununterbrochen: Ja, aber es gibt doch Monero! Recht habt ihr. Monero ist näher an einer idealen Währung als die meisten anderen Kryptowährungen. Genau das legt XMR aber Steine in den Weg.
Für Crypto-Bros ist es nicht lukrativ, damit zu spekulieren, man kann damit keine ästhetisch fragwürdigen Bilder (in NFTs) verbinden. Alle Transaktionen sind durch Ringsignaturen verschleiert und so für Behörden nicht nachvollziehbar. Monero ist langweilig; das ist an sich für eine Währung gut, steht ihr aber leider beim Ziel des verbreiteten Einsatzes im Weg.
Fazit
Kryptowährungen sind cool. Will man sie jedoch als normales Zahlungsmittel etablieren, so bleibt einem nichts anderes übrig, als sie auch als solches zu behandeln. Dabei sind Kleinstadt-Projekte, die auf Krampf ein Problem suchen, dessen Lösung die Blockchain ist, wenig hilfreich, wenn nicht sogar schädlich.
So lange Krypto dieses „komische Zeug für Nerds“ bleibt und „Normalsterbliche“ nur davon hören, weil mal wieder jemand Opfer eines Krypto-Betruges wurde, wird es nicht normalisiert. Die Entwicklungsarbeit sollte daher eher in Richtung Massentauglichkeit und einfachere Nutzung gehen. Dort ist sie besser investiert.
Und hört auf Blockchain und Krypto-Währungen gleichzusetzen!