Vom Euro-Schein zur App: Ein Karikaturbild des deutschen Zahlungswandels.
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Bildquelle: ChatGPT

Bargeld am Ende? Neue Umfrage zeigt radikalen Wandel beim Bezahlen der Deutschen

Bargeld am Ende? Eine aktuelle Verivox-Umfrage zeigt, dass die Deutschen endgültig ihre Liebe zum Bargeld verlieren.

Wir Deutschen galten lange Zeit als das letzte Bollwerk der Aufrechterhaltung einer Bargeld-Tradition. Kaum ein anderes Land in Europa hing so sehr an Scheinen und Münzen. Doch diese Zeiten scheinen vorbei zu sein. Es steht die Frage im Raum: Ist die Bargeld-Nutzung am Ende? Eine aktuelle Umfrage des Vergleichsportals Verivox verdeutlicht, dass nur noch ein gutes Drittel der Verbraucher am liebsten bar zahlt. Karten und Smartphones haben inzwischen die Vorherrschaft übernommen. Und das nicht nur an Supermarktkassen, sondern auch in kleineren Geschäften sowie auf Reisen quer durch Europa. Der Abschied vom Bargeld ist in vollem Gange und fällt dabei radikaler aus, als viele annehmen.

Bargeld verliert rapide an Boden

Noch 2023 griffen laut Verivox-Umfrage 43 Prozent der Befragten bei einem Einkauf über 20 Euro am liebsten zu Scheinen und Münzen. Aktuell sind es hingegen 35 Prozent. Innerhalb von zwei Jahren hat sich damit die Bargeld-Präferenz in Deutschland massiv verschoben.

Zum Vergleich erfasste die Bundesbank 2023 noch 51 Prozent aller Transaktionen als Barzahlungen, dabei ging es jedoch um das tatsächliche Zahlungsverhalten. Verivox fragte hingegen gezielt nach den persönlichen Präferenzen und diese zeigen auf, dass Bargeld drastisch an Relevanz verliert.

Karten regieren die Ladenkassen

51 Prozent der Befragten bevorzugen mittlerweile Kartenzahlungen. Die Girocard (früher EC-Karte) ist dabei der klare Favorit mit 30 Prozent Zustimmung. Da 97 Prozent aller Deutschen ab 16 Jahren eine Girocard besitzen, ist das auch gut nachzuvollziehen. Weitere 12 Prozent setzen auf Visa- oder Mastercard-Debitkarten, die Beträge direkt vom Konto abbuchen. Klassische Kreditkarten liegen immerhin bei 9 Prozent Akzeptanz. Oliver Maier, Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH, bringt es auf den Punkt:

„Die Deutschen gelten seit jeher als Bargeldliebhaber. Doch mittlerweile bevorzugt die Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher sowohl im Inland als auch im Ausland kartengestützte Bezahlverfahren.“

Reisen: Bargeld endgültig entthront

Wirft man einen Blick auf das Reiseverhalten, verstärkt sich der Trend sogar noch. Während im Sommer 2023 53 Prozent der Befragten innerhalb der Euro-Zone am liebsten bar zahlten, sind es aktuell nur noch 34 Prozent.

Außerhalb Europas zeigt sich die Abkehr noch deutlicher. 28 Prozent nutzen primär Kreditkarten. Die Girocard spielt hier mit 13 Prozent kaum eine Rolle, hauptsächlich wegen technischer Limitierungen. Oliver Maier bezeichnet die Girocard als „eine deutsche Insellösung„. Für den Auslandseinsatz braucht es dafür sogenannte Co-Badges wie V Pay, Maestro oder Visa/Mastercard-Debit. Oliver Maier weist darauf hin:

„Vor allem außerhalb Europas kann es beim Bezahlen mit V-Pay-Karten Schwierigkeiten geben. Bankkunden können ihre Karte aber vor Reiseantritt von ihrem Kreditinstitut für den internationalen Gebrauch freischalten lassen.“

Mobile Payment auf dem Vormarsch

Neben der Kartenzahlung etabliert sich zunehmend als eine dritte Zahlungs-Option, das Mobile Payment. Mit Smartphone oder Smartwatch zahlen inzwischen sechs Prozent aller Befragten regelmäßig. In der Umfrage geben sogar 14 Prozent an, mobile Zahlungen zu bevorzugen. Dies gibt einen klaren Hinweis auf die Zukunftsfähigkeit dieser Methode.

Corona, technischer Ausbau und steigendes Vertrauen in digitale Prozesse haben diesen Trend beschleunigt. Für Händler und Banken bedeutet die Entwicklung, dass kontaktlose Zahlungen längst kein „Nice-to-have“ mehr sind, sondern sich inzwischen als Standard etabliert haben.

Bargeld am Ende? Von der Bargeld-Tradition zur digitalen Kasse: Bezahlen im Wandel.
Bargeld am Ende? Von der Bargeld-Tradition zur digitalen Kasse: Bezahlen im Wandel.

Praktische Stolperfallen bleiben

Ganz ohne Probleme läuft der Abschied vom Bargeld aber nicht. Reisende müssen ihre Karten oft für den internationalen Einsatz freischalten lassen, sonst drohen peinliche Momente an der Kasse. Zudem akzeptiert nicht jeder Händler weltweit jede Kartenart. Experten raten daher weiterhin zu einem Mix aus Bargeld, Girocard und Kreditkarte.

Verivox-Umfrage: Methodik, Fragestellung und Zusammenfassung

Die Ergebnisse der Umfrage beruhen auf einer repräsentativen Befragung. Im Auftrag von Verivox hat das Meinungsforschungsinstitut Innofact im August 2025 insgesamt 1.031 Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren befragt. Die Teilnehmenden entstammen einem ISO-zertifizierten Online-Panel mit rund 500.000 Menschen. Damit ist die Erhebung bevölkerungsrepräsentativ. Berücksichtigt wurden Faktoren wie Alter, Geschlecht und Bundeslandzugehörigkeit. Gefragt wurde konkret:

  • Bei welcher Bank haben Sie Ihr hauptsächlich geführtes Girokonto?
  • Wie würden Sie einen Einkauf im Wert von 20 Euro an der Ladenkasse bevorzugt bezahlen? – und zwar A) innerhalb Deutschlands, B) im Ausland innerhalb der Euro-Zone, C) im Ausland außerhalb der Euro-Zone.

Gerade die letzte Frage zeigt deutlich, wie sich die Zahlungsgewohnheiten nicht nur im Alltag, sondern auch im internationalen Kontext verschoben haben. Der Trend führt auch hier weg vom Bargeld, hin zu Karte und Smartphone.

Sowohl die Verivox-Umfrage als auch ein aktueller Bundesbank-Bericht (Monatsbericht April 2025) zeichnen hierbei dasselbe Grundbild. Die Nutzung von Bargeld geht in Deutschland seit Jahren deutlich zurück. Die Bundesbank stützt das empirisch und blickt zudem voraus. Eine von ihr beauftragte Zukunftsstudie skizziert Szenarien, in denen Verfügbarkeit und Akzeptanz von Bargeld weiter erodieren. Aus der sinkenden Nutzung könnte sich ein selbst verstärkender Prozess entwickeln in dessen Hinblick weniger Nachfrage zu weniger Geldautomaten und Bankschaltern führt, Händler nehmen Bargeld seltener an, die Nutzung sinkt erneut. Am Ende stünde ein Alltag, in dem Bargeld nur noch eingeschränkt nutzbar wäre.

Vor diesem Hintergrund diskutiert die Bundesbank systematisch die Argumente pro und contra Bargeld aus Sicht von Politik, Wissenschaft und Gesellschaft und legt sie einer repräsentativen Befragung gegenüber. Das Ergebnis ist ambivalent, aber eindeutig im Trend: Im Alltag dominiert unbar, gesellschaftlich hingegen bleibt Bargeld wichtig.

Fazit: Bargeld am Ende? – Der langsame Tod des Bargelds

Die neue Verivox-Umfrage macht deutlich, dass Karten und Smartphones den Alltag erobert haben, die in ihrer Entwicklung kaum noch aufzuhalten sind. Dennoch birgt der Wandel zwei Gesichter. Einerseits bringt er Bequemlichkeit, Tempo und digitale Freiheit. Andererseits öffnet er Türen für Abhängigkeiten, Gebühren und eine immer gläsernere Gesellschaft. Die deutsche Bargeld-Tradition bröckelt und die Frage bleibt, ob die Entwicklung einem Fortschritt oder einem Kontrollverlust gleichkommt.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.