The NFT Bay: Der Medienrummel des australischen Künstlers und Programmierers Geoffrey Huntley ist am Ende nichts als ein echt cleverer Fake.
Die Zutaten für den künstlich erzeugten Medienrummel von The NFT Bay sind schnell aufgezählt. Man nehme dafür:
- ein hippes Thema wie NFTs.
- Man verknüpfe es mit der populärsten Filesharing-Plattform des gesamten Webs, nämlich The Pirate Bay. Natürlich war klar, dass deren Betreiber den Macher nicht wegen Markenrechtsverletzungen verklagen würden. Wahrscheinlich finden sie die Aktion sogar recht gelungen.
- Dazu kommt noch eine gute Story, denn die NFTs waren ja angeblich alle in der Torrent-Datei drin als auch geklaut.
- Ein wirklich schickes NFO von Razor 1911, in dem viele alte Namen und illegale Mailboxen aus den 90erer Jahren auftauchen.
- Last, but not least eine Behauptung, die kein Redakteur mal eben überprüfen kann.
The NFT Bay hat viele aufs Glatteis geführt
Wir als auch die Kollegen der alt ehrwürdigen BBC sind auf die Zeitungsente reingefallen. Warum? Weil man für den Download nebst der Analyse von 17 TB einige Tage brauchen würde. Das passt so gar nicht zu der vorherrschenden Schnell-Schnell-Mentalität der Tech-News-Portale in aller Welt. Wer mit einer Nachricht zu spät kommt, weil er ordentlich recherchiert hat, dessen Beitrag wird kaum noch gelesen oder geteilt.
Stolz führt Huntley auf einer Unterseite vor, wen er mit The NFT Bay so alles hinter’s Licht führen konnte. Darunter nahmhafte Vertreter wie Bloomberg, Vice, The Verge, Business Insider und viele mehr.
Die Geschichte geriet dann aber nach wenigen Tagen ins Wanken. Das New Yorker Start-up ClubNFT veröffentlichte eine Analyse der Torrent-Datei. Diese landete kurze Zeit später bei Slashdot. Und von dort aus ging sie viral.
Nachdem uns der Gründer von The NFT Bay weder per Twitter noch per E-Mail antworten wollte, mussten wir andere Wege beschreiten. So kontaktierten wir die Autoren der Auswertung des angeblich 17 TB großen Archivs, in dem nichts Sinnvolles drin ist.
„Der Torrent war in Wirklichkeit ein Schwindel“
Mein Name ist Chris King, ich bin der CTO und Mitbegründer von ClubNFT. Als diese Geschichte bekannt wurde, war ich neugierig und habe einige Nachforschungen angestellt. Als wir verstanden hatten, worum es sich bei diesem Torrent handelt, habe ich in verschiedenen Foren, die Geoff gehören bzw. von ihm kontrolliert werden, mehrere Kommentare dazu gepostet, die er aber schnell wieder gelöscht hat. Das hat mich dazu bewogen, den ClubNFT-Blogbeitrag zu schreiben, um die Informationen öffentlich zu machen. Sobald wir dies in unserem Blog veröffentlichten und ich ihn in der Geschichte auf Twitter markierte, folgte er mir auf Twitter. Das ist das Ausmaß unserer bisherigen Interaktionen.
Keiner von uns im ClubNFT sieht The NFT Bay als eine „Konfrontation“. Unser Interesse an dieser ganzen Sache war, dass es großartig wäre, einen Torrent mit allen NFT-Medien herunterzuladen (dies ist für ernsthafte NFT-Sammler nützlich, um unsere Bemühungen zur Sicherung und Bewahrung dieser Daten zu unterstützen). Da der Torrent keine NFT-Medien enthält, waren wir froh, unsere Analyse zu veröffentlichen und uns wieder an die Arbeit zu machen. Wir waren der Meinung, dass dies auch eine gute Gelegenheit zur Aufklärung für Menschen ist, die NFTs nicht wirklich „verstehen“, weshalb der größte Teil unseres Blogbeitrags auf einige der Punkte eingeht, die Geoff in seinen Schriften anspricht.
„Wir haben uns alle gewünscht, dass er echt wäre.“
Den Reaktionen nach zu urteilen, die ich sah, als Geoff seine Ankündigung machte, sah die NFT-Gemeinschaft diesen Torrent als eine gute Sache an (jemand, der all diese NFT-Medien kostenlos zur Verfügung stellt) – deshalb war es eine Enttäuschung, dass der Torrent in Wirklichkeit ein Schwindel war. Wir haben uns alle gewünscht, dass er echt wäre. Die NFT-Gemeinschaft war nie so besorgt darüber, wie die Medien annahmen (wir alle wissen, dass die Bilder von jedem angesehen und heruntergeladen werden können – darüber gibt es keine Kontroverse, es ist offensichtlich, gehen Sie einfach auf einen NFT-Marktplatz und schauen Sie – die Bilder sind genau dort). Die NFT-Verkäufe waren in den letzten Tagen davon völlig unbeeinflusst, trotz der großen Medienreichweite dieser Geschichte.
Ein anderes Mitglied der NFT-Community hat mich heute auf Reddit kontaktiert und eine zusätzliche Analyse durchgeführt. Es scheint, dass es sich bei den RAR-Dateien (ähnlich wie bei ZIP) im Torrent gar nicht um RAR-Dateien handelt, sondern um EXT4-Dateisysteme, die mit Nullen gefüllt sind. Dies würde die 10 GB „Daten“ erklären – es handelt sich tatsächlich nur um Dateisystem-Metadaten, die notwendig sind, um 18 TB an Nullen zu beschreiben. Mit anderen Worten, es scheint, dass der Torrent wahrscheinlich überhaupt keine nützlichen Daten enthält.
E-Mail von Chris King, ClubNFT an Tarnkappe.info
So schwamm die Zeitungsente rund um The NFT Bay über den Ozean, bis sie nun untergeht. Man darf gespannt sein, wie viele Newsportale eine Korrektur der ursprünglichen Nachricht vornehmen werden. Viele werden es wohl nicht sein.