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Bildquelle: sora.chatgpt.com - CC0 1.0

Kommission für Jugendmedienschutz: öffentliche Sperrlisten wären kontroproduktiv

Die Kommission für Jugendmedienschutz antwortete uns, es sei nicht ihr Ziel zwecks Transparenz jugendgefährdende Inhalte zu verbreiten.

Wie wir vorgestern berichteten, veranlasste die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) aufgrund einer fehlenden Altersüberprüfung die erneute Sperre des Videoportals Pornhub. Nachdem die Aylo Freesites Ltd. die Sperre ihrer .com-Domain feststellte, wechselte man einfach innerhalb eines Tages zu pornhub.org.

Kommission für Jugendmedienschutz entschied sich für den Schutz der Minderjährigen und somit gegen Transparenz

Damit konnte Aylo die Websperre von pornhub.com zwar nicht aufheben aber zumindest versuchen, ihren Content weiterhin einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Pornhub ist ohne Zweifel eine der weltweit am häufigsten besuchten Webseiten. Das gilt übrigens nicht nur für pornografische Inhalte. Das Unternehmen betreibt noch weitere bekannte Pornoseiten wie zum Beispiel YouPorn, RedTube oder Brazzers. Die kjm hat die fehlende Überprüfung des Alters der Besucher schon vor mehreren Jahren bemängelt. Zum Schutz der Kinder wurde aber trotzdem bis dato kein Altersnachweissystem eingeführt.

Womöglich erschien unser Beitrag über die wiederholte Pornhub-Sperre ein wenig zu früh, denn vorgestern erhielten wir tatsächlich ausführliche Reaktionen auf alle Fragen, die wir der Pressestelle der kjm gestellt haben. Hier also unsere Fragen und die Antworten der derzeit zuständigen Pressesprecherin der kjm.

tarnkappe.info: Haben Sie eine öffentlich einsehbare Liste von Domains ins Netz gestellt, wo man sehen kann, welche Domains gesperrt wurden? Wenn nicht, warum nicht?

Kommission für Jugendmedienschutz: Eine Liste sämtlicher gesperrter Domains veröffentlichen wir nicht: Unser Ziel ist es, Kinder und Jugendliche zu schützen – nicht, Aufmerksamkeit auf jugendgefährdende Inhalte zu lenken. 

Kommission für Jugendmedienschutz

Die Sperre von Mirror-Seiten soll erleichtert werden

tarnkappe.info: Wie kommentieren Sie das Vorgehen der Betreiberfirma von Pornhub? Das Unternehmen hat zeitnah von de.pornhub.com auf de.pornhub.org umgestellt.

kjm: Versuche, Sperrungen über sogenannte Mirror Domains zu umgehen, sind leider gängige Praxis der Anbieter von Pornografie-Plattformen. Genau deshalb ist im Zuge der durch den 6. Medienänderungsstaatsvertrag, der am 1. Dezember 2025 in Kraft treten soll, vorgesehenen Reform des Jugendmedienschutzes u.a. vorgesehen, diese Umgehungsstrategie gezielt zu unterbinden.

Aufsichtsmaßnahmen wie Sperrverfügungen können danach zukünftig auch Mirror-Seiten zum Gegenstand haben, d.h. Angebote, die mit bereits zur Sperrung angeordneten Angeboten ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind. Damit werden wir bald über effektivere rechtliche Instrumente verfügen, um gegen solche verwerflichen Verletzungen eines effektiven Kinder- und Jugendmedienschutz seitens der Plattformbetreiber vorzugehen.

Schutz der Kinder sollte stets Vorrang vor den finanziellen Interessen der Porno-Anbieter haben

tarnkappe.info: Da Minderjährige im Allgemeinen tendenziell IT-affiner sind, werden sie die neue Domain bestimmt auch auffinden. Was sagen Sie zu der Aussage, dass diese Blockade primär die Menschen trifft, die sie (aufgrund ihres Alters) gar nicht treffen soll?

kjm: Unser gesetzlicher Auftrag ist es, Kinder und Jugendliche vor Inhalten zu schützen, die nicht ihrem Entwicklungsstand entsprechen. Pornografie stellt eine erhebliche Gefahr für ihre seelische und sexuelle Entwicklung dar. Ein einfaches Porno-Angebot ist so lange kein Problem, wie technische Schutzvorkehrungen sicherstellen, dass nur Erwachsene hierauf Zugriff haben. Wenn Anbieter solche Schutzmaßnahmen nicht ergreifen und zugleich Aufsichtsmaßnahmen gegen diese Anbieter nicht zielführend sind, z.B. weil sie ihren Sitz im Ausland haben, greifen wir als letztes Mittel auf Sperrverfügungen zurück.

Angesichts der schwerwiegenden Gefahr für das Wohl Minderjähriger überwiegt in einer solchen Situation der Schutz der seelischen und geistigen Entwicklung Minderjähriger. Unser Ziel ist der Schutz von Kindern und Jugendlichen, dieses Ziel steht klar über den finanziellen Interessen der Anbieter. Die Verantwortung dafür, dass auch Erwachsene im Fall der Blockade solche pornografischen Angebote nicht konsumieren können, liegt nicht bei der KJM, sondern bei Anbietern, die auf den gesetzlich gebotenen Einsatz von Maßnahmen des technischen Jugendmedienschutzes verzichten.

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Kommission für Jugendmedienschutz erhofft sich eine Signalwirkung

tarnkappe.info: Die Suchmaschine von Google spuckt Millionen von Webseiten mit pornografischen Inhalten aus. Wie wollen Sie dieser Masse an Anbietern Einhalt gebieten?

kjm: Das Vorgehen gegen große, reichweitenstarke Portale bleibt auch dann sinnvoll, wenn weiterhin Pornografie zugänglich bleibt. Denn eine Sperrung solcher Angebote führt jedenfalls zu einer signifikanten Verringerung der für Minderjährige zur Verfügung stehenden pornografischen Inhalte.

Wir erwarten uns von einem solchen Vorgehen auch eine Signalwirkung. Wenn die reichweitenstarken Anbieter den Jugendschutz umsetzen, werden kleinere Anbieter folgen. Ansonsten werden wir auch gegen kleinere Anbieter vorgehen.

Die Verfahren sind komplex, aber wenn es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen geht, haben wir einen langen Atem. Im Übrigen mahnt die KJM schon seit längerem auch eine stärkere Verantwortung auch von Suchmaschinenbetreibern für einen wirksamen Jugendschutz an. Hierzu kann auch der Digital Services Act der EU beitragen.

Wir bedanken uns herzlich bei der zuständigen kjm-Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit. Vielen Dank für die Übermittlung der Antworten. Wir hoffen weiterhin auf eine, wie auch immer geartete, Reaktion der Aylo Freesites Ltd., die aber mit jedem vertrichenen Tag unrealistischer wird.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.