Pornhub-Sperre Deutschland
Pornhub ist in Deutschland erneut gesperrt und kein News-Portal berichtet darüber!
Bildquelle: sora.com - CC0 1.0

Die Pornhub-Sperre Deutschland hielt keinen Tag lang. Wem bringt das Gezerre um den Jugendschutz etwas?

Die von der KJM angeordnete Pornhub-Sperre in Deutschland hielt vermutlich keine 24 Stunden lang. Der Betreiber wechselte einfach die Domain.

In Deutschland wurde das Internet für die breite Bevölkerung aufgrund des Netzausbaus mit DSL-Leitungen vor rund 25 Jahren zu bezahlbaren Preisen öffentlich zugänglich. Laut dem 11. Tätigkeitsbericht wurde die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) erst rund 20 Jahre nach Einführung der DSL-Flatrates aktiv, um der Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch frei zugängliche Pornografie im Internet entgegen zu wirken. Das Bestreben war anfangs wirklich sinnvoll. Doch der Zug ist längst abgefahren. Für eine Pornhub-Sperre in Deutschland ist es jetzt schon zu spät. Stellt sich also die Frage, wie man weiter vorgehen soll. Und auch: Wem bringt das ganze Gezerre um die Einhaltung des Jugendschutzes etwas?!?

Pornhub-Sperre Deutschland – ein kurzer geschichtlicher Abriss

Auch wenn kaum jemand gerne öffentlich darüber spricht, das Thema Online-Pornografie ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) gibt es zwar schon seit April 2003. Doch die Anbieterkennzeichnungspflichten der Porno-Portale kamen erst im Jahr 2020 dazu. Im Jahr 2010 scheiterte der erste Versuch einer Novellierung des JMStV. Für das Versagen ist somit eindeutig die Politik, also der Gesetzgeber, verantwortlich. Die Verantwortung liegt nicht in Händen der Behörde KJM, die nun irgendwie die Regulierung des Internets mit beinahe 20 Jahren Verspätung durchsetzen soll. Da fragt man sich ernsthaft, wie das funktionieren soll?!?

Im März 2023 entschied sich die KJM dann dazu, das Porno-Portal xhamster wegen des anhaltenden Verstoßes gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) von den größten Internet-Service-Providern (ISPs) sperren zu lassen. Doch das brachte bis auf einen Rechtsstreit wenig. Mithilfe einer neuen Subdomain umging die zypriotische Hammy Media Ltd., die Betreibergesellschaft des Portals xhamster.com, dann die Sperre in kürzester Zeit.

pornhub

Anordnung durch Änderung der Domain umgangen

Ähnlich erfolglos verlief die Sperranordnung an die fünf größten ISPs Deutschlands. Die Domains de.pornhub.com, de.youporn.com und de.xhamster.com müssen seit dem Jahreswechsel 2024 / 2025 gesperrt sein. Das sind sie auch. Doch das bringt kaum etwas. Aylo, ehemals MindGeek, änderte einfach die Domain ihrer Website von pornhub.COM zu pornhub.ORG. Vodafone, die Deutsche Telekom & Co. genügen mit den Sperrmaßnahmen zwar den gesetzlichen Vorschriften. Die überaus freizügigen Werke von Aylo waren aber trotzdem verfügbar. Wahrscheinlich Ende März setzten die großen Internet-Anbieter dann den neuen Sperr-Antrag gegen pornhub.org um.

Das Landesamt für Medien Nordrhein-Westfalen bestätigte Damian die neue Netzsperre, nachdem er per IFG bei fragdenstaat.de öffentlich sein Auskunftsbegehren vorgebracht hatte. Bemerkenswert ist allerdings, dass bis heute kein einiges News-Portal über die neuen Sperren berichtet hat. Sex sells, galt doch bei den Verlagen als allgemein gültiges Motto, oder? Wieso ist das bei pornhub.org anders? Die fehlende Berichterstattung zeigt auch, wie dringend nötig die Einführung einer öffentlichen Liste mit allen gesperrten Domains ist, damit man sich daran als Nutzer oder Journalist orientieren kann.

Pornhub-Sperre Deutschland: Bei diesem Spiel kann niemand gewinnen …

Sollte Aylo wegen der Pornhub-Sperre in Deutschland erneut die Domain ändern, würde alles wieder von vorne losgehen. Das Ganze erinnert ein bisschen an ein klassisches Hase-und-Igel-Spiel, bei dem es allerdings keinen klaren Gewinner geben kann. Die 14 Landesmedienanstalten und die KJM tun, was ihnen im Kampf gegen zu viel Offenheit im Netz juristisch möglich ist. Die Internet-Service-Provider tun hingegen, was man ihnen vorschreibt.

phallische Banane

Aber wirklich effektiv ist die Vorgehensweise nicht. Gegenwärtig kann man mit einem VPN* oder Proxy alle aktiven Websperren quasi auf Knopfdruck außer Kraft setzen. Viele Proxys sind umsonst, dort muss man sich noch nicht einmal registrieren. Auch manche VPN-Anbieter wie hide.me oder PrivadoVPN etc. bieten deutschen Nutzern kostenlose Zugänge an. Die sind zwar etwas langsamer, aber für Erotikfilmchen ist der Datendurchsatz dicke ausreichend.

Ganz ehrlich: Was bringt es in dem Zusammenhang, wenn Google die gesperrten Porno-Anbieter nicht bei seinen Suchergebnissen anzeigen darf? Und was passiert, wenn die Suchenden nicht fündig werden?

Ganz einfach! Die meisten Surfer werden das tun, was sie immer schon getan haben. Sie probieren einfach eine andere Website aus, die nicht gesperrt ist. Ob deren Inhalte einen Deut besser oder für Kinder geeignet sind, darf man hingegen ganz klar in Zweifel ziehen.

… erst recht die Eltern nicht!

Auch die Aylo Freesites Ltd. war aktiv. Man versuchte sich mit Eilanträgen beim Verwaltungsgericht Berlin zur Wehr zu setzen. Doch die wurden abgelehnt. So muss der vergleichsweise kleine ISP, die Tele Columbus AG, weiterhin die Inhalte von Pornhub und YouPorn sperren.

Den Eltern bleibt nur übrig, ihren Kindern beizubringen, dass manches, was sie sich online anschauen könnten, einfach noch nicht für sie geeigenet ist. Die Lösung besteht wahrscheinlich aus einer Kombination bestehend aus viel Aufklärung und auch ein bisschen Kontrolle. Wie Mütter und Väter mit dem Thema Medienkompetenz am besten umgehen können, haben wir hier in diesem Leitfaden zusammengefasst.

Pornhub-Sperre in Deutschland: Viele Fragen, keine Antwort!

Wir haben uns an die KJM mit einer Presseanfrage gewendet. Wir möchten gerne wissen, ob es eine öffentlich einsehbare Liste mit den Domains gibt, die auf ihre Initiative hin gesperrt wurden. Auch hätten wir gerne erfahren, wie man Aylos Umstellung von pornhub.com auf pornhub.org kommentiert. Außerdem wüssten wir gerne, wie man zu der These steht, dass die Blockaden primär Erwachsene betreffen, für die die Sperren nie gedacht waren. Minderjährige sind tendenziell IT-affiner und somit dazu eher in der Lage, eine Umleitung des Datenverkehrs mittels eines Proxys oder VPNs zu aktivieren.

porn meme
Meme von Bernard Goldbach CC BY 2.0.

Flächendeckende Überprüfung der Altersverifikation unmöglich

Außerdem spucken die Suchmaschinen mehrere Millionen Webseiten mit pornografischen Inhalten aus. Wie will man überprüfen, ob sie das Alter ihrer Besucher überprüfen, um legal zu sein? Das ist schon aufgrund der Menge der Anbieter schlichtweg unmöglich. Bisher haben wir von der Kommission für Jugendmedienschutz keine Antwort erhalten.

Kein Interesse an Pressekontakten?

Auch an die Aylo Freesites Ltd. haben wir uns gewendet. Bei der Kontaktaufnahme wird es aber schon mit einer E-Mail-Adresse für Journalisten schwierig, weil die Webseite keine anzeigt. Auch beim Business-Netzwerk LinkedIn ist kein einziger Unternehmens-Mitarbeiter vertreten. Wir haben in der Folge einfach mehrere Niederlassungen angeschrieben.

Wir möchten wissen, was das Unternehmen von den Websperren hält. Und auch: Halten sie es für eine normale Vorgehensweise, einfach die Domain zu ändern, um die gesetzlichen Vorgaben zu umgehen? Es wäre auch spannend gewesen zu erfahren, inwieweit seit Inkrafttreten der Websperren die Zugriffszahlen von pornhub.org & Co. gesunken sind. Wie wir schon im Vorfeld befürchtet haben, erhielten wir auch von dieser Seite keine Antwort auf unsere Fragen.

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Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.