Porno-Plattformen im Visier: Wer setzt sich im Rechtsstreit durch?
Porno-Plattformen im Visier: Wer setzt sich im Rechtsstreit durch?
Bildquelle: DALL·E

Gerichtsstreit um Pornhub: Kampf um Jugendschutz oder digitale Zensur?

In einem Gerichtsstreit um Pornhub fordert die deutsche Medienaufsicht Netzsperren, doch die Zuständigkeiten sind bisher noch ungeklärt.

In Deutschland wird aktuell erneut darüber diskutiert, wie der Zugang zu pornografischen Inhalten im Internet reguliert werden sollte, insbesondere im Hinblick auf den Jugendschutz. Ein zentrales Thema im Gerichtsstreit um Pornhub ist dabei die Frage, ob die Medienaufsichtsbehörden befugt sind, solche Websites zu sperren, wenn diese keine strikten Altersverifikationssysteme wie per Ausweis oder biometrischem Gesichtsscan implementieren.​

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet steht im Fokus der Medienaufsicht. Allerdings bleibt die Umsetzung umstritten. Um den Zugriff Minderjähriger auf pornografische Inhalte zu erschweren, fordert die Landesmedienanstalt NRW, dass Internetanbieter wie die Telekom bestimmte Websites blockieren. Ein entsprechendes Verfahren wurde bereits eingeleitet.

Frei zugängliche Pornoseiten widersprechen den gesetzlichen Jugendschutzvorgaben. Bereits seit Jahren wird darüber diskutiert, wie verhindert werden kann, dass Kinder und Jugendliche ungehinderten Zugang zu solchen Inhalten erhalten. Ende 2023 nahm die Europäische Kommission Websites wie Pornhub, XVideos und Stripchat in ihre Liste der „sehr großen Online-Plattformen“ (VLOPs) auf. Dies geht zugleich einher mit einer erhöhten Verantwortung für ihre Inhalte. Pornhub und andere große Pornoseiten kämpfen gegen die Einstufung als VLOP. Sie argumentieren, dass ihre Reichweite überschätzt wird.

Nun soll es konkrete Maßnahmen geben: Für einige der reichweitenstärksten Plattformen wie Pornhub, YouPorn und MyDirtyHobby plant die Medienaufsicht, Netzsperren bei Providern durchzusetzen. Doch die Effektivität solcher Sperren bleibt fraglich. User könnten sie leicht umgehen, etwa durch Nutzung von VPN-Diensten, den Tor-Browser oder Proxy-Server.

Hintergrund des Konflikts

Die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen (LfM) fordert unter Berufung auf den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) von Betreibern pornografischer Websites, dass sie das Alter ihrer Nutzer zuverlässig überprüfen, beispielsweise durch Ausweiskontrollen oder biometrische Verfahren. Da Plattformen wie Pornhub solche Maßnahmen ablehnen, hat die LfM seit Ende 2023 von großen Internetanbietern wie Vodafone, Telekom, 1&1 und PYÜR verlangt, den Zugang zu diesen Seiten zu sperren.

Diese Netzsperren wurden zwar umgesetzt, jedoch umgingen die betroffenen Websites die Maßnahmen, indem sie ihre Domains änderten. Insofern hatten Nutzer auch weiterhin darauf Zugriff. Während sich bei Pornhub die angeordnete Sperre auf „de.pornhub.com“ bezog, so ist die Site nun unter „de.pornhub.org“ zu erreichen.

Gerichtsstreit um Pornhub: Kampf um Jugendschutz oder digitale Zensur?
Gerichtsstreit um Pornhub: Kampf um Jugendschutz oder digitale Zensur?

Gerichtsstreit um Pornhub

Vodafone hat gegen die Sperrverfügungen der LfM im Fall von Aylo-Tochter Pornhub sowie von YouPorn Klage eingereicht. Das Unternehmen argumentiert, dass mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über digitale Dienste (DSA) die Zuständigkeit für solche Maßnahmen nun bei der EU-Kommission in Brüssel liege und nicht mehr bei nationalen Medienaufsichtsbehörden. Dieses Argument wird nun vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf geprüft. Andere Internetanbieter haben ähnliche Klagen eingereicht. Deren Verfahren sind jedoch bis zur Entscheidung im Fall Vodafone ausgesetzt. Gegenüber netzpolitik.org äußerte ein Vodafone-Sprecher:

„Der DSA stellt nach unserem Verständnis eine Vollharmonisierung dar, sodass seit dessen Geltung die LfM nicht mehr ermächtigt ist, entsprechende Verfügungen zu erlassen. Denn der DSA regelt auch den Jugendschutz im Internet. Insoweit werden die Vorschriften des JMStV unanwendbar.“

Eine EU-Kommissions-Sprecherin führte gegenüber netzpolitik.org aus:

„Wir sind der festen Überzeugung, dass Maßnahmen auf EU-Ebene wirksamer sind, um Minderjährige vor schädlichen Inhalten auf Online-Plattformen zu schützen, da diese Dienste grenzüberschreitend sind und den Nutzern in der gesamten EU ein einheitliches Schutzniveau geboten werden muss. […] Der DSA sieht ein klares Aufsichts- und Durchsetzungssystem vor, in dem die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Kommission festgelegt sind. […] Für den Erfolg unserer gemeinsamen Pionierarbeit zur Regulierung der sehr großen Online-Plattformen ist es von entscheidender Bedeutung, dass dieses System von den Mitgliedstaaten respektiert wird.“

Die Medienaufsicht sieht gemäß netzpolitik.org:

„ein Nebeneinander von Zuständigkeiten. Einerseits die Regulierung von Inhalten durch die Medienaufsicht unter Berufung auf die AVMD-RL und den JMStV; andererseits der DSA. Die Zusammenarbeit zwischen der Medienaufsicht in den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission sei „eng, vertrauensvoll und gut““.

Ein Sprecher des Verwaltungsgerichts wies gegenüber netzpolitik.org darauf hin, die Anbieter von Pornhub und YouPorn „begehren die Aufhebung der verfügten Beanstandung und Untersagung unter Hinweis auf eine zwischenzeitlich eingetretene Rechtsänderung.“ Zugleich hätten sie gegen die Netzsperren Klage erhoben und einen Eilantrag gestellt.

Pornhub & Co.: Europäische Perspektive

Auch in anderen europäischen Ländern gibt es Bestrebungen, den Zugang zu pornografischen Inhalten strenger zu regulieren. Beispielsweise hat die Cour d’appel de Paris im Oktober 2024 entschieden, dass mehrere außerhalb der EU ansässige Pornoseiten zu blockieren sind, da sie keine ausreichenden Altersverifikationsmaßnahmen vornahmen.

Fazit

Die laufenden Gerichtsverfahren in Deutschland sollen klären, inwieweit nationale Medienaufsichtsbehörden befugt sind, Maßnahmen gegen internationale Pornoseiten zu ergreifen. Insbesondere im Kontext des neuen DSA. Die Entscheidungen könnten weitreichende Auswirkungen auf die Regulierung von Online-Inhalten und den Jugendschutz in Deutschland und möglicherweise auch in anderen EU-Ländern haben. Die Debatte um Regulierung und digitale Freiheit bleibt damit weiterhin ein zentrales Thema.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.