Neue Sperrwelle: Brein setzt landesweite Blockaden durch.
Neue Sperrwelle: Brein setzt landesweite Blockaden durch.
Bildquelle: ChatGPT

Stichting Brein erwirkt Netzsperren: Musikportale in den Niederlanden blockiert

Stichting Brein erwirkt Netzsperren gegen Musikportale: Rotterdam ordnet Sperren für NewAlbumReleases und Israbox an.

Stichting Brein, die niederländische Anti-Piraterie-Organisation, erwirkt Netzsperren und rollt die nächste Sperrwelle aus. Am 12. November 2025 meldete Brein eine weitere Sperrverfügung gegen Musikseiten, die „illegal die neueste Musik anbieten“ und zusammen rund 100.000 niederländische Nutzer im Monat erreichen. Das Bezirksgericht in Rotterdam verpflichtet den ISP Ziggo zur Blockade zweier großer Musikportale. Weil ein entsprechender Gerichtsbeschluss vorliegt, müssen sich auch andere niederländische Provider dem anschließen.

Stichting Brein erwirkt Netzsperren mit neuem Sperrurteil

Mit einem neuen Urteil hat Stichting Brein erfolgreich Netzsperren gegen die Musikportale NewAlbumReleases (newalbumreleases.net) und Israbox / IsraBox (isrbx.me, weitere Mirror-Domains) durchgesetzt. Das Bezirksgericht Rotterdam verurteilte Ziggo zur Blockade, und weil das Convenant Blokkeren Websites (Abkommen über das Sperren von Websites) greift, müssen nun sämtliche großen Provider im Land nachziehen. Bastiaan van Ramshorst, Direktor der BREIN Foundation begrüßt das Urteil:

„Wenn illegale Dienste Löschungsaufforderungen von Rechteinhabern ignorieren und sich hinter Hosting-Anbietern, Domain-Registraren und ausländischen Registrierungsstellen verstecken, die die Zusammenarbeit bei der Rechtsdurchsetzung verweigern, bleibt nur die Möglichkeit, die Website über niederländische Internetanbieter zu sperren. Sowohl national als auch international bestätigen Richter in solchen Fällen, dass Internetanbieter am besten geeignet sind, solche Rechtsverletzungen wirksam zu bekämpfen. Dies ist ein unerlässlicher letzter Schritt bei der Durchsetzung von Urheberrechtsverletzungen und anderen illegalen Online-Aktivitäten gegen diejenigen, die die vereinbarten Regeln bewusst missachten.“

Beide Plattformen fungieren als klassische Link-Archive für Szene-Releases. Sie veröffentlichen Beschreibungen, Cover, Tracklists und vor allem direkte Links zu One-Click-Hostern, auf denen die Musikdateien tatsächlich liegen. Genau dieses kuratierte Link-Ökosystem für unautorisierten Content, hat das Gericht nun ins Visier genommen.

Das Gericht verwirft Ziggos zentrale Einwände

Ziggo hatte im Verfahren versucht, die Sperre abzuwenden. Der Provider argumentierte, dass die frühere Rechtsprechung rund um The Pirate Bay auf Musik-Linkportale wie NewAlbumReleases oder Israbox nicht anwendbar sei. Dort würden schließlich keine Torrent-Dateien geteilt, sondern lediglich Cyberlocker-Links gesammelt. Das Bezirksgericht Rotterdam entschied jedoch, nicht die technische Methode der Verbreitung, sondern das Geschäftsmodell dahinter zählt.

Wer bewusst und mit Gewinnerzielungsabsicht auf eindeutig unautorisiertes Material verlinkt, begeht eine urheberrechtliche „öffentliche Wiedergabe“. Damit fallen auch Linkportale unter dieselbe rechtliche Kategorie wie Torrent-Indexseiten. Das Argument, die „Pirate-Bay-Linie“ greife hier nicht und war damit vom Tisch.

Auch den Einwand, Brein habe nicht genügend Schritte „an der Quelle“ unternommen, wies das Gericht zurück. Laut Urteil hat Brein „mehr getan, als vernünftigerweise erwartet werden konnte“. Die Organisation habe Betreiber, Hoster, Domain-Registrare und sogar beteiligte Cyberlocker kontaktiert ohne nachhaltigen Erfolg. Damit sei der Weg über die Access-Provider verhältnismäßig und zulässig.

Auch das klassische Argument, Netzsperren seien wirkungslos, verfing nicht. Die Richter machten deutlich, dass aus ihrer Sicht keine perfekte Sperre notwendig ist. DNS-Blocking sei ein klar nachvollziehbares und gut kontrollierbares Instrument. Die Gefahr von unbeabsichtigtem Overblocking sei begrenzt, und für den Großteil der Bevölkerung, also die typischen Gelegenheitsnutzer, reiche eine solche Blockade vollkommen aus, um den Zugriff effektiv zu unterbinden.

Dass technisch versierte Anwender die Sperren problemlos umgehen können, spiele für die rechtliche Bewertung keine Rolle. Für das Gericht genügt es, wenn die Maßnahme die breite Masse erreicht und das illegale Angebot für den durchschnittlichen Nutzer faktisch aus dem Weg räumt.

Stichting Brein erwirkt Netzsperren: Musikportale in den Niederlanden blockiert
Stichting Brein erwirkt Netzsperren: Musikportale in den Niederlanden blockiert

Convenant bringt einheitliche Sperren per Gerichtsbeschluss

Aufgrund des Convenant Blokkeren Websites, das seit 2021 in den Niederlanden gilt, verpflichten sich fast alle großen Provider, Sperrverfügungen freiwillig mitzutragen, sobald ein Gericht gegen einen von ihnen entscheidet. Beteiligt sind u. a. Ziggo, KPN, Odido (ehemals T-Mobile), DELTA sowie diverse regionale Anbieter über NLconnect.

Zudem ist die Sperranordnung dynamisch. Neue Domains, Proxies, Mirrors oder Subdomains können von Brein einfach nachgemeldet werden und die Provider müssen sie ohne neues Verfahren blockieren. Das macht das System extrem flexibel und für Brein äußerst wirkungsvoll.

Stichting Brein erwirkt Netzsperren: Auswirkungen auf Nutzer und Szene

Für durchschnittliche Internetnutzer werden die betroffenen Musikportale in den kommenden Tagen vollkommen aus dem niederländischen Netz verschwinden. Statt der vertrauten Download-Seiten erscheinen dann Fehlermeldungen, Timeouts oder spezielle Provider-Blockseiten. Wer bislang gelegentlich über solche Portale Musik gezogen hat, stößt damit unmittelbar auf eine spürbare Hürde, genau jene Zielgruppe, auf die die Sperren abzielen.

Für technisch versiertere Nutzer ändert sich hingegen wenig. VPN-Dienste, alternative DNS-Server, Tor oder die Nutzung ständig neuer Mirror- und Proxy-Domains bieten weiterhin einfache und schnelle Umgehungsmöglichkeiten. Die Sperren verschieben die Szene also eher, als dass sie sie nachhaltig eindämmen. Betreiber werden vermutlich schon bald neue Domains in Umlauf bringen, um den Traffic wieder abzufangen.

Für die Betreiber der betroffenen Seiten wird die Luft damit deutlich dünner. Die Sichtbarkeit im niederländischen Netz bricht schlagartig weg, was sich direkt auf Besucherzahlen und Werbeeinnahmen auswirkt. Gleichzeitig steigt der rechtliche und operative Druck erheblich. Ermittlungsrisiken, Domainverluste, Hosting-Probleme und der Zwang zu ständiger Domain-Rotation erhöhen sowohl die Kosten als auch die Komplexität des gesamten Betriebs.

Die Niederlande verschärfen den Kurs gegen Online-Piraterie

Stichting Brein hat erneut gezeigt, wie effizient das niederländische Sperrmodell mittlerweile funktioniert. Ein einziges Urteil genügt und schon folgt eine landesweite Blockadewelle bei allen großen Providern. Die Technik spielt dabei kaum noch eine Rolle. Ob Torrent, DDL (Direct Download Link) oder Streaming, entscheidend ist der Vorwurf der gewinnorientierten Verlinkung auf offensichtlich illegalen Content.

Für die Rechteindustrie ist dieses Modell ein voller Erfolg. Für die Netzfreiheit hingegen stellt sich zunehmend die Frage, wie viel Sperr-Infrastruktur ein demokratisches Internet langfristig verträgt. Die Sperrwelle ist ohnehin längst europaweit ins Rollen gekommen. Auch Deutschland blockiert bereits Seiten wie ibooks.to.

Allerdings funktioniert das deutsche System grundlegend anders. Mit der CUII existiert zwar ebenfalls ein Zusammenschluss großer Provider, der Sperren koordiniert, doch handelt es sich nicht um ein verpflichtendes Branchenabkommen wie in den Niederlanden. Deutsche Provider übernehmen Sperren weder automatisch noch aufgrund einer vertraglichen Bindung, sondern ausschließlich auf Basis gemeinsamer freiwilliger Entscheidungen innerhalb der CUII oder nach individuellen Gerichtsbeschlüssen, die jeweils nur den konkret betroffenen Anbieter verpflichten. Während Deutschland also Fall für Fall sperrt, betreibt Dänemark seit Jahren ein institutionalisiertes, nahezu automatisiertes Blocking-System, das regelmäßig neue illegale Angebots-Seiten sperrt und dynamisch um Mirrors und Proxies ergänzt.

Die Niederlande gehen diesen Weg besonders konsequent und könnten damit zum Vorbild für weitere, noch rigidere Blocking-Modelle innerhalb der EU werden. Zwar werden die Blockaden nicht verschwinden, doch die Szene wird, wie so oft, schneller sein als das nächste Urteil.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.