DHL Packstation bei Nacht
Schön beleuchtet: Eine Packstation von DHL in Düsseldorf Unterbach.
Bildquelle: Lars Sobiraj

Neues Crimenetwork: Ist das CNW tatsächlich zurück?

Die Macher des neuen Crimenetwork haben sich nach dem Bust von crime.to nicht lange bitten lassen. Wir haben kurz mit dem Team gesprochen.

Anfang Dezember letzten Jahres haben mehrere Strafermittlungsbehörden beim Crimenetwork die Stecker gezogen. Sie verhafteten die Person, die beim CNW für die Technik und somit auch für die Absicherung gegen eine Aufdeckung von crime.to verantwortlich war.

Ein neues Crimenetwork – oder nur ein Nachbau?

Moderator Alexander beantwortete uns im Namen des gesamten Teams ein paar Fragen. Beim Nachfolger des deutschsprachigen Betrugsforums soll es sich mit Ausnahme des Technikers um exakt die gleichen Personen handeln, die dort tätig sind. Auf die Frage, was sie mit crime.to zu tun haben, antwortete uns unser Gesprächspartner: „Es ist dasselbe Team, da nur der „Techmin“ weggefallen ist.“

Die Aussage, dass sich an der Zusammensetzung der Hintermänner nichts geändert haben soll, lässt sich für uns leider weder vollumfänglich noch stichhaltig überprüfen. Zumindest leitet die Domain von crime.to jetzt zu einem sicheren Pastebin-Dokument auf bin.veracry.pt. Dort fordert man die Leser dazu auf, die Accounts auf c-network.to über CNW-Moderatoren oder bekannte User bestätigen zu lassen.

neues crimenetwork, neues crime.to
Von den Toten auferstanden – das Crimenetwork (CNW).

Gründe für den crime.to-Bust: Überheblichkeit und der Geldfluss

Als Begründung dafür, dass es den Behörden letztlich gelungen ist, das vergleichsweise gut abgesicherte crime.to aus den Angeln zu heben, nennt er uns „Überheblichkeit und Geldfluss„. Das zumindest können wir ohne jede Überprüfung bestätigen. Es hat sich schon häufiger in diesem Umfeld gezeigt, dass darin vergleichsweise junge Menschen tätig sind, die sich aufgrund ihrer mangelnden Lebenserfahrung nicht selten selbst überschätzen. Exakt in diese Richtung gehen in unserem Podcast auch die Aussagen von Martin Frost, dem früheren Tech-Admin des Darknet-Marktplatzes Wall Street Market.

Wer überleben will, muss sich paranoid verhalten

Wer in dem Sektor Geschäfte betreibt, muss regelrecht paranoid sein und eine plausible Persönlichkeit erfinden, die bei künftigen Chats stimmig klingt, damit man nicht viel künstlich erfinden muss. Anderenfalls müssen die Cyberkriminellen damit rechnen, dass sie enttarnt und in der Folge entweder erpresst oder anonym angezeigt werden.

Auch der Admin des Fraud-Forums crime.now soll seine Daten aus Versehen veröffentlicht haben, was dazu führte, dass dieses Forum gestern ihre Pforten schloss, um alle Besucher auf die Alternative cstate.to hinzuweisen. Gerüchten zufolge habe der Admin von crimestate.cc, jetzt cstate.to, seinen Wettbewerber erpresst, damit er schließt und die Benutzer zu ihm schicken soll. Doch das sind nur unbestätigte Gerüchte, die lediglich plausibel klingen. Sollten dazu interessante Details auftauchen, die man ausnahmsweise auch beweisen kann, werden wir eventuell einen gesonderten Artikel veröffentlichen. Doch zurück zu den Aussagen des Teams vom neuen Crimenetwork.

anonyme packstation
Gif für eine anonyme Packstation für Cyberkriminelle.

Dass die Polizeien stets versuchen dem Geldfluss zu folgen, um die Straftäter dingfest zu machen, ist ja im Grunde nichts Neues. Sie warten im Prinzip nur darauf, dass die Tatverdächtigen unaufmerksam sind und sich diese sich aufgrund von Flüchtigkeitsfehlern oder technischen Pannen verraten. Das kann die Angabe einer privaten E-Mail-Adresse, ein versehentlich deaktivierter VPN* oder ein anderer Faux Pas sein, der sich einschleichen kann, wenn man übermüdet, alkoholisiert oder aus anderen Gründen abgelenkt ist. Das dürfte bei crime.to auch eine Rolle gespielt haben.

Das neue Crimenetwork soll angeblich ewig existieren

Anschließend fragten wir das Team, mit welcher Begründung man den CNW-Nachfolger unter der Domain c-network.to überhaupt ins Leben gerufen hat? Oder anders gefragt: Bestehen nicht schon genug ähnliche Fraud-Foren? Die Verantwortlichen antworten darauf mittels privater Nachricht wie folgt:

crime.to: Die Ermittler vom BKA bei der Arbeit. Neues Crimenetwork.
Animation, die die Behörden nach dem Bust vom Crimenetwork veröffentlicht haben.

Ähnliche vielleicht, aber keine (Foren) wie das Crimenetwork. Bisher haben nur wir z.B. auch den Sicario Bust überlebt und ausgezahlt. Und auch den (letzten Bust) haben wir wieder überlebt und zahlen Treuhand-Gelder (TH) aus, obwohl wir auch einfach ein neues Forum hätten machen können und auf Replaces (den Ersatz der verlorenen Guthaben) scheißen können, weil die Leute ja eh blind auf jedes Forum gehen.

Auch die Aussage, dass an Betrug interessierte Menschen freiwillig mitunter große Risiken eingehen, um weiterhin ihre Geschäfte abwickeln zu können, stimmt zweifellos. Um das nachzuvollziehen, muss man sich nur die Postings vieler User in unserem eigenen Forum anschauen. Die schreien bei der mangelnden Vorsicht geradezu danach, von der Polizei hoch genommen zu werden.

selamyou
Noch nicht beim CNW: Animierte Bannerwerbung für den „Mann für alles„.

CNW: Bust von cracked.io und nulled.io „nur eine Frage der Zeit„!

Zum Thema cracked.io, nulled.to u.v.m.: BKA, FBI & Co. haben am vergangenen Mittwoch die Domains und Webserver gleich mehrerer englischsprachiger Foren bzw. Portale beschlagnahmt. Gestern war dann erstmals auch von gleich mehreren Verhaftungen die Rede. Wir wollten vom neuen Crimenetwork-Mod wissen, ob ihm das keine Angst macht!?

„Nein, es war nur eine Frage der Zeit, da es immer mehr gezielte Fraud-Angebote (Betrugsangebote) gab… Ebay Accounts und andere Filling Accounts und sogar KYC-Leute, die Online-Bank-Drops verkauft haben.“

Erklärung: Bei einem Bank-Drop handelt es sich um ein mit gefälschten Ausweisdokumenten eröffnetes Bankkonto, was anschließend von Cyberkriminellen zu eigenen Zwecken missbraucht wird. Weitere Begriffe aus der Fraud-Szene erläutert die Polizei Düsseldorf in einem eigenen Online-Lexikon. Ist das nicht mal ausnahmsweise eine nette Service-Dienstleistung?

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Die SEKs kommen euch gerne entgegen und machen 24/7 Hausbesuche.

Viele Admins neuer Foren verschwinden mit dem Treuhand-Konto!

Last, but not least fragten wir nach der erwarteten Zukunft der deutschsprachigen Fraud-Szene. Wird es nach dem Bust vom CrimeMarket und Crime Network wieder zu einer beherrschenden Marktmacht weniger großer Foren kommen? Oder bleibt es bei der jetzigen Zersplitterung in viele kleine Anlaufstellen?

Das ist schwer zu sagen, die meisten Foren verschwinden nach einer Woche oder nach dem ersten großen TH wieder. Wir haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und werden das Board (Forum) im Laufe der Zeit stetig mit Funktionen und Angeboten verbessern.“

CNW, Nachfolger von crime.to, neues crimenetwork
Naturgemäß ist noch nicht viel los im Marktplatz vom neuen Crimenetwork.

Die Behörden sind angesichts der raffinierten Methoden und der Zahl der Täter im Nachteil!

Auch die Polizei wird ihre Arbeit versuchen stetig weiter zu verbessern. Auch wenn die Einheiten im Kampf gegen Cyberkriminalität mit einer unfassbaren Menge an Strafanzeigen personell total überfordert sind, so konnten die Behörden in den letzten Jahren doch so einige Verhaftungen und Beschlagnahmungen vorweisen.

Nicht vergessen darf man, dass die schiere Masse an Daten aus den letzten Busts (crime.to, crimemarket.is) noch lange nicht ausgewertet ist. Von jetzt ab bis zum Sommer werden sicher noch einige Akteure über die Klinge springen, deren Identität bislang unbekannt war. Die Ermittler arbeiten langsam. Sie müssen es aber gründlich tun, um den Verdächtigen die Straftaten rechtssicher nachzuweisen.

Da bekanntlich nur die allerwenigsten Verdächtigen das Land verlassen, um sich einer Verhaftung zu entziehen, haben die Polizisten alle Zeit der Welt. Die meisten sind schlichtweg zu träge, verschwenderisch oder zu überheblich, um außerhalb der EU unter zu tauchen.

Niemand kann das Rennen auf Dauer gewinnen, auch das neue Crimenetwork nicht!

Gewinnen kann dieses Rennen weder der Hase noch der Igel. Dumm nur, dass unsere Welt immer digitaler wird und selbst Rentner heutzutage regelrecht zur Nutzung digitaler Werkzeuge gezwungen werden. Das und die Sparmaßnahmen vieler Unternehmen im IT-Bereich erleichtern den Cyberkriminellen ihr Handwerk.

Und Hand aufs Herz: Wo kann man sonst bei so wenig Aufwand in kürzester Zeit so viel Geld verdienen? Das Wissen liegt zwar nicht auf der Straße. Es steht den Interessenten aber beim CNW in Form von zumeist kostenpflichtigen Tutorials zur Verfügung. Und die Politik scheint weiterhin die Zeichen der Zeit zu verschlafen. Man müsste beim BKA, den LKAs etc. ein Vielfaches an fachkundigem Personal einstellen, um effektiver arbeiten zu können. Doch wer will dort bei der miesen Bezahlung freiwillig arbeiten, wenn sie/er in der freien Wirtschaft ein Vielfaches verdient? In dem Punkt besteht dringender Handlungsbedarf, koste es was es wolle!!!

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Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.