Der satirische Monatsrückblick für Februar 2016, unter anderem mit Julian Assange, JuliensBlog, dem Bundestrojaner und BND-Vize Guido Müller.
Selbst im Schaltjahr ist der Februar der kürzeste Monat des Jahres. Allerdings bot er trotzdem mehr als genug Zeit, um Blödsinn anzustellen, sich lächerlich zu machen und für reichlich Verwirrung zu sorgen – da muss man nur mal die üblichen Verdächtigen fragen. Wir blicken in diesem Monatsrückblick zurück auf 29 Tage, vollgestopft mit dem ganz alltäglichen und doch immer wieder neuen Wahnsinn.
Monatsrückblick für Februar
Ich sitz in meiner Botschaft, mitten in London…
Natürlich wieder in den Schlagzeilen war Julian Assange. Ich denke, wenn der Australier mal einen Monat ohne mediale Aufmerksamkeit auskommen müsste, würde er zu Staub zerfallen.
Allerdings war Anlass der Presse-Berichterstattung diesmal ein für Assange durchaus erfreulicher. Die UN stellte nämlich fest, dass Assanges nunmehr drei Jahre andauernder Zwangsaufenthalt in der ecuadorianischen Botschaft in London seine Menschenrechte verletzt. Allerdings ist das für den kontroversen Aktivisten bislang eher ein symbolischer Sieg, denn wann hätten sich Regierungen schon einmal um Kleinigkeiten wie Menschenrechte gekümmert, wenn es um Whistleblower, missliebige Aktivisten oder extremistische Cybers geht? Das muss ungefähr zu dem Zeitpunkt gewesen sein, als ich das letzte mal mit meinem zahmen Einhorn in der Hölle eine Schneeballschlacht gemacht und anschließend die Fotos davon auf einem stabilen Windows mit vernünftiger Benutzeroberfläche und funktionierendem Picture-Viewer sortiert habe…
Assange wird daher wohl noch weiter in der Botschaft ausharren müssen. Es sei denn, ich kann mein Einhorn überreden, mich auf ihm mit flammendem Schwert zur Rettung nach London reiten zu lassen…
Don’t keep calm, spy on
Wir sind alle bedroht. Spürt ihr es schon? Diesmal sind es nicht islamistische Terroristen, vor denen wir Angst haben müssen, sondern Online-Kriminelle, organisierte Verbrecher und, ihr ahnt es schon, extremistische Cybers. Und was macht man bei einer Bedrohung? Richtig, irgendwas blödes aktionistisches, das zwar wahrscheinlich wenig oder gar nichts bringt, aber wenigstens die Bürgerrechte gefährdet. Dieser Ratgeber wurde ihnen präsentiert von der Großen Koalition.
Angesichts dieser abstrakt konkret theoretisch potentiell satanarchäolygenialkohöllisch irgendwie erhöhten Bedrohungslage will die Bundesregierung nun die Vorratsdatenspeicherung auf Webservern erlauben. Passend dazu will Bayern dem Verfassungsschutz den Zugriff auf die Vorratsdaten erlauben. Datenspeicherung hilft schließlich gegen alles, von Terroranschlägen über extremistische Cybers bis hin zu steigenden Preisen an der Eisdiele. Und wen interessieren schon Datenschutz und Bürgerrechte? Allenfalls wohl mein Einhorn…
Julien und die braune Goldgrube
Mitunter allerdings treffen die Autoritäten auch ganz vernünftige Entscheidungen. YouTuber Julien (bekannt durch den Kanal „JuliensBlog“) wurde aufgrund seiner Ausfälle gegen streikende Bahn-Mitarbeiter vom Amtsgericht Tecklenburg wegen Volksverhetzung verurteilt. Dabei kann der erklärte Freund „schwarzen Humors“ noch froh sein, dass die Juristen sein Verständnis von lustigen Anspielungen nicht teilen, sonst hätte man ihn vermutlich ohne Umschweife ins Arbeitslager gesteckt oder an die Ostfront strafversetzt. Da aber irgendwer sich wie ein Erwachsener verhalten und ein bisschen Respekt vor der Vergangenheit zeigen muss, wurde der 27-jährige, wie sich das in einem zivilisierten Rechtsstaat gehört, zu einer Bewährungsstrafe und einer saftigen Geldbuße verurteilt.
Was mich allerdings fast ebenso beschäftigt wie Juliens geschmacklose Äußerungen über’s Vergasen ist die Höhe der gegen ihn verhängten Geldstrafe. Die nämlich beträgt 15.000 Euro. Das ist nicht so sehr bemerkenswert – bis man ins Urteil schaut und sieht, dass es sich um lediglich 60 Tagessätze handelt. Die Richter wollten Julien um zwei Monatseinkommen erleichtern. Wenn man davon ausgeht, dass sie das Einkommen des YouTube-Stars einigermaßen realistisch einschätzen, was bei YouTube-Werbeeinahmen nicht so schwer sein dürfte, heißt das, dass der Video-Star rund 7500 Euro im Monat verdient. Das dürfte einer Menge Menschen, die sich Tag ein, Tag aus im Job abmühen und immer noch wenig Geld nach hause bringen, zu denken geben (ich denke ein gepflegtes „dafuq“ umschreibt die Sache angemessen). Werdet lieber YouTuber, beleidigt Leute und macht geschmacklose Witze über den Holocaust, schon läuft’s mit dem Geld. Oder lieber… werdet es nicht. In einer Welt voller Juliens möchte glaube ich niemand von uns leben.
Deutschland sucht den Super-Programmierer
Eine Erfolgsmeldung kam in diesem Monat vom BKA. Die Behörde hat es angeblich, nach erheblichen Startschwierigkeiten, doch endlich geschafft, einen funktionierenden Bundestrojaner zu programmieren. Über die Qualität des Quellcodes kann natürlich nur spekuliert werden – es könnte sich auch durchaus um Quellkot handeln. Andererseits können sich die Schlapphüte nicht wesentlich dümmer angestellt haben als die vermeintlichen Profis, von denen sie die vorherige Software gekauft haben. Ich fürchte, so oder so bewegt sich das Ganze auf dem Niveau der kostenlosen Tools auf einer Computerbild-Heft-CD aus den frühen 2000ern (und damit meine ich nicht WinAMP, sondern eher die „super tolle Toolbar für leichtere Bedienbarkeit des Internet Explorer“). Wenn man Glück hat, funktioniert das Ganze auch genauso zuverlässig, dann finden Betroffene den Bundestrojaner anhand der vielen Abstürze oder des plötzlich ohne ersichtlichen Grund aufgebrauchten Arbeitsspeichers (bevor ihr jetzt in Panik geratet: das muss nicht unbedingt vom Bundestrojaner kommen, womöglich habt ihr auch einfach nur Windows 8)…
Wenn der Wächter die Wächter bewacht
Kennt ihr die schöne Redewendung „den Bock zum Gärtner machen“? Ein Paradebeispiel dafür scheint sich gerade in der Geheimdienst-Welt anzubahnen. BND-Vizechef Guido Müller möchte nämlich (anscheinend mit der Qualifikation, dass er schon in seiner aktuellen Position überfordert ist) Geheimdienst-Kontrolleur im Bundestag werden. Das ist in etwa so, als würde man Volker Beck das Crystal Meth mich die Nutella bewachen lassen. Bislang scheint die Politik von diesem Vorschlag eher semi-begeistert zu sein, aber man weiß ja nie. Ich habe schon Pferde mitten in die Auslage der Apotheke kotzen sehen – ganz zu schweigen von Einhörnern.
Allen Lesern einen schönen März!
Das war es wieder mit dem satirischen Monatsrückblick. Zeit, euch von all dem Irrsinn zu erholen, euer Einhorn zu kuscheln und den beginnenden Frühling zu genießen. Wir lesen uns nächsten Monat an gleicher Stelle wieder.
Tarnkappe.info