Netzpolitik.org hat ein Dokument geleakt. Demnach fordern einige EU-Länder die Vorratsdatenspeicherung für Messenger für 1 Jahr einzuführen.
Es scheint einigen EU-Staaten egal zu sein, dass sowohl das deutsche Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof auf EU-Ebene derartige Gesetze außer Kraft gesetzt haben. Eine flächendeckende Speicherung aller Daten durch die Internet-Anbieter ist nach den höchstrichterlichen Urteilen sowohl „unverhältnismäßig“ als auch „rechtswidrig„. Und während Schwarz-Rot in Berlin an der Umsetzung einer dreimonatigen Speicherfrist für ganz Deutschland arbeitet, gehen die Forderungen einiger EU-Staaten noch weit darüber hinaus. Sie fordern eine einjährige Vorratsdatenspeicherung für Messenger-Dienste und vieles mehr.
Vorratsdatenspeicherung soll auch Hosting-Anbieter, Domain-Registrare, VPN-Dienste und viele andere Firmen betreffen!
Demnach sollen nicht nur die ISPs, sondern alle möglichen Internet-Dienste die Daten ihrer Kunden für 12 Monate lang vorhalten. Da kaum jemand mehr SMS verschickt, soll die nächste Vorratsdatenspeicherung auch Messenger-Dienste wie Signal, Threema, Telegram, WhatsApp etc. beinhalten. Doch damit nicht genug.
Auf Dauer speichern sollen auch „Domain-Registrare, Hosting-Anbieter, Filesharing- und Cloud-Speicherdienste, Zahlungsdienstleister, Anbieter von VPN-Diensten*, Kryptowährungshändler, Vermittler von E-Commerce- und Finanzplattformen, Taxi- und Lebensmittellieferdienste und Gaming-Plattformen sowie Automobilhersteller.“ Das komplette Dokument haben kürzlich die Kollegen von Netzpolitik.org veröffentlicht.

VDS soll MAC-Adressen, den Standort und Kommunikationsdaten umfassen
Wenn man das durchsetzen sollte, wird es keine anonyme Nutzung mehr von VPN-Diensten geben. Von Messengern auch nicht mehr. Bisher ist der Zugriff auf derartige Daten stets mit einem konkreten Anlass (Tatverdacht) verknüpft. Die Vertreter einiger Staaten fordern sogar, dass die Anbieter auch die Seriennummern von Internet-Geräten nebst der Standortdaten (von Smartphones) vorhalten müssen.
Dazu kommt der Aufruf, auch die Kommunikationsdaten zu speichern. Dann könnte man hinterher sehen, wer wann und auch wie oft mit wem in Verbindung gestanden hat. Einige Staaten befürworten noch „längere Aufbewahrungsfristen (als 12 Monate) für komplexe Ermittlungen oder sehr schwere Straftaten“.

Auch Metadaten? Ausweitung auf alle Online-Delikte?
Die EU-Staaten betonen nun, dass auch die Auswertung von Metadaten für die Ermittlung praktisch aller Straftaten relevant sein könnten. Zwar sollen die Behörden die Vorratsdatenspeicherung vor allem bei schweren Straftaten nutzen. Doch was man als eine schwere Straftat bezeichnet, soll jedes Land für sich definieren dürfen. Die Begehrlichkeiten wurden schon geweckt. So wurde schon die Forderung laut, die Daten bei allen Straftaten preisgeben zu müssen, wenn diese mutmaßlich online begangen wurden.
Wie die EU ihr Gesetzespaket rechtskonform gestalten will, zumal die Gerichte ja schon die vorherigen Gesetze einkassiert haben, die nicht so weitreichend waren, bleibt das Geheimnis der Abgeordneten. Einige Staaten fordern, die Rechtsprechung der Gerichte neu zu interpretieren. Sie wollen „die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit angesichts der technologischen Entwicklungen und der sich wandelnden Begehungsweisen von Straftaten neu bewerten“. Was das in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung bedeuten würde, kann sich bestimmt jeder an seinen eigenen zehn Fingern abzählen.
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