Überwachung unseres Alltags: Der Handel mit Standortdaten bedroht nicht nur unsere Privatsphäre, sondern auch die nationale Sicherheit.
In einer Zeit, in der Smartphones unsere ständigen Begleiter sind, hat sich ein sehr lukrativer Markt entwickelt: der Handel mit unseren Standortdaten. Was man vielleicht nicht weiß: Mit jedem Klick auf „Zustimmen“ bei App-Berechtigungen öffnet man möglicherweise Tür und Tor für eine umfassende Überwachung unseres Alltags. Ein aktueller Fall zeigt, wie weitreichend die Folgen für unsere Privatsphäre und sogar die nationale Sicherheit sein können.
Der große Datenschatz: Was Bewegungsprofile über uns verraten
Stell dir vor, jemand könnte deinen gesamten Tagesablauf verfolgen. Von deinem Wohnort über deinen Arbeitsplatz bis hin zu Arztbesuchen oder Freizeitaktivitäten. Genau das ermöglichen die Standortdaten, die ein amerikanisches Unternehmen zum Verkauf anbietet. Mit sage und schreibe 3,6 Milliarden Datenpunkten von rund 11 Millionen Geräten in Deutschland wird praktisch jeder Winkel des Landes abgedeckt.
Die Genauigkeit dieser Daten ist erschreckend. Es lassen sich nicht nur Routinen erkennen, sondern auch sensible Informationen wie Besuche in Suchtkliniken oder Bordellen. In einigen Fällen war es sogar möglich, Personen anhand ihrer Telefonbuchadresse eindeutig zu identifizieren.
Standortdaten-Verkauf: Wie kommen die Daten auf den Markt?
Der Weg unserer Standortdaten in die Hände von Datenhändlern beginnt oft harmlos: mit der Installation einer App. Viele Apps verlangen Zugriff auf den Standort und die Erlaubnis, die Daten für Werbezwecke zu nutzen. Wer dem zustimmt, dessen Daten landen schnell auf dem internationalen Datenmarkt. Das zeigen aktuelle Recherchen von netzpolitik.org und BR (Bayerischer Rundfunk).
Aber ist diese Einwilligung rechtmäßig? Datenschutzbehörden bezweifeln, dass die gängige Einwilligungspraxis den strengen Anforderungen der DSGVO genügt. Hier tut sich eine rechtliche Grauzone auf, die dringend geklärt werden muss.
Die Enthüllungen rund um den Standortdaten-Verkauf haben eine Welle der Besorgnis ausgelöst. Das Bundesverbraucherministerium warnt davor, die Kontrolle über die eigenen Daten zu verlieren, sobald diese an Werbenetzwerke weitergegeben werden. Verbraucherschützer gehen noch weiter: Ramona Pop von Verbraucherzentrale Bundesverband fordert ein komplettes Verbot von Tracking und Profiling zu Werbezwecken.
Auch aus der Politik kommen klare Stimmen. Konstantin von Notz (Grüne) und Roderich Kiesewetter (CDU) sehen dringenden Handlungsbedarf. Sie fordern nicht nur ein Verbot des Sammelns und Verkaufens von Standortdaten, sondern auch eine strengere Regulierung von Datenmarktplätzen. Das Ziel: die Menschen vor Datenmissbrauch durch fremde Staaten zu schützen.
Mehr als unsere Privatsphäre: Die nationale Sicherheit ist in Gefahr
Die Brisanz der Situation geht weit über individuelle Datenschutzbelange hinaus. Das Rechercheteam konnte mittels der Standortdaten einige Bewegungsprofile von Menschen in sicherheitsrelevanten Positionen identifizieren – darunter ein Mitarbeiter eines deutschen Geheimdienstes und eine hochrangige Person eines Bundesministeriums.
Die möglichen Folgen sind alarmierend: Fremde Geheimdienste könnten diese Daten für Spionage oder Sabotage nutzen. Konstantin von Notz spricht von einem „Sicherheitsproblem“ und fordert dringend Maßnahmen gegen den unkontrollierten Datenhandel.
Standortdaten-Verkauf: Schutzmaßnahmen für den Alltag
Angesichts dieser Bedrohung stellt sich die Frage: Wie kann man sich schützen? Hier einige praktische Tipps:
- Überprüfe regelmäßig die Berechtigungen deiner Apps.
- Verweigere Apps den Zugriff auf deinen Standort, wenn dies nicht unbedingt erforderlich ist.
- Lösche oder sperre deine individuelle Werbe-ID.
- Nutze das Tool (Databroker-Checker) von netzpolitik.org, um zu prüfen, ob dein Gerät in den Datensätzen auftaucht.
Besonders gefährdet ist man, wenn man seinen Apps sowohl den Zugriff auf den Standort als auch die Weitergabe der Daten zu Werbezwecken erlaubt hat.
Der Handel mit Standortdaten ist ein wachsendes Problem, das unsere Privatsphäre und sogar die nationale Sicherheit bedroht. Es liegt an uns allen – Nutzern wie dir und mir, Unternehmen und Gesetzgebern – Lösungen zu finden, die unsere persönlichen Daten schützen.