Telekommunikationskonzept mit abstrakter Netzwerkstruktur
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Bildquelle: Funtap, Lizenz

Vorratsdatenspeicherung erneut im Fokus: Ereignisse in Magdeburg haben Konsequenzen

Mit einer politischen Aufarbeitung des Weihnachtsmarkt-Anschlags in Magdeburg ist die Vorratsdatenspeicherung erneut im Fokus.

Nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag in Magdeburg berät die Politik aktuell über mögliche Konsequenzen für die innere Sicherheit. Mit der Frage, ob der tödliche Anschlag hätte verhindert werden können, beschäftigte sich in einer Sondersitzung am 30.12.2024 in Berlin der Innenausschuss des Bundestags. Für die Teilnehmer stand das Thema Vorratsdatenspeicherung dabei erneut im Fokus.

In Magdeburg hatte der 50-jährige Taleb A. aus Saudi-Arabien mit einem geliehenen SUV auf dem Weihnachtsmarkt fünf Menschen getötet und ca. 230 verletzt. Allerdings fiel der Attentäter den Sicherheitsbehörden bereits vor seiner Todesfahrt auf.

Der Mann soll seine Meinungen für jeden sichtbar auf der Plattform X verbreitet haben. Zudem war er mehrfach verurteilt und es gab früher Gefährderansprachen. Bei einer Gefährderansprache handelt es sich um ein konfrontatives Gespräch der Polizei. Man will dem Gefährder verdeutlichen, dass die Behörden sein Verhalten sorgfältig beobachten und man entschlossen ist, gegebenenfalls entschiedene Maßnahmen gegen weiteres Fehlverhalten zu ergreifen. Allerdings kam es in der Vergangenheit bereits trotz aktivierter Vorratsdatenspeicherung zu vergleichbaren Attentaten.

Nun befindet sich Taleb A. in Untersuchungshaft in der Justizvollzuganstalt in Burg. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm fünffachen Mord und mehrfachen versuchten Mord vor.

Vorratsdatenspeicherung erneut im Fokus: Ereignisse in Magdeburg haben Konsequenzen
Vorratsdatenspeicherung erneut im Fokus: Die Ereignisse in Magdeburg haben Konsequenzen

Teilnehmer der Sondersitzung waren Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die Chefs des Bundeskriminalamts, des Bundesamts für Verfassungsschutz, des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und mehrere Vertreter des Landes Sachsen-Anhalt. Für sie stellte sich u.a. die Frage, warum Taleb A. trotz seiner Vorgeschichten nicht aktuell als Gefährder eingestuft war.

Ausdehnung der Befugnisse von Sicherheitsbehörden angedacht

Offenbar gelang es dem mutmaßlichen Täter unter dem Radar zu bleiben, da er kein klassischer Islamist gewesen sei und nicht in die Kategorie der Rechtsextremisten etc. fiel. In erster Linie ging es in der Sitzung jedoch um Aufklärung und mögliche Versäumnisse beim Informationsaustausch. CDU/CSU und SPD waren sich einig darin, den Sicherheitsbehörden weitergehende Befugnisse einzuräumen. Vor diesem Hintergrund stehen erneute Forderungen hinsichtlich einer Vorratsdatenspeicherung im Raum.

Forderungen nach Vorratsdatenspeicherung stehen erneut im Fokus

Wie heise online berichtet, räumte Bundesinnenministerin Nancy Faeser zwar ein, „dass weder Gesichtserkennungsdatenbanken wie im Sicherheitspaket vorgesehen noch Vorratsdatenspeicherung im konkreten Fall für Abhilfe gesorgt hätten“. Schließlich postete der Beschuldigte seine Äußerungen auf X unter seinem realen Namen. Gemäß Heise sprach sich die Rest-Bundesregierung aus SPD und Grünen dennoch dafür aus.

In gleicher Weise äußerte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann: „Die Speicherung von IP-Adressen ist im Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus von entscheidender Bedeutung. Die Bundesregierung wäre bereit, diese einzuführen.“ Die Kollegen von heise online weisen darauf hin, die „Bundesländer und die Unionsfraktion hatten die Einführung gefordert und zur Bedingung für ihre Zustimmung zu den noch nicht verabschiedeten Sicherheitspaket-Gesetzen gemacht“.

Pro und Kontra zur Vorratsdatenspeicherung

Konstantin Kuhle, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, kritisierte:

„Die Diskussion über die sogenannte Vorratsdatenspeicherung ist in diesem Zusammenhang ein reines Ablenkungsmanöver. Vielmehr sollte man sich mit der Frage befassen, wie die Zusammenarbeit der zahlreichen deutschen Sicherheitsbehörden verbessert werden kann — etwa durch eine Föderalismusreform im Bereich der inneren Sicherheit oder durch die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für den Datenaustausch zwischen Bund und Ländern in gemeinsamen Zentren wie dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ).“

Auch Konstantin von Notz, Innenexperte und stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Bundestag, wies Forderungen nach einer Vorratsdatenspeicherung-Einführung zurück. „Die Behörden haben ja offenbar nicht mal die öffentlichen Tweets dieses Mannes gelesen. Man hat hier kein Defizit an Durchgriffsoptionen, man hat ein Handlungsdefizit.“

DPolG-Vorsitzender Rainer Wendt macht sich hingegen für die Vorratsdatenspeicherung stark:

„Die vielen widersprüchlichen Informationen über den Attentäter müssen zusammengetragen und sachgerecht ausgewertet werden, das braucht seine Zeit. Das gilt übrigens auch für die Beurteilung der Sicherheitsmaßnahmen rund um den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. […] Bei aller Trauer und Betroffenheit muss es aber auch darum gehen, nicht wieder in politisches Gezänk zu verfallen, wir dürfen nicht zur Tagesordnung übergehen, sondern sollten alle erforderlichen Maßnahmen sorgfältig prüfen und dann aber endlich auch handeln. Es ist immer noch beschämend, dass die Polizei auf Handyvideos von Betroffenen und Zeugen angewiesen ist und die Kommunikationsvergangenheit des Verdächtigen eine totale Blackbox ist, weil die Vorratsdatenspeicherung noch immer fehlt.“

Die AfD, vertreten durch ihren innenpolitischen Sprecher Dr. Gottfried Curio, sieht die Lösung der Ereignisse in Magdeburg vor allem in der Ausweisung straffällig gewordener Ausländer. Das schrieb Curio bei X. Zudem zeigt die Partei gemäß heise.de die Bereitschaft, über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung zu diskutieren.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.