Morgen entscheidet der Europäische Gerichtshof wahrscheinlich endgültig über die Legalität der Vorratsdatenspeicherung (VDS) in Deutschland.
War das das dann endgültig mit dem Thema Vorratsdatenspeicherung? Am morgigen Dienstag fällt für die Rechtssachen C-793/19 und C-794/19 ein Urteil vom EuGH, welches konkret die deutsche Rechtsprechung betreffen wird. Möglicherweise ist die juristische Schlacht um die VDS dann endgültig ausgetragen. Ursache war eine Klage des deutschen Internetproviders SpaceNet AG bzw. des Verbandes der Internetwirtschaft, eco. Außerdem gibt es ein Parallelverfahren der Telekom Deutschland GmbH.
War es das mit der Vorratsdatenspeicherung?
Beide Klagen richten sich gegen die seit 2017 ausgesetzte deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung. Vorherige Urteile lassen allerdings schon erahnen, dass eine vollständige und zudem anlasslose Speicherung aller Verkehrsdaten für ein halbes Jahr nicht mit den Grundrechten der EU in Einklang gebracht werden kann.
Auch wenn man damit nicht den Inhalt der Kommunikation, beispielsweise eines Geprächs, erhalten kann. So ist doch bekannt, wie mächtig Kommunikationsdaten sein können. Das weiß z.B. auch der US-Geheimdienst NSA.
Wenn man weiß, wo jemand zu einer bestimmten Uhrzeit jede Woche war, weil sich dort sein Handy eingebucht hat, von dem kann man ein Bewegungsprofil erstellen. Es ist mithilfe der Daten aus der Vorratsdatenspeicherung zudem trivial, alle Kommunikationspartner zu erhalten und vieles mehr.
Verkehrs- und Standortdaten sind mächtige Werkzeuge
Aktuell müssen die Anbieter die Verkehrsdaten ihrer Kunden für zehn Wochen und Standortdaten für lediglich vier Wochen speichern. Fragt eine Behörde zu spät an, geht sie leer aus. Deswegen wollen manche Politiker und Verteter von Polizeigewerkschaften am liebsten die Speicherfrist auf ein halbes Jahr ausweiten. Im Idealfall noch für länger.
Der Datenschutz-Verein Digitalcourage erwartet das Urteil ebenfalls mit Spannung. Der Vorsitzende padeluun kommentiert die (mögliche) Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung wie folgt:
„Eine anlasslose Speicherung von Verkehrsdaten ist keine rechtsstaatliche Ermittlungsmaßnahme, sondern – egal wie man es dreht oder wendet – eine grundrechtswidrige Massenüberwachung der gesamten Bevölkerung.
Ein Polizeibeamter des Landeskriminalamts Niedersachsen brachte es Digitalcourage gegenüber auf den Punkt: Er sei Ermittler, aber nicht Überwacher. Denn auch er wolle nicht, dass seine Kinder in einer Überwachungsgesellschaft aufwachsen.“
Digitalcourage
Die Polizei als Überwacher oder Ermittler?
Man wird sehen, ob der EuGh morgen seinen Teil zu einer offenen und freien oder vielmehr zu einer Überwachungsgesellschaft beitragen wird. Rena Tangens von Digitalcourage hat dazu in einem aktuellen Podcast den SpaceNet-Gründer Sebastian von Bomhard befragt, warum sein Unternehmen überhaupt die Klage gegen die VDS anstrengt. Ursprünglich ging es dem ISP aus München nur um eine Bescheinigung vom zuständigen Verwaltungsgericht.
Auf der Webseite von SpaceNet kann man sich die Chronik dieser juristischen Auseinandersetzung im Detail anschauen. Eine weitere Chronik der Ereignisse kann man hier einsehen.