Der neue Bundestrojaner des BKA soll bald einsatzbereit sein. Experten bezweifeln aber, ob die Software auch verfassungsgemäß ist.
Eine neue Software für das Eindringen von Ermittlern in die Rechner verdächtiger – ein sogenannter „Bundestrojaner“ – soll Medienberichten zufolge bald einsatzbereit sein. Kritiker sind allerdings nach wie vor skeptisch, ob die neu entwickelte Software auch verfassungsgemäß ist.
Bundestrojaner bereit zum Einsatz?
Der neue Bundestrojaner soll angeblich schon in Kürze genehmigt werden und dann eingesetzt werden können. Das berichtet der Deutschlandfunk unter Berufung auf interne Quellen im Bundeskriminalamt (BKA) und dem Bundesinnenministerium. Schon im Laufe dieser Woche könnte die Software demnach die Freigabe für den Einsatz erhalten. Die deutschen Behörden waren verpflichtet worden, den neuen Bundestrojaner selbst zu entwickeln, nachdem bei zuvor verwendeten Lösungen kommerzieller Anbieter massive Sicherheitsmängel und ein großes Missbrauchspotential dokumentiert worden waren. Eigentlich hatte die Software schon im Herbst 2015 fertig sein sollen. Das BKA tat sich aber schwer mit der Entwicklung, was für Verzögerungen sorgte.
Nur für die Quellen-TKÜ gedacht
Der nun fertig gestellte Bundestrojaner ist nach Angaben der Behörden nur für die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) gedacht. Dabei werden Kommunikationsinhalte (etwa E-Mails, Instant Messages oder VoIP-Telefonate) direkt auf dem Rechner des Verdächtigen abgegriffen. Also noch bevor während der Übertragung eine Verschlüsselung wirksam wird.
Nicht geplant ist demnach der Einsatz des Trojaners für die sogenannte Online-Durchsuchung. Bei dieser sucht man auf dem Rechner des Verdächtigen gezielt nach belastendem Material in Form von Dateien oder Logs. Die Online-Durchsuchung wurde 2008 vom Bundesverfassungsgericht – außer in Fällen, in denen „überragend wichtige Rechtsgüter“ bedroht sind, und auch dann nur unter strengen Auflagen – verboten. Dabei wurde sogar ein neues Grundrecht, das Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (umgangssprachlich auch „IT-Grundrecht“ oder „Grundrecht auf digitale Intimsphäre“ genannt), definiert. Seitdem liegt die Maßnahme auf Eis. Einige konservative Politiker und Ermittler-Vertreter haben sich allerdings in den letzten Jahren dafür ausgesprochen, die Online-Durchsuchung in modifizierter Form oder für die angesprochenen besonderen Fälle wieder einzuführen.
Kritik vom Chaos Computer Club
Kritiker sind in Bezug auf den neuen Bundestrojaner mehr als skeptisch. Kritik kommt unter anderem vom Chaos Computer Club (CCC), der maßgeblich zum Aufdecken der massiven Schwächen beim alten Bundestrojaner beitrug. So ist es nach Ansicht der Hacker-Vereinigung nicht möglich, die Software wirklich wirksam auf die Quellen-TKÜ zu beschränken. „Die prinzipielle Unterscheidung zwischen einem Trojaner, der nur Kommunikation ausleiten soll und einem, der generell auch zum Beispiel zur Raumüberwachung geeignet ist, ist nicht zu treffen“, sagte Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Clubs, dem Deutschlandfunk, „Letzten Endes ist ein Trojaner, der, sagen wir mal, Skype abhören soll, ein Raumüberwachungstrojaner, der nur zufällig nur dann angeht, wenn Skype gerade läuft. Technisch gibt es da keine großen Unterschiede.“
Das Bundeskriminalamt hatte in seinem Urteil technische Beschränkungen für staatliche Überwachungs-Software gefordert, die einen Missbrauch verhindern sollen. Rieger zeigte sich im Interview sehr skeptisch, dass die neue Software des BKA diese Vorgaben erfüllen kann. Die Entwicklung des Bundestrojaner bleibt also abzuwarten.
Tarnkappe.info