Digitale Aufrüstung: Der Bundespolizei sollen laut neuem Gesetz weitreichende Überwachungswerkzeuge wie Staatstrojaner, Drohnen und stille SMS zur Verfügung stehen.
Digitale Aufrüstung: Der Bundespolizei sollen laut neuem Gesetz weitreichende Überwachungswerkzeuge wie Staatstrojaner, Drohnen und stille SMS zur Verfügung stehen.
Bildquelle: ChatGPT

Bundes-Trojaner Reloaded: Dobrindt will Bundespolizei zum Hackerstaat machen

Bundes-Trojaner Reloaded: Dobrindt will die Bundespolizei zu Hackern machen. Der neue Entwurf erlaubt Überwachung ohne Verdacht.

Während viele Bürger noch in der Sommerpause sind, zündet Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) die nächste Stufe beim Ausbau staatlicher Überwachungsbefugnisse. „Bundes-Trojaner Reloaded“ – so könnte der neue Albtraum für Datenschutzfreunde lauten. Der aktuelle Referentenentwurf zur Modernisierung des Bundespolizeigesetzes gleicht einem Wunschzettel autoritärer Sicherheitsapparate: Hacken, spähen, drohnen, sammeln – fast alles ist erlaubt, Hauptsache es „dient der Gefahrenabwehr“. Selbst unverdächtige Personen geraten ins Visier der Bundespolizei, präventiv und automatisiert.

Bundes-Trojaner Reloaded: Hacken, hören, speichern – alles erlaubt?

Netzpolitik.org veröffentlichte das brisante Dokument, das nun für massive Diskussionen sorgt. Der 170-seitigen Referentenentwurf aus dem Bundesinnenministerium verspricht eine „Modernisierung“ des Bundespolizeigesetzes, liest sich jedoch wie das Drehbuch zur nächsten Stufe in Richtung Überwachungsstaat.

Erstmals soll die Bundespolizei per Gesetz Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) einsetzen dürfen. Dahinter verbirgt sich die digitale Spitzelausstattung für den direkten Zugriff auf laufende, auch verschlüsselte Kommunikation – z. B. bei WhatsApp, Signal, Threema oder Video-Calls.

Dabei dürfen Geräte wie Handys und Computer heimlich infiltriert, Trojaner aufgespielt und Kommunikation bereits vor der Verschlüsselung oder nach der Entschlüsselung abgegriffen werden können. Zwar behauptet das Innenministerium, der „Kernbereich privater Lebensgestaltung“ bleibe geschützt, doch wie das in der Praxis technisch sichergestellt werden soll, bleibt nebulös. Das Vertrauen in digitale Kommunikation dürfte durch „Bundes-Trojaner Reloaded“ endgültig erschüttert werden.

Präventive Totalüberwachung: Verdacht war gestern

Was bisher nur bei konkretem Tatverdacht möglich war, soll künftig auch präventiv erlaubt sein – etwa wenn laut Entwurf eine „konkrete Wahrscheinlichkeit“ für eine geplante Schleusung oder eine Bahnhofsattacke besteht. Auch ohne konkrete Straftat oder Beschuldigtenstatus dürfen dann Smartphones geknackt und Kommunikation aufgezeichnet werden. Das bedeutet de facto: Generalverdacht durch die Hintertür. Betroffen sind nicht nur Zielpersonen, sondern auch deren Kontakte. Ein weiter Anwendungsbereich, der Tür und Tor für Überwachung auf Vorrat öffnet.

Fluggastdaten, stille SMS, Drohnen: Überwachung im XXL-Format

Die Bundespolizei soll künftig nicht nur leichter an Fluggastdaten von Flügen über die Schengen-Außengrenzen kommen – ganz ohne Anordnung. Ferner darf sie Bestands-, Nutzungs- und Verkehrsdaten massenhaft erheben dürfen, eigene Drohnen zur Überwachung einsetzen, fremde Fluggeräte abwehren, IMSI-Catcher verwenden, stille SMS zur Ortung verschicken sowie Meldeauflagen und Aufenthaltsverbote verhängen – auch präventiv.

Doch damit nicht genug: Selbst bestehende Überwachungsmaßnahmen will man deutlich ausbauen. Dazu zählen etwa das Filmen mit Bodycams, die automatisierte Erfassung von Kfz-Kennzeichen, der verstärkte Einsatz von Vertrauenspersonen und verdeckten Ermittlern sowie der Ausbau einer staatlichen DNA-Datenbank.

Zudem darf die Bundespolizei personenbezogene Ermittlungsdateien ohne Zustimmung des Innenministeriums oder der Datenschutzbeauftragten anlegen. Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber spricht laut netzpolitik.org vom „Wegfall eines wichtigen datenschutzrechtlichen Kontrollinstruments“ – eine Entmachtung des Datenschutzes par excellence.

Bundes-Trojaner Reloaded: Dobrindt will Bundespolizei zum Hackerstaat machen
Bundes-Trojaner Reloaded: Dobrindt will Bundespolizei zum Hackerstaat machen

Palantir im Hintergrund: Datenflut trifft auf US-Überwachungstechnologie

Parallel zur Gesetzesinitiative prüft Dobrindts Ministerium laut einem Bericht auf LTO.de, ob das umstrittene Datenanalyseprogramm Palantir künftig auch bundesweit von der Bundespolizei genutzt werden soll. Die Software wird bereits in mehreren Bundesländern eingesetzt. Sie soll riesige Datenmengen automatisch zusammenführen, analysieren und der Polizei zur Rasterfahndung servieren – ein digitaler Überwachungsapparat ohne Kontrollinstanz.

Datenschützer warnen seit Jahren vor dem US-Anbieter mit engen Verbindungen zu US-Geheimdiensten und Trump-nahen Kreisen. Gemäß weiterem LTO-Bericht hält u.a. die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) die Zusammenführung und Auswertung der Daten mit der Software von Palantir für verfassungswidrig und erhob bereits Ver­fas­sungs­be­schwerde gegen den Ein­satz.

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Bundes-Trojaner & Co. – verfassungsrechtlich auf wackeligen Füßen: Verfassungsbruch mit Ansage?

Mehrere Punkte des Entwurfs bewegen sich auf dünnem Eis: Sowohl die „Quellen-TKÜ plus“ als auch die Nutzung von Palantir sind schon Gegenstand anhängiger Verfassungsbeschwerden. Das Bundesverfassungsgericht hat in früheren Urteilen bereits enge Grenzen für heimliche Überwachung gezogen – insbesondere beim Zugriff auf gespeicherte Daten und bei präventiven Maßnahmen.

Dennoch will Dobrindt Fakten schaffen, bevor Karlsruhe entschieden hat. Eine verfassungsrechtliche Klärung steht damit in grellem Widerspruch zur politischen Eile. Vor allem der Zugriff auf retrograd gespeicherte Daten ist juristisch heikel – wird aber in der Praxis durch die „Quellen-TKÜ plus“ möglicherweise ausgehebelt.

Die Ampel hatte 2023 einen reformierten Entwurf mit Transparenzpflichten und Kontrollquittungen vorgelegt – Dobrindt streicht genau diese Punkte wieder. Kennzeichnungspflicht für Beamte? Fehlanzeige.

Kritik aus allen Richtungen – außer der Union

Die innenpolitische Sprecherin der Linken, Clara Bünger, warnt gegenüber netzpolitik.org vor einem „klaren Schritt in Richtung autoritärer Kontrolle“. Auch SPD und Grüne äußern scharfe Kritik, besonders an der möglichen Kooperation mit Palantir. Datenschützer kritisieren den Wegfall von Kontrollmechanismen. Doch Unterstützung kommt von CDU/CSU und der Deutschen Polizeigewerkschaft, die lieber heute als morgen losüberwachen wollen.

Einmal mehr wird klar: Die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit steht auf dem Spiel.

Fazit: Bundes-Trojaner für alle – der große Lauschangriff 2.0?

„Bundes-Trojaner Reloaded“ ist keine schlichte Gesetzesreform. Es ist der Versuch, Bürgerrechte gegen Sicherheitsfantasien einzutauschen. Was unter dem Deckmantel „Modernisierung“ daherkommt, ist in Wahrheit ein massiver Ausbau staatlicher Eingriffsbefugnisse – und ein Frontalangriff auf die digitale Privatsphäre. Das neue Bundespolizeigesetz soll Sicherheitslücken schließen, doch in Wirklichkeit öffnet es neue: für staatliche Willkür, für verfassungsrechtliche Grenzüberschreitungen und für einen Überwachungsstaat, der nicht mehr unterscheidet zwischen Täter, Verdächtigem und völlig Unbeteiligten.

Die kurze Stellungnahmefrist mitten in der Sommerpause verstärkt den Eindruck: Dieser Entwurf soll ohne großes Aufsehen durchgewunken werden. Wenn er durchgeht, erleben wir nicht nur eine technische Aufrüstung der Bundespolizei, sondern eine politische Entgrenzung staatlicher Macht.

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Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.