Die Berliner CDU und SPD wollen der Polizei den Staatstrojaner-Einsatz in Zukunft auch gestatten, um einer möglichen Straftat zuvorzukommen.
Wer in Deutschland eine Straftat begeht, muss damit rechnen, per Staatstrojaner auf dem eigenen Smartphone von der Polizei beobachtet zu werden. Die Rechtsgrundlage dafür besteht schon seit Jahren. Der Großen Koalition in Berlin scheint das jedoch nicht mehr zu reichen. Sie will die Befugnisse ausweiten, sodass Strafverfolger bald proaktiv einschreiten können.
Von der Aufklärung von Straftaten zur Totalüberwachung
Staatstrojaner und die für ihren Einsatz erforderliche Rechtsgrundlage sind insbesondere in Deutschland seit jeher umstritten. Während so manch ein Politiker darin ein geeignetes Werkzeug zur Aufklärung von Straftaten sieht, erkennen Datenschützer darin einen bedeutsamen Schritt hin zur Totalüberwachung der Bürger.
Dass letzteres Szenario mehr als nur eine haltlose Befürchtung ist, zeigt ein neuer Vorstoß, der genau in diese Richtung weist. Denn einem Bericht von Netzpolitik.org zufolge wollen CDU und SPD der Polizei in Berlin weitere Befugnisse im Umgang mit dem Staatstrojaner einräumen. Demnach sollen Ermittler die Software schon einsetzen dürfen, bevor es überhaupt zu einer Straftat kam.
Große Koalition in Berlin will Staatstrojaner-Einsatz ausweiten
Im Anfang dieser Woche vorgestellten Koalitionsvertrag der Berliner CDU und SPD heißt es auszugsweise:
“Wir werden Ergänzungen mit dem Ziel prüfen, aufgrund richterlicher Anordnung Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchungen zur Bekämpfung terroristischer Straftaten und schwerster Straftaten im Bereich der organisierten Kriminalität einsetzen zu können.”
Koalitionsvertrag der Berliner Parteien CDU und SPD
Da das Gesetz bereits seit 2017 jeglicher Polizei in Deutschland gestattet, den Staatstrojaner einzusetzen, erscheint diese Aussage zunächst etwas verwirrend. Tatsächlich haben auch Strafverfolger aus Berlin bereits Gebrauch davon gemacht.
Angesichts dieser Tatsache hat Netzpolitik.org bei der Senatsverwaltung für Inneres einmal genauer nachgefragt, was die Große Koalition in diesem Kontext genau beabsichtigt. Und die Antwort zeigt, in welche Richtung sich die Debatte rund um den Staatstrojaner entwickelt:
“Zur Verhinderung zukünftiger Straftaten kann die Polizei Berlin […] weder die Quellen-TKÜ noch die Online-Durchsuchung einsetzen. Dazu wäre erst eine Ergänzung des ASOG erforderlich.”
Berliner Senatsverwaltung für Inneres
Polizei soll Staatstrojaner vorbeugend einsetzen dürfen
Konkret bedeutet dies, dass die Berliner Polizei den Staatstrojaner in Zukunft auch einsetzen können soll, um einer möglichen Straftat vorzubeugen. Und das nicht mehr nur in Bezug auf Terrorismus, wie es bereits seit 2009 erlaubt ist. Auch beispielsweise Drogendelikten will man damit in Zukunft zuvorkommen.
Damit erhalten die Behörden prinzipiell einen Freifahrtschein, um alles und jeden zu hacken und zu überwachen, der verdächtig erscheint. Selbst jene Personen, die sich noch gar nichts haben zu Schulden kommen lassen.
Einen ähnlichen Vorstoß gab es bereits vor zwei Jahren auf Bundesebene. Damals beschloss der Bundestag ein Gesetz, das die Befugnisse der Polizei, den Staatstrojaner umfassender einzusetzen, ausweiten sollte. Glücklicherweise spielte der Bundesrat damals noch nicht mit. Wir dürfen gespannt bleiben, was Berlin nun daraus macht.