BKA geht mit Razzien gegen New World Order wegen Cybermobbing vor
BKA geht mit Razzien gegen New World Order wegen Cybermobbing vor
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BKA geht mit Razzien gegen New World Order wegen Cybermobbing vor

Mit Razzien ging das ZIT und das BKA gegen Mitglieder von New World Order wegen Digitaler Verfolgung, Bedrohung und Beleidigung im Netz vor.

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT), und das Bundeskriminalamt (BKA) gingen heute gegen Cybermobbing und Cyberstalking vor. Im Auftrag der ZIT erfolgten am Dienstag in den frühen Morgenstunden Razzien in insgesamt zehn Wohnungen bei mutmaßlichen Mitgliedern der Online-Gruppierung New World Order. Dabei stellten die Einsatzkräfte zahlreiche elektronische Geräte und Speichermedien sicher, die es jetzt noch auszuwerten gilt.

Cybermobbing durch New World Order bedingte Razzien durch BKA

Die Generalstaatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten im Alter zwischen 20 und 40 Jahren vor, „sich als Rädelsführer an einer kriminellen Vereinigung beteiligt zu haben“. Deren Zweck wäre darauf gerichtet, „Straftaten zu begehen wie u.a. systematisches Cybermobbing und Cyberstalking“. Razzien erfolgten dabei in Bayern, Berlin, Brandenburg, Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen.

Wie das BKA in einer Pressemitteilung informierte, schlossen sich Gleichgesinnte ausschließlich virtuell in der Vereinigung New World Order zusammen. Deren Anführer wählten in zahlreichen Fällen Personen aus der Online-Streamer-Szene als Opfer (sog. „Masken“) aus. Mittels sozialer Medien verfolgten, bedrohten und beleidigten mutmaßlich die Vereinsmitglieder solche Auserwählten. Besonders häufig traf dies Menschen mit Beeinträchtigungen, wie vulnerable oder kognitiv beeinträchtigte Menschen.

In den Kommentarfunktionen stellten die Ermittler „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen oder volksverhetzende Inhalte“ fest. Als Ziel der Vereinigung führte das BKA die Verhöhnung von Opfern an. Mitglieder von New World Order wollten sie um die Aufgabe ihrer Online-Präsenz zu bringen (sog. „Masken-Games“).

New World Order soll Notruf-Missbrauch gegen ausgewählte Opfer verursacht haben

Die Mitglieder von New World Order sollen versucht haben, personenbezogene Daten der Geschädigten auszukundschaften. In sogenannten Doxing-Events gelangten diese dann an die Öffentlichkeit. Wie das BKA mitteilte, erhielten sie die Informationen u.a. mittels manipulierte („gespoofte“) Telefonnummern. Um die Daten letztlich zu erlangen, verwendeten sie falsche Identitäten und bezogen diese dann aus öffentlichen und nicht-öffentlichen Datenbanken sowie von Behörden.

Sind die Mitglieder von New World Order einmal an die realen Adressen ihrer Opfer gekommen, sollen sie anschließend Notrufe wie den der Feuerwehr missbraucht haben und einen vermeintlichen Brand gemeldet haben. Zudem sollen sie den „Gasstördienst aufgrund eines vermeintlichen Gasgeruchs aus der Wohnung der Geschädigten“ informiert haben. Aber auch die Polizei sei schon gerufen worden wegen eines vermeintlich stattfindenden Gewaltverbrechens. Ziel letzterer Aktion sei Swatting, also dass die „Polizei während des Livestreams mittels Spezialkräften in die Wohnung der Geschädigten eindringt und diese festnimmt“.

Cybermobbing in allen Facetten: Hater versus Drachenlord

Als ziemlich prominentes Beispiel, das vehementem Cybermobbing ausgesetzt war bzw. immer noch ist, ist der ehemalige YouTuber Rainer Winkler, bekannt unter dem Namen Drachenlord. Ähnlich wie in den oben erwähnten Beispielen haben auch hier seine Hater, egal wie oft er umzog, seine Telefonnummer und Adressen in entsprechenden Chatgruppen veröffentlicht. Mit unterschiedlichen Aktionen versuchten sie den Drachenlord zu provozieren und ihm zu schaden.

Im weiteren Verlauf nahm das „Drachengame“, wie es die Hater tauften, immer größere Ausmaße an. 2018 versammelten sich zum „Schanzenfest“ gleich Hunderte von Hatern vor Rainer Winklers Elternhaus, der „Drachenschanze“ im fränkischen Altschauerberg. Das Treffen mündete damals im Anrücken eines Großaufgebotes der Polizei. Der Fall sorgte so für bundesweites Aufsehen.

Wie LTO berichtete, „gelten derartige Hass- und Hetzkampagnen, wie sie der „Drachenlord“ erfuhr, inzwischen als echtes Phänomen und werden als „Maskengames“ bezeichnet“. LTO unterrichtete in dem Zusammenhang darüber, dass Anfang Juni auf der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister (JuMiKo) vor dem Hintergrund des Falls Drachenlord, „die Weichen für ein härteres Vorgehen gegen bestimmte Formen des Cybermobbings neu gestellt werden sollen“.

Anpassungsbedarf ergibt sich für Gesetzgebung

LTO bezeichnet dabei den geltenden Stalking-Paragrafen als unzureichend. Fraglich dabei sei, ob „den Taten der „Hater“ mit dem geltenden Strafrecht angemessen beizukommen ist. Dies wird spätestens seit dem Drachenlord-Fall zunehmend bezweifelt“. Vor allem der Stalkingtatbestand des § 238 Strafgesetzbuch (StGB) wäre unzureichend, um das „Unrecht derartiger Taten zu ahnden“. LTO unterrichtet:

„Die Justizministerinnen und Justizminister stellen zwar fest, dass verschiedene Handlungen im Kontext der ‚Maskengames‘ mit bereits bestehenden Straftatbeständen sanktioniert werden können. Eine entscheidende Strafbarkeitslücke kann jedoch bei Erst- bzw. Einmaltätern im Kontext von § 238 StGB entstehen. Auch im Rahmen des Missbrauchs von Notrufen nach § 145 StGB wird Anpassungsbedarf gesehen, wenn entsprechenden Meldungen per E-Mail oder Online-Portal eingehen.“

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.