julien, Juliens Blog, Bahnstreik
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Eklat um „JuliensBlog“: Beim Vergasen hört der Spaß auf (Meinung)

Der YouTuber "JuliensBlog" sorgte mit der Forderung, streikende Lokführer zu vergasen, für einen Eklat - zu recht, denn das ist respektlos und inakzeptabel.

Für einen handfesten Eklat sorgte am gestrigen Mittwoch der bekannte YouTuber „JuliensBlog“ mit seinem Beitrag zum Bahnstreik. Die Empörung ist durchaus gerechtfertigt, denn gewisse Äußerungen lassen sich weder mit schwarzem Humor noch mit der Meinungsfreiheit entschuldigen.

JuliensBlog will Lokführer vergasen

Der (mittlerweile durch eine Einigung auf ein Schlichtungsverfahren beendete) Bahnstreik bewegte in den letzten Tagen die Gemüter. Das ist durchaus verständlich, kann der weitgehende Ausfall des Schienenverkehrs doch für Menschen, die auf dieses Transportmittel angewiesen sind, den Alltag gehörig durcheinander bringen und erhebliche Unannehmlichkeiten verursachen. Eine gewisse Wut und Frustration ist also – bei aller wünschenswerten Solidarität mit dem Arbeitskampf der Lokführer – durchaus menschlich und verständlich.

Über dieses verständliche Ausmaß hinaus ging jedoch der populäre YouTuber „JuliensBlog“. In Ausgabe Nummer 21 seiner von über einer Million Menschen abonnierten Kommentar-Serie zog der Kommentator massiv über die Lokführer her. Das gipfelte schließlich in dem Vorschlag, die streikenden Lokführer zu „vergasen“. „Vergasen sollte man diese Mistviecher. Wisst Ihr noch, wie die Juden mit Zügen nach Auschwitz transportiert wurden? Man sollte die Zugführer alle dahinbringen. Ich fahre auch den Zug, und zwar umsonst. Und streike dabei nicht einmal,“ so der YouTuber.

Die Reaktionen auf das Video sind gemischt. Von anderen Bahnstreik-Gegnern gibt es fast 50.000 erhobene Daumen für den Rant. Manche Zuschauer fordern gar, „Julien“ zum Bundeskanzler zu wählen. Daneben findet sich aber auch Kritik, vor allem an der oben zitierten Passage. Der 18-jährige Wuppertaler Christoph Hensen ging sogar noch weiter: er hat den Betreiber von „JuliensBlog“ angezeigt„Bahnstreik-Ärger ist das eine“, erklärte der Student seinen Schritt, „Aber das ist nicht mehr akzeptabel.“

Schwarzer Humor entschuldigt nicht alles

gdl

Der so Kritisierte erklärte seine Äußerungen mit schwarzem Humor und Sarkasmus. Das aber ist eine schwache Entschuldigung für derartige (no pun intended – oder vielleicht doch) Entgleisungen. Natürlich kann, darf und soll man auch diese Mittel nutzen, um sich in der öffentlichen Diskussion zu Wort zu melden. Satire und auch „krasser“ Humor sind teilweise das einzig sinnvolle Mittel zum Umgang mit einer verrückten Welt. Und natürlich darf man auch über Nazis Witze machen. Das zu verbieten fördert nur eine ungesunde Tabuisierung des Themas, lässt das Böse auf einmal übermächtig erscheinen. Aber darum geht es hier nicht. Menschen vergasen zu wollen ist weder schwarzer Humor noch ein Naziwitz. Es ist schlichtweg menschenverachtend. Wenn „Julien“ die Lokführer beleidigt und ihnen die berufliche Kompetenz abspricht, ist das zwar unschön und respektlos, aber in gewissem Sinne noch sein Recht.

Wenn er sie jedoch vergasen will, überschreitet er damit eine Grenze, die auch im Namen des schwarzen Humors nicht überschritten werden darf. Er heißt damit eine Maßnahme gut, die in einer zivilisierten Welt nie wieder vorkommen darf, und das ist auch „im Spaß“ nicht akzeptabel. Davon abgesehen, dass diese Äußerungen menschen verachtend und alles andere als lustig sind, ist hier auch eine gewisse Rücksichtnahme gegenüber den noch lebenden Zeitzeugen, deren Nachkommen und den Angehörigen von Minderheiten (die dieses Thema, zumindest gefühlt, mehr betrifft als uns „Normalos“) angebracht.

Christoph Hensen ist daher bei seiner Klage viel Erfolg zu wünschen. Auch im Namen aller, die Satire und schwarzen Humor für ein wichtiges politisches Werkzeug halten und dabei äußerst ungern mit erbärmlichen Möchtegern-Nazis wie dem Betreiber von „JuliensBlog“ über einen Kamm geschoren werden wollen. Später wurde der YouTuber wegen Volksverhetzung verurteilt.

Tarnkappe.info