Kino.to: Laut einer Studie der EU Kommission hatte die Abschaltung im Sommer 2011 fast keinen Effekt auf die Nutzung legaler Anbieter.
Kino.to. Laut einer aktuellen Studie der EU Kommission hatte die Abschaltung im Sommer 2011 so gut wie keinen Effekt auf die Nutzung legaler Anbieter. Wir lassen dazu auch den früheren Betreiber eines Streaming- und Sharehosters zu Wort kommen. Er hat seinerzeit sehr eng mit Kino.to kooperiert.
Wem brachte die Abschaltung von Kino.to etwas?
Luis Aguiar, Jörg Claussen und Christian Peukert haben im Auftrag der EU Kommission den Online-Filmkonsum von 5.000 deutschen Nutzern untersucht. Damit soll geklärt werden, ob die Abschaltung von Kino.to am 8.6.2011 für die Filmindustrie zum gewünschten Ergebnis geführt hat.
„Online Copyright Enforcement, Consumer Behavior, and Market Structure“ kommt zu dem Ergebnis, dass die Abschaltung von Kino.to recht starke aber nur kurzfristige Auswirkungen hatte. Die Existenz von ausreichend vielen illegalen Alternativen gekoppelt mit dem Aufkommen nuer Kino.to-Klone führte dazu, dass sich der illegale Streaming-Konsum sehr schnell wieder auf dem alten Niveau bewegt hat. Die Studie kommt zu dem (wenig überraschenden) Resultat, dass sowohl der Graubereich als auch die Nutzer sehr schnell und flexibel auf jegliche Veränderungen reagieren. Dazu kommen die geringen bis nicht existenten Kosten, die die Nutzer von Kinox.to, Movie4k & Co. aufbringen müssen, um ihren nicht lizenzierten Filmgenuß fortsetzen zu können. Der „Markt“ ist recht zersplittert, was ihn weniger anfällig für künftige Abschaltungen macht. Fällt ein Anbieter weg, folgen ihm nach kurzer Zeit mehrere neue.
Erfolge der GVU infrage gestellt?
Die Aufdeckung der Hintermänner von Kino.to hat die GVU damals als einen großen Erfolg im Kampf gegen die Online-Piraterie gefeiert. Die Analyse der Datenströme der 5.000 Nutzer kommt aber zu einem ganz anderen Ergebnis. Nur weil Kino.to plötzlich offline war, sind nicht alle Teilnehmer der Studie automatisch zu einem legalen Anbieter gewechselt. Obwohl die Nutzung illegaler Seiten in den ersten 4 Wochen nach der Abschaltung um 30 Prozent zurückging, konnte dies bei den legalen Streaming-Plattformen nur für einen Anstieg von 2,5 Prozent sorgen. Das und nichts anderes war natürlich die nachvollziehbare Hoffnung der Filmindustrie.
Die 3 Wissenschaftler stellen infrage, ob sich der Aufwand am Ende gerechnet hat. Für die Abschaltung war einiges an Ermittlungsarbeit und die Bezahlung der beiden Informanten nötig, die sich mit dem „Gehalt“ der Kino.to-Betreiber nicht zufrieden geben wollten. Rund ein Monat nachdem die Stecker bei der Mutter aller Streaming-Plattformen gezogen wurden, erreichte die Film-Piraterie bei den Teilnehmern der Studie wieder ihr altes Niveau.
War die Studie ergebnisoffen?
Claussen und Peukert haben bereits vor mehreren Jahren eine Studie zum Thema Megaupload und die Folgen für die Kinos veröffentlicht. Darin wird ausgesagt, die Schließung von Kim Dotcoms Megaupload habe in allen untersuchten 49 Ländern negative Auswirkungen auf die Kino-Umsätze gehabt. Die beiden Autoren vermuten offenbar, dass sich durch den Rückgang illegaler Downloads auch die Werbung für Spartenfilme reduziert hätte. Diesen Zusammenhang konnten so manche Beobachter nicht nachvollziehen, zumal die Besucherzahlen in den deutschen Kinos stabil sind. Ob die Schließung von Megaupload überhaupt einen Effekt auf die Besucherströme hatte, ist auch fraglich. Von daher wird in Kreisen der Content-Industrie vermutet, dass beide Studien von Anfang an möglicherweise ein bestimmtes Ergebnis zutage bringen sollten.
An der neuen Ausarbeitung bemängelt man, dass die Strafverfolgungsbehörden nicht profitorientiert arbeiten. Man stellt sie in der Stude aber als regelrechte „Profit Center“ dar.
Kino.to: Was sagt die Szene zur Schließung?
Wir haben den früheren Betreiber von Filebase.to und Rapidvideo.com zum Ergebnis der Erhebung befragt. Beide Hoster haben seinerzeit sehr eng mit Kino.to kooperiert. Der in Deutschland lebende Betreiber und sein niederländischer Hostprovider wurden bereits mehrere Monate vor dem Aus des Streaming-Portals juristisch belangt.
„Die Content-Industrie geht ständig falsch vor, das Problem liegt in der Wurzel. Die Piraterie ist das Resultat eines Verfügbarkeits- und Preisproblems. Niemand kann beziehungsweise will die hohen Preise (der legalen Anbieter) bezahlen, weswegen sie bei Nichtverfügbarkeit lieber zur Piraterie ausweichen.
Für die Rechteinhaber ist es bequemer, die Webseiten wie kino.to zu schließen, die ihnen Probleme bereiten könnten. Das bedeutet auch, dass kreative Werke der Menschen mit zerstört werden, anstatt einen weiteren Vertriebsweg zu ermöglichen, der speziell den Verkauf und das Streaming des Werke im Internet betrifft.
Bis sich das (Geschäftsmodell) ändert, werden vermutlich noch mehrere Jahrzehnte ins Land gehen.“
Tarnkappe.info