Filesharing: Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilte eine Frau obwohl sie alles Erdenkliche getan hat, um die Klage abzuwenden.
Thema Filesharing: Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilte eine Frau, obwohl sie alles Erdenkliche zur Erfüllung ihrer sekundären Darlegungslast getan hat. Sie hätte ihre ehemaligen Mitbewohner laut Urteil noch mehr aushorchen und ihre neuen Adressen in Erfahrung bringen müssen. Während der Tatzeit nicht anwesend gewesen zu sein und den eigenen PC zu untersuchen, war für das Gericht nicht ausreichend.
Das AG Charlottenburg befasste sich am 19.09.2018 unter dem Az. 216 C 236/18 mit dem Fall einer WG-Hauptmieterin im Rahmen einer P2P-Filesharing-Klage. Obwohl in der Wohngemeinschaft noch vier weitere Personen Zugang zum Internetanschluss der Beklagten hatten, gelang es der Beschuldigten nicht, die gegen sie als Anschlussinhaberin sprechende vermutete Täterschaft zu widerlegen, wie die Kanzlei Waldorf Frommer auf ihrem Blog berichtet.
Die klagende Partei ist ein Filmstudio. Der Kläger machte vor Gericht gegen die Beklagte, die Hauptmieterin einer Wohngemeinschaft, einen Schadensersatzanspruch geltend, sowie die Erstattung von Abmahnkosten wegen einer Urheberrechtsverletzung bezüglich des Herunterladens und Weiterverbreitens eines Films über deren Internetanschluss via P2P, an dem sie die Rechte hat. Zur Wahrung ihrer Rechte an dem Film hatte die Klägerin die Firma ipoque GmbH mit der Überwachung der P2P Tauschbörsen beauftragt. Diese nutzte zur Ermittlung von Rechtsverletzungen das sogenannte „Peer-to-Peer Forensic-System“. Die Mitarbeiter der ipoque GmbH wurden zu zwei verschiedenen Zeitpunkten fündig. Die weiteren Ermittlungen führten zum Internetanschluss der Beschuldigten.
Filesharing: eigene Abwesenheit nebensächlich
Die Frau gab an, zum streitgegenständlichen Zeitpunkt der Rechtsverletzung haben bei ihr noch weitere vier Personen in einer WG gewohnt. Sie alle hätten Zugang zum Internet gehabt, zudem auch deren Besucher. Ihr würden aber nicht von allen ehemaligen Mitbewohnern die aktuellen Adressen vorliegen. Im Rahmen der Anforderungen der sekundäre Darlegungslast befragte die Beklagte ihre Mitbewohner. Diese gaben jedoch keinerlei Rechtsverstoß zu, die Befragung blieb folglich ohne Ergebnis. Eine Möglichkeit zum Durchsuchen der PCs ihrer Mitbewohner bestand nicht. Auf ihrem eigenen Computer, den ausschließlich sie benutzt, haben sich nach ihrer Auskunft keine „Streamingdaten“ befunden. Zum konkreten Tatzeitpunkt sei sie auch nicht zu Hause gewesen. Die Frau besuchte eine Freundin.
Befragung der WG-Mitbewohner nicht ausreichend?
Nach Überzeugung des Gerichts hat die Beklagte die Urheberrechtsverletzung via Filesharing selbst begangen. Die Beklagte genügte ihrer sekundäre Darlegungslast insofern nicht, weil sie lediglich behauptet hat, dass ein Dritter als Verletzer in Betracht käme. Somit besteht eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass diejenige Person, der die IP-Adresse zugeordnet ist, von der die Rechtsverletzungen begangen wurden, auch für die Rechtsverletzungen verantwortlich ist. Der Anschlussinhaber kann diese Vermutung nur dann entkräften, indem er im Rahmen einer sekundären Darlegungslast solche Umstände vorträgt, die einen abweichenden Geschehensablauf nahe legen.
Es wird von der Beklagten konkret erwartet, dass sie vorträgt, „ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu ihrem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat.“
Keine Indizien auf dem eigenen PC gefunden
Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den lnternetanschluss genügt hierbei jedoch nicht. Aber auch die Berufung auf die Ortsabwesenheit der Beklagten ist laut Urteil gegenstandslos, weil das Hochladen einer Datei im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse keine persönliche Anwesenheit erfordert. Zudem sei der Verweis auf das Fehlen von „Streamingdaten“ auf dem eigenen PC nicht ausreichend. Die Beklagte habe weder vorgetragen, zu welchem Zweck sie selbst das Internet nutzt. Noch gab sie den konkreten Inhalt der Gespräche an, die sie mit ihren Mitbewohner diesbezüglich führte.
Somit ist unklar, ob diese auf ihren PCs Filesharing-Programme bzw. Dateien des streitgegenständlichen Films hatten. Die Frau gab ferner nicht an, welche Endgeräte ihre Mitbewohner nutzten und des weiteren versäumte sie, die Nachfolgeadressen der ehemaligen Mitbewohner ausfindig zu machen: „Als Hauptmieterin war es der Beklagten insbesondere vor dem Hintergrund der bestehenden Abmahnung zumutbar, Nachforschungen zu den Folgeadressen der Mitbewohner anzustellen bzw. jedenfalls den Kontakt aufrechtzuerhalten bzw. sicherzustellen.“
Das Gericht kam aus den aufgeführten Gründen zu dem Schluss, dass die Beklagte für einen Schadensersatz aufkommen muss. Die klagende Filmfirma hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.000 €. Die Frau muss dem Unternehmen zudem die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 215 Euro bezahlen.
Beitragsbild von Sara Kurfeß, thx! (Unsplash Lizenz)
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