Frommer.Legal verschickt Filesharing-Abmahnungen wegen „John Wick“. Betroffene sollen fast 1.000 € zahlen. Wie sollte man reagieren?
Die John Wick Abmahnung von Frommer.Legal zeigt, dass Filesharing auch 2025 noch zu teuren Folgen führen kann. Im Auftrag der Studiocanal GmbH verschickt die Kanzlei aus München aktuell massenhaft Schreiben an Anschlussinhaber. Knapp 1.000 Euro sollen Betroffene zahlen. Für viele Abgemahnte kommt diese Post vollkommen überraschend.
Jahrelang schien es so, als sei Filesharing von Streaming-Diensten wie Netflix, Amazon Prime oder Disney+ verdrängt worden. Doch Peer-to-Peer-Netzwerke wie BitTorrent sind offenbar noch quicklebendig, Abmahnungen nehmen wieder spürbar zu. Rechtsanwalt Prof. Christian Solmecke LL.M. wies auf Anwalt.de darauf hin, dass die Kanzlei WBS.LEGAL derzeit massenhaft Mandanten erreichen, die wegen angeblicher „John Wick“-Uploads abgemahnt wurden.
Der erste „John Wick“-Film lief 2015 in Deutschland an und hat seitdem Kultstatus erreicht. Genau diese Popularität macht ihn zum idealen Zielobjekt der Abmahnanwälte. Wo viele Fans sind, gibt es auch zahlreiche potenzielle Abmahnungen. Frommer.Legal wirft Betroffenen vor, den Film über BitTorrent anderen zugänglich gemacht zu haben, teils für nicht einmal 30 Sekunden. Trotzdem wird daraus eine angebliche öffentliche Zugänglichmachung konstruiert.
Was fordert Frommer.Legal konkret?
Die Abmahnungen enthalten regelmäßig zwei Kernpunkte:
- Strafbewehrte Unterlassungserklärung – wer unterschreibt, verpflichtet sich dauerhaft und riskiert bei erneuten Verstößen hohe Vertragsstrafen.
- Zahlung von 996,07 Euro – aufgeteilt in Schadensersatz und Rechtsverfolgungskosten.
Die Summe basiert auf dem Prinzip der Lizenzanalogie. Hierbei gehen die Kanzleien davon aus, dass der Abgemahnte für die öffentliche Nutzung eine Lizenz hätte erwerben müssen. In der Praxis sind die dafür geforderten Beträge allerdings oft pauschal angesetzt und juristisch angreifbar.
John Wick Abmahnung: Technische Schwachstellen in der Beweisführung
Frommer.Legal stützt sich auf die Ermittlung von IP-Adressen und Hashwerten. Die Erhebung von IP-Adressen ist fehleranfällig, insbesondere in Massenverfahren, wo Fehlzuordnungen nachweislich vorkommen. Schon kleine Erfassungsfehler können hier Unschuldige belasten. Auch die sogenannten Hashwerte gelten nicht als sicheres Beweismittel.
Noch immer setzen Abmahnkanzleien auf den veralteten Standard SHA-1. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) stuft diesen Algorithmus inzwischen ausdrücklich als unsicher ein: ‚SHA-1 ist keine kollisionsresistente Hashfunktion‘ (BSI, TR-02102-2). Dies bedeutet, verschiedene Dateien können denselben Hashwert erzeugen mit der Folge, dass Anschlussinhaber fälschlich als Täter identifiziert werden. Genau das macht die angeblich ‚eindeutigen‘ Beweise angreifbar.
Sekundäre Darlegungslast: Der Joker der Abgemahnten
Rechtsanwalt Prof. Christian Solmecke LL.M. schildert einen besonderen Fall aus seiner Praxis. Demnach erhielt ein 56-jähriger Mann, Chef eines mittelständische Unternehmens, Ende August 2025 Post von Frommer.Legal. Vorgeworfen wird ihm, den Film „John Wick“ über das Filesharing-Protokoll BitTorrent öffentlich zugänglich gemacht zu haben, angeblich für kaum mehr als eine halbe Minute. Nur vier Tage nach dem vermeintlichen Vorfall flatterte die Abmahnung ins Haus.
Der Betroffene lebt allein und schildert, dass er zum fraglichen Zeitpunkt lediglich für zwei Tage Besuch von einem befreundeten Paar hatte. Beide erklärten jedoch, weder mit Filesharing etwas anfangen zu können noch außer ihren Handys die nötigen Geräte dafür dabeigehabt zu haben. Auch der Anschlussinhaber selbst beteuert, weder Kenntnisse noch Interesse an Tauschbörsen zu besitzen. Den Film „John Wick“ kennt er nach eigener Aussage überhaupt nicht. Sein WLAN-Passwort hat er zudem mit niemandem geteilt.
Damit stellt sich die Frage, wie jemand belangt werden kann, der keine konkrete Tat begangen hat? Hier greift die sogenannte sekundäre Darlegungslast. Sie bedeutet, der Anschlussinhaber muss nicht seine Unschuld beweisen, sondern lediglich darlegen, ob und welche anderen Personen als Täter in Betracht kommen. Der BGH stellte im sogenannten BearShare-Urteil klar: ‚Die sekundäre Darlegungslast verpflichtet den Anschlussinhaber nicht dazu, Nachforschungen bei Dritten anzustellen […]. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast, wenn er vorträgt, ob andere Personen […] Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen‘ (BGH, I ZR 169/12). Die eigentliche Beweislast für eine Urheberrechtsverletzung bleibt aber bei der abmahnenden Kanzlei, in diesem Fall also bei Frommer.Legal.
Im geschilderten Beispiel hat der Mandant seine sekundäre Darlegungslast erfüllt, indem er offenlegte, dass Gäste Zugang zu seinem Anschluss hatten und deren Aussagen dokumentierte. Mehr kann von ihm nicht verlangt werden. Ob die Vorwürfe tatsächlich zutreffen, muss die Gegenseite darlegen und beweisen. Genau hier liegt ein weiterer Hebel, um Abmahnungen juristisch anzugreifen.
Unterlassungserklärung – der juristische Stolperdraht
Besonders gefährlich ist die standardisierte Unterlassungserklärung, die der Abmahnung beiliegt. Viele Abgemahnte unterschreiben vorschnell die vorformulierten Erklärungen und tappen damit in die Falle. Denn diese Dokumente enthalten nicht nur ein faktisches Schuldeingeständnis, sondern oft auch überzogene Verpflichtungen, die Betroffene langfristig rechtlich binden. Wer unterschreibt, riskiert daher nicht nur unnötige Kosten, sondern auch hohe Vertragsstrafen bei zukünftigen angeblichen Verstößen. Rechtsanwalt Prof. Christian Solmecke LL.M. rät dazu, keine Original-Erklärung zu unterschreiben, sondern höchstens eine modifizierte Unterlassungserklärung, die auch rechtlich bindend, aber nicht selbstschädigend ist.
Abgemahnt – und jetzt?
Viele Betroffene reagieren zunächst schockiert, doch genau jetzt kommt es darauf an, die richtigen Schritte einzuleiten:
- Fristen ernst nehmen: Abmahnungen enthalten meist nur rund 10 Tage Zeit zur Reaktion.
- Nicht ignorieren: Schweigen hilft nicht – es droht ein teures Gerichtsverfahren.
- Keine voreiligen Unterschriften: Niemals ungeprüft unterzeichnen.
- Rechtliche Beratung einholen: Spezialisierte Kanzleien wie WBS.LEGAL prüfen kostenlos in erster Einschätzung und wehren Forderungen häufig vollständig ab.
Fazit: Abmahnung ist nicht das Ende der Geschichte
Ironischerweise erinnert die Situation an die Handlung der „John Wick“-Reihe. Dort legt sich ein Einzelner mit der russischen Mafia an, hier stehen plötzlich unbescholtene Anschlussinhaber der Abmahnindustrie gegenüber. In beiden Fällen wirkt die Gegenseite übermächtig, die Chancen ungleich verteilt. Doch während John Wick mit Waffen zurückschlägt, bleibt Betroffenen die juristische Verteidigung. Mit der richtigen Strategie lässt sich auch eine John Wick Abmahnung abwehren und genau das sollten Betroffene wissen.