WLAN, Freifunk, Störerhaftung
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Störerhaftung: Scheitert die geplante Haftungsfreistellung doch noch?

Kommende Woche sollte eigentlich das Gesetz zur Abschaffung der "Störerhaftung" verabschiedet werden. Doch es droht nun zu scheitern.

Nur noch wenige Tage verbleiben der Großen Koalition für eine Regelung der Störerhaftung bei offenen WLANs. Die Verhandlungen wurden nach Angaben der Sozialdemokraten am Donnerstag erfolglos abgebrochen und drohen nun zu scheitern. Vertreter der SPD-Fraktion machen hierfür die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag verantwortlich.

Fällt die Störerhaftung weg oder doch nicht?

Kommende Woche wollte der Bundestag eigentlich das Gesetz zur Abschaffung der „Störerhaftung“ verabschieden. Mehr freie WLAN-Hotspots wären so für alle verfügbar. Seit Monaten diskutiert man darüber. Nun droht das Gesetz auf der Zielgeraden doch noch zu scheitern. Die geplante Abschaffung der Mitstörerhaftung für die Betreiber offener WLAN-Angebote kommt wohl doch nicht zustande.

Im Kern geht es bei dem Gesetzentwurf für ein Drittes Telemedien-Änderungsgesetz darum, dass Anbieter offener WLAN-Netzwerke von der Haftung ausgeschlossen sind, wenn ein Nutzer des Netzwerks beispielsweise illegal Musik herunterlädt. Wer auch immer, egal ob in einem Café, Restaurant oder Hotel ein offenes WLAN-Netzwerk anbietet, soll nicht haften für illegale Downloads. Bisher ist es so, dass auch die Betreiber offener Hotspots für Rechtsverletzungen ihrer Nutzer in Haftung genommen werden können. Wegen der Störerhaftung gibt es hierzulande nur sehr wenige solcher Angebote. Denn wer als WLAN-Anbieter durch die IP-Adresse ermittelt wird, kann als so genannter Mitstörer das Ziel teurer anwaltlicher Abmahnschreiben werden. Dementsprechend stellte die Verbesserung des Rahmens für offenes WLAN einen bedeutender Teil der Digitalen Agenda der Bundesregierung dar.

Bereits im Sommer 2016 scheiterte ein Versuch des Gesetzgebers zur Verbesserung der Rechtslage in der Praxis weitgehend. Ein neuer Gesetzentwurf danach sollte endlich Rechtssicherheit bringen. Die Bundesregierung hatte Anfang April 2017 einen Gesetzentwurf beschlossen, um die Schwächen einer Gesetzesänderung vom Juni 2016 zu beseitigen. Der damals präsentierte Entwurf sah eine weitgehende Haftungserleichterung für Anbieter vor, war allerdings auch Gegenstand erheblicher Kritik.

Verhandlungen drohen zu scheitern

Doch selbst diese geplante Umsetzung der Störerhaftung zugunsten von Bürgern und Unternehmen droht nun offenbar zu scheitern: „Eine Einigung auf den Gesetzentwurf für ein Drittes Telemedien-Änderungsgesetzes war heute in greifbarer Nähe“, teilten die SPD-Abgeordneten Marcus Held, Christian Flisek und Lars Klingbeil mit. Jedoch „Seitens des Koalitionspartners wurden dann aber neue und grundsätzliche Bedenken vorgetragen, die sogar die jetzige Rechtslage infrage gestellt haben. Eine Einigung auf diese Vorschläge war damit nicht möglich.“

So forderte Stephan Mayer, Innenexperte der CSU, das ein Anbieter offener WLAN-Netze in Haftung genommen werden könnte, wenn es sein Netzwerk ohne Passwort für jeden zugänglich macht und jemand darin Schindluder treibt. Wer das nicht will, soll es mit einem Passwort schützen: „Das ist mit dem Vorteil verbunden, dass man dann im Einzelfall nachvollziehen kann, welcher konkrete Gast welche Seiten aufgerufen hat“, erklärt Mayer. Das helfe auch im Kampf gegen Verbrechen, ist sich Mayer sicher. Er verweist auf den Bombenanschlag auf den BVB-Bus vor wegen Wochen. Der mutmaßliche Attentäter habe ein Hotel-WLAN mit Passwort genutzt. „Und über die Seiten, die er aufgerufen hat, konnte er unter anderem mit ausfindig gemacht und zur Strecke gebracht werden.

Politiker wollen das Thema vertagen

Deshalb wollen Mayer und die Unions-Innenpolitiker keine generelle Abschaffung der Störerhaftung. Die SPD spricht davon, dass die Union den Sozialdemokraten zum Schluss keinen Erfolg gönnen wolle. Nun muss davon ausgegangen werden, dass in absehbarer Zeit keine Einigung mehr zustande kommen wird: Im Herbst stehen Neuwahlen an, vorher geht es in die Sommerpause. Die Möglichkeiten, Beschlüsse schnell noch durch den Bundestag zu bringen, sind somit so gut wie erschöpft. Der nächstsmögliche früheste Zeitpunkt, sich erneut mit diesem Thema auseinanderzusetzen, wäre, wenn sich die Mitglieder der nächsten Regierungskoalition gefunden und eingearbeitet haben, also frühestens in einem Jahr.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.