Job-Scamming: So erkennen Sie gefälschte Stellenanzeigen, schützen Ihre Daten und vermeiden Identitätsdiebstahl bei der Arbeitssuche.
Die Masche ist perfide, simpel und erfolgreich. Betrüger locken Jobsuchende über Social Media oder Messenger wie WhatsApp oder Telegram mit professionell wirkenden Fake-Stellenanzeigen, lockeren Bewerbungsprozessen und Versprechungen von Homeoffice, hoher Flexibilität und schneller Bezahlung. Alles, was sie angeblich dafür brauchen sei ein Ausweisfoto, ein Video-Ident-Verfahren zu durchlaufen oder ein paar persönliche Daten. Doch wer sich darauf einlässt, landet nicht im Traumjob, sondern in einem Netz aus Betrug mit für die Opfer einhergehenden Schuldenbergen, Ermittlungsverfahren und zerstörten Existenzen. Job-Scamming ist eine der am meisten unterschätzten Gefahren für Arbeitssuchende – und die Zahlen steigen.
Wie Job-Scamming funktioniert
Die Täter tarnen sich als Recruiter oder „HR-Manager“ oft sogar im Namen real existierender Unternehmen. Bewerbungen laufen hierbei nicht über klassische Kanäle, sondern über Social Media oder Messenger wie WhatsApp oder Telegram. Ein kurzes Chat-Gespräch reicht bereits und schon flattert der „Vertrag“ ins Postfach.
Um allerdings dann angeblich den Job formal abzuschließen, sollen Bewerber ihre persönlichen Daten weitergeben. Besonders oft sind hierbei Selfies mit Ausweis oder ein Video-Ident-Verfahren gefordert. In Wahrheit eröffnen die Täter damit Bankkonten oder Online-Profile im Namen ihrer Opfer und nutzen diese für kriminelle Geschäfte. Laut dem LKA Nordrhein-Westfalen gehen Täter meist nach demselben Muster vor:
- Fake-Jobanzeige: Bewerber werden über Messenger, Mail oder Social Media mit lukrativen Angeboten geködert.
- Schneller Bewerbungsprozess: Ein kurzer Chat ersetzt ein reguläres Vorstellungsgespräch.
- Video-Ident-Falle: Zur angeblichen „Identitätsprüfung“ sollen Bewerber ein Konto eröffnen. Das Konto sei nur zur Legitimation und würde sofort wieder gelöscht, so die Täter.
- Der Trick: Das Konto ist bereits vorbereitet, die Bewerber liefern mit dem Video-Ident ihre echten Daten. So eröffnen die Täter ein Konto im Namen des Opfers.
- Die Folge: Das Konto wird für Geldwäsche oder Betrug genutzt. Das Opfer erfährt erst später davon – oft durch Polizei oder Banken.
Fälle aus der Praxis
Rechtsanwalt Hermann Kaufmann berichtet aktuell auf Anwalt.de von einem realen Job-Scamming-Fall aus seiner eigenen Praxis. Herr T., 29, glaubte, einen lukrativen Nebenjob als „Bewertungsmanager“ gefunden zu haben. Er sollte Likes verteilen und Rezensionen schreiben. Alles erschien auf den ersten Blick ganz harmlos. Für die „Sicherheitsprüfung“ musste er ein Video-Ident-Verfahren durchlaufen. Kurze Zeit später stellte sich heraus, dass in seinem Namen ein Konto eröffnet worden war. Dieses diente dazu, Geld aus dubiosen Quellen zu schleusen. Nur wenige Wochen später klopfte die Polizei bei ihm an. Die Beamten teilten ihm mit, es bestehe ein Verdacht auf Geldwäsche. Was für Herrn T. als einfacher Nebenjob begann, endete in einem strafrechtlichen Albtraum.
Aber auch ZDFheute informierte über Opfer der Betrugsmasche. Anna Kaufmann (Name geändert) überprüfte bei einem Jobangebot sogar Firmenadresse, Impressum und Handelsregistereintrag. Alles wirkte seriös. Sie unterschrieb daraufhin einen Vertrag und ließ diesen zuvor durch ChatGPT prüfen. Sie sollte im Rahmen ihres vermeintlichen Jobs die Websites verschiedener Unternehmen testen. Teil ihres Auftrags war zudem die Eröffnung eines Bankkontos und die Beantragung eines Kredits. Angeblich sollte dies nur zu „Demozwecken“ dienen. Allerdings verschwanden im Anschluss die 25.000 Euro, die als Kredit auf ihr Konto überwiesen wurden, unmittelbar. Für die Abbuchung sorgte ihr angeblicher Arbeitgeber.
In einem weiteren Fall wurde Paula Müller (Name geändert) zu Kreditanträgen und Demokonten überredet. Diese nutzten die Täter für Geldwäsche. Sie stand plötzlich unter Verdacht, selbst Teil einer kriminellen Struktur zu sein. Ihr Alltag war daraufhin geprägt von der Angst, im Gefängnis zu landen.

Organisierte Banden und kaum Chancen auf Wiedergutmachung
Rainer Schülke vom LKA Berlin erklärte gegenüber ZDFheute, dass Job-Scamming-Betrüger meist grenzüberschreitend agieren. Sie seien technisch bestens ausgestattet und setzten zunehmend auch künstliche Intelligenz ein, um ihre Opfer gezielt in die Irre zu führen. Der gesamte Kontakt läuft dabei ausschließlich über digitale Kanäle. Zwar treten vereinzelt auch Einzeltäter auf, doch nach Einschätzung der Ermittler operieren die meisten in organisierten Netzwerken:
„Die Erfahrung zeigt, dass man davon ausgehen kann, dass es einige wenige gibt, die vermutlich im Hintergrund die Fäden ziehen, die entsprechende Handlanger haben.“
Für Betroffene bestehen kaum Chancen, ihr Geld zurückzuerlangen. Da die Täter häufig aus dem Ausland agieren und das Geld über zahlreiche Konten schleusen, verlieren Ermittler schnell die Spur. Rainer Schülke führte gegenüber ZDFheute aus:
„Die Wiederbeschaffung, das muss man ehrlicherweise sagen, ist kaum möglich. Der Faktor Zeit ist ein ganz wichtiger Bestandteil, aber tatsächlich ist es so, nach mehreren Tagen, nach mehreren Wochen ist das Geld buchstäblich weg.“
Wie ZDFheute informierte, kamen Paula Müller und Anna Kaufmann vergleichsweise glimpflich davon. Ihre Banken verzichteten auf die Rückforderung der Kredite. Auch die Ermittlungen gegen Paula Müller wurden eingestellt. Doch solche Fälle sind die Ausnahme. In der Regel bleiben Betroffene auf den Schulden sitzen, mit teils existenzbedrohenden Folgen.
Warum Job-Scamming so gefährlich ist
Wie schon die aufgezeigten Fälle belegen, öffnet der, der leichtfertig Daten preisgibt, Tür und Tor für Identitätsdiebstahl. Die Folgen können dabei verheerend sein:
- Bankkonten & Online-Konten: Betrüger eröffnen im Namen der Opfer Konten oder nutzen deren Identität für illegale Finanztransaktionen.
- Einkäufe & Verträge: Opfer zahlen plötzlich für Waren oder Dienstleistungen, die sie nie bestellt haben.
- Strafrechtliche Risiken: Wer unwissentlich Geld weiterleitet oder Pakete verschickt, kann sich wegen Beihilfe zu Geldwäsche oder Betrug strafbar machen.
Auch wer dabei in „gutem Glauben“ handelt, muss im Ernstfall nachweisen, dass er selbst Opfer und nicht Täter ist. Rechtsanwalt Martin Wehrmann ergänzt auf Anwalt.de:
„Bitter sind die Konstellationen, in denen Sie in dem vermeintlich attraktiven Job plötzlich Finanzmittel für Unbekannte bewegen sollen. Dann wird sowohl Ihr Name, als auch Ihr Bankkonto vermutlich für Geldwäsche missbraucht. Diese Art von Job-Scamming, bei der Sie Geld oder Kryptowährungen wie Bitcoin verschicken sollen, sind für Sie besonders gefährlich.“
Martin Wehrmann weist in seinem Beitrag auf gestiegene Fallzahlen hin. Er schlägt folgende Sofortmaßnahmen für die Opfer von Job-Scamming vor:
- Screenshots der Stellenanzeige und des Jobangebots erstellen,
- relevante Vertragsunterlagen aufbewahren und Kopien anfertigen,
- jede Rufnummer, jede Mailadresse, jede Chatnachricht abspeichern,
- mit einer Ihnen vertrauten Person (Familien- oder Freundeskreis) sprechen,
- keinerlei Unterschrift unter ein Dokument setzen,
- niemals Gelder für Fremde weiterleiten,
- keine Kryptowährungen wie Bitcoin aus unbekannten Quellen annehmen,
- nicht das mögliche fake-Jobangebot an Ihren Bekanntenkreis „weiterreichen“.
Polizei-Tipps: So schützen Sie sich
Die Polizei NRW empfiehlt zur Masche Job-Scamming:
- Angebot prüfen: Existiert die Firma wirklich? Stimmt die Stellenanzeige mit der offiziellen Website überein?
- Misstrauisch bei Traumkonditionen: Hohe Bezahlung ohne Qualifikationen als Warnsignal wahrnehmen.
- Keine sensiblen Daten via Messenger: Ausweisfotos, Video-Ident oder Kontodaten niemals weitergeben.
- Video-Ident im Bewerbungsprozess ablehnen: Kein seriöser Arbeitgeber verlangt eine Kontoeröffnung.
- Schnell reagieren: Konto sperren, Strafanzeige stellen, wenn Daten bereits in falsche Hände gelangt sind
Fazit: Ein finsteres Spiel mit hoher Dunkelziffer
Job-Scamming boomt. Ermittler gehen davon aus, dass international organisierte Strukturen hinter vielen Fällen stehen, mit einzelnen Drahtziehern und einem Netzwerk von Handlangern. Die Dunkelziffer ist hoch, weil viele Opfer aus Scham keine Anzeige erstatten. Dabei ist es keine harmlose Internet-Betrugsmasche, sondern vielmehr ein gefährlicher Identitätsraub mit teils existenzbedrohenden Folgen. Wer einmal seine Daten in die falschen Hände gegeben hat, kämpft oft monatelang gegen Behörden, Banken und Ermittlungsverfahren.
Die goldene Regel lautet, Misstrauen ist gesünder als Leichtgläubigkeit. Wer den nächsten Traumjob nicht beim Arbeitsamt, sondern per WhatsApp-Nachricht angeboten bekommt, sollte besser die Finger davon lassen.