Das Berufungsgericht von San Francisco entschied zu Ungunsten der Rechteinhaber. Piraten dürfen nicht per Schnellverfahren enttarnt werden.
Die US-Berufungsinstanz im 9. Bezirk (Ninth Circuit Court of Appeals) hat seinen Sitz in San Francisco, Kalifornien. Die zweit höchste richterliche Instanz der USA bestätigte, dass Urheberrechtsinhaber zur Aufdeckung der Identität von Online-Piraten nicht mehr die Abkürzung eines DMCA Subpoena-Verfahrens nehmen dürfen. Das Schnellverfahren nach dem Digital Millenium Copyright Act (DMCA) ist für die Kläger natürlich deutlich günstiger. Daneben können sie damit rechnen, dass dies das Verfahren auch noch merklich beschleunigt. Eine Klage gegen eine unbekannte Partei dauert länger und kostet sie mehr. Dem hat das Berufungsgericht nun einen Riegel vorgeschoben.
Stehen die DMCA-Schnellverfahren vor dem Aus?
Der US-amerikanische Internetanbieter Cox Communications hatte sich gegen die Anwendung dieser Vorgehensweise gewehrt. Sollte die Gegenseite den Fall auch vor dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court of the United States, SCOTUS) verlieren, dann würde diese Methode für die Piratenjäger gar nicht mehr zur Verfügung stehen. In der Vergangenheit nutzten die Juristen der RIAA und der ACE das DMCA Subpoena-Verfahren zunehmend, um Domain-Registrare (Tonic), ISPs oder Betreiber von CDN-Anbietern (Cloudflare) juristisch unter Druck zu setzen. Das Verfahren eignete sich bisher auch bei Anfragen an Webhoster und Betreiber sozialer Netzwerke, um den Namen und die Anschrift von deren Kunden in Erfahrung zu bringen.

Internetanbieter sollte Identität von 29 Kunden aufdecken
Im vorliegenden Fall ging es darum, 29 Anschlussinhaber von Cox Communications zu identifizieren, denen man mutmaßliche Copyright-Verletzungen vorwirft. Das Berufungsgericht entschied sich dazu, die Vorladung zu verwerfen.
Der § 512(h) DMCA verlangt, dass eine solche Vorladung nur gegen Dienstleister gerichtet werden darf, die in der Lage sind, urheberrechtsverletzendes Material zu entfernen oder zumindest den Zugriff darauf zu sperren. Internet-Anbieter leiten aber die Daten von anderer Stelle lediglich weiter und haben deswegen keine Möglichkeit, die Werke zu löschen. Dies gilt egal ob man die Warez per BitTorrent oder von einem Sharehoster heruntergeladen hat. Übrigens: Ähnlich lautende Urteile erließ bereits das D.C. Circuit in Washington (Verizon-Fall) und der Eighth Circuit von St. Louis, Missouri (Charter-Fall).
Geht der Fall zum Supreme Court?
Die klagenden Rechteinhaber haben jetzt noch die Möglichkeit, beim Supreme Court eine Petition einzureichen. Sie könnten dies in der Hoffnung tun, dass das Gremium den Fall zur Verhandlung annimmt. Doch aus verschiedenen Gründen wurden bislang weniger als 2 % aller Petitionen angenommen. Somit ist fraglich, ob Capstone Studios Corp., die Millennium Funding, Inc. und Voltage Holdings, LLC das Risiko eingehen werden, dies zu tun. Natürlich wäre es ein harter Einschnitt, künftig auf die DMCA-Schnellverfahrenen verzichten zu müssen.
Verfolgung von Online-Piraten als Geschäftsmodell: die Schnellverfahren stehen aber vor dem Aus!
Capstone Studios ist tatsächlich ein Filmstudio. Millenium und Voltage verwerten lediglich die Rechte Dritter, sie produzieren keine eigenen Filme oder Serien. Ihr Geschäftsmodell besteht lediglich darin, die Rechte anderer Firmen aufzukaufen, um anschließend mit der Verfolgung von Online-Piraten Geld zu verdienen.
Hätte Cox Communications die Identität ihrer 29 Anschlussinhaber aufgedeckt, wäre es für die Filesharer entsprechend teuer geworden. Der pauschale Schadenersatz (statutory damage) beträgt in den USA pro Werk zwischen 750 und 30.000 US-Dollar. Der Nachweis des Schadens muss noch nicht einmal erbracht werden. Wenn das Gericht eine vorsätzliche Verletzung (willful infringement) feststellt, kann es den Betrag auf bis zu 150.000 USD pro Werk anheben. Da darf man wohl schon von einem waschechten Geschäftsmodell sprechen, oder etwa nicht !??
Wer sich für den O.-Ton des Urteils interessiert, kann es hier bei den Kollegen von Torrentfreak herunterladen.
(*) Alle mit einem Stern gekennzeichneten Links sind Affiliate-Links. Wenn Du über diese Links Produkte oder Abonnements kaufst, erhält Tarnkappe.info eine kleine Provision. Dir entstehen keine zusätzlichen Kosten. Wenn Du die Redaktion anderweitig finanziell unterstützen möchtest, schau doch mal auf unserer Spendenseite oder in unserem Online-Shop vorbei.