Der EuGH hat am 12.10.2016 entschieden, Software darf nur mit Originaldatenträger und nicht mit Sicherheitskopie weiterverkauft werden.
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat entschieden, dass der Ersterwerber eines Computerprogramms die Software und die damit verbundene Lizenz an einen Zweiterwerber weiterverkaufen kann. Dies setzt allerdings voraus, dass es sich um die Original-CD handelt. Für „Sicherungskopien“ gilt das Weiterverkaufsrecht im Gegensatz zu Originalen nicht – selbst wenn das Original verloren gegangen oder beschädigt ist. Zwar sei die Anfertigung von Sicherungskopien in gewissen Grenzen zulässig, eine Weitergabe an Dritte, auch in Verbindung mit einer freigewordenen Lizenz, verletze aber das alleinige Verwertungsrecht des Softwareherstellers.
Auf der sicheren Seite ist man als Verkäufer oder Erwerber gebrauchter Software also nur, wenn der Original-Datenträger den Eigentümer wechselt (Urteil vom 12.10.2016, Rechtssache C-166/15, Aktenzeichen EuGH Nr. 110/2016).
Darf man Software-Lizenzen auch ohne Original-Datenträger weitergeben?
Viele Hersteller versuchten bisher, den Weiterverkauf gebrauchter Software oder gebrauchter E-Books zu unterbinden. Obwohl bereits die höchsten Gerichte grünes Licht für den Weiterverkauf von Secondhand-Software gegeben haben, waren die Hürden für den Verkauf von gebrauchter Software immer noch hoch. Zwar hatte der Europäische Gerichtshof den Fall „Weiterverkauf gebrauchter Software“ bereits vor Jahren auf dem Tisch, jedoch waren offenbar noch Detailfragen zu klären. Gestern, am 12. Oktober 2016, wurde der Streit um den Softwareverkauf in einer neue Runde fortgesetzt – diesmal wegen der Sicherungskopien.
In der Entscheidung ging es um ein lettisches Strafverfahren. Thema war dort, ob Softwarelizenzen auch ohne Original-Datenträger weitergegeben werden können. So hatten die zwei Männer, Herr Aleksandrs Ranks und Herr Jurijs Vasileviès, ein dubioses Geschäftsmodell entwickelt. Sie verkauften auf eBay gebrauchte Kopien verschiedener Microsoft-Programme (darunter Versionen des Programms Microsoft Windows und des Microsoft-Office). Diese verkauften sie in einem Paket, bestehend aus einem Echtheitszertifikat, einem Lizenzschlüssel und einer CD-ROM. Letztere entpuppte sich jedoch nicht als Original, sondern als selbstgebrannte Kopie – angeblich Sicherheitskopien der Originale, die zum Zeitpunkt des Verkaufs verloren oder kaputt gegangen seien. Echtheitszertifikat und Lizenzschlüssel stammten allerdings tatsächlich von Microsoft. Die Zahl der von ihnen verkauften Exemplare wird auf mehr als 3.000 geschätzt, der Microsoft durch ihre Tätigkeiten entstandene Vermögensschaden soll 265.514 Euro betragen.
Im Jahr 2012 verurteilte ein lettisches Gericht die beiden wegen Urheberrechtsverletzungen. Der Fall wanderte durch die Instanzen und landete schließlich beim EuGH. Das Regionalgericht Riga hatte Zweifel daran, ob der Weiterverkauf der Sicherungskopien wirklich urheberrechtlich unzulässig ist, wenn der Original-Datenträger vernichtet wurde. Der Käufer des Original-Datenträgers könne in diesem Fall seine Befugnis um Weiterverkauf der Software schließlich nur noch über die Sicherungskopie ausüben. Würde ihm der Weiterverkauf verboten, könne das eine unzulässige Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit darstellen.
Weiterverkauf der Software ausnahmsweise erlaubt.
Der EuGH teilte diese Zweifel jedoch nicht. Der Weiterverkauf von Software sei nur ausnahmsweise erlaubt, so das Gericht jetzt. Die gesetzlichen Ausnahmen seien daher eng auszulegen. Auch wenn der Original-Datenträger verloren oder kaputt gegangen ist, stelle der Weiterverkauf einer Sicherungskopie einen Verstoß gegen das Vervielfältigungsrecht des Herstellers dar. Denn Sicherungskopien dürften ausschließlich von dem rechtmäßigen Erwerber zu dem Zweck hergestellt werden, die weitere Benutzung der Software zu ermöglichen. Nicht aber, um die Software weiterverkaufen zu können.
Damit liegt der EuGH auf einer Linie mit dem Generalanwalt. Dieser hatte bereits in seinen Schlussanträgen für eine harte Linie beim Weiterverkauf von Software plädiert und griff dabei zu plastischen Beispielen: Wenn ein Buch kaputt geht, dürfe der Käufer auch keine Kopie des Buches weiterverkaufen. Und eine kaputte Schallplatte berechtige den Käufer auch nicht dazu, die Lieder auf eine CD zu übertragen und diese weiterzuverkaufen.
Fazit
Dass Dinge kaputt gehen, gehört zum allgemeinen Lebensrisiko. Das kann auch das Urheberrecht nicht ausgleichen. Sogar Preisvergleichs-Portale für Studenten sind verboten. Was kommt als nächstes?
Bildquelle: Activedia, thx! (CC0 Public Domain)
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