Sony PSP
Sony PSP
Bildquelle: Dennis Cortés, Lizenz

Sony PSP: Generalanwalt plädiert für Datel

Sony will der Firma Datel weiterhin untersagen, eine Cheating-Hardware für die PSP anzubieten, mit der man den Spielverlauf manipulieren kann.

Nach einem mehr als zehnjährigen Rechtsstreit in Deutschland hat der Bundesgerichtshof im vergangenen Jahr wichtige Fragen in der Klage von Sony gegen den Hersteller von Cheat-Geräten, Datel, an das höchste europäische Gericht verwiesen.

Sollte das Urteil des Europäischen Gerichtshofs letztlich zugunsten von Sony ausfallen, dürften die Auswirkungen weit über die Sony PSP hinausgehen. Für den Hersteller spielt das jetzt eh keine Rolle mehr, weil man die PSP schon längst nicht mehr verkauft.

Anfangs setzte sich Sony gegen Datel durch

In der Causa Datel will Sony ein Urteil erwirken. Dieses soll die Änderung von Variablen verbieten, die der Datel Action Replay Cheat Module Adapter etc. manipuliert. Diese existieren aber nur im Arbeitsspeicher der PSP. Sie sind nicht Teil des zugrunde liegenden urheberrechtlich geschützten Quellcodes der Games. Die Software des Adapters von Datel lief einfach neben Spielen wie Motorstorm Arctic Edge und veränderte Werte im Speicher, um das Spielverhalten zu modifizieren. Der Hersteller der längst eingestellten Sony PSP will das Cheating aber nicht tolerieren.

Vom Landgericht zum Bundesgerichtshof

Datel

Im Januar 2012 entschied das Landgericht Hamburg weitgehend zu Gunsten von Sony. Das Gericht stellte fest, dass die Software der Datel (Action Replay PSP und Tilt FX) in den „Programmfluss“ der Spiele von Sony eingreift. Dadurch entstehe eine veränderte Version des urheberrechtlich geschützten Spielcodes von Sony, wenn auch nur im RAM.

Die Berufung hat im Jahr 2021 die Entscheidung aufgehoben und die Klage gegen Datel abgewiesen. Sony legte Revision beim Bundesgerichtshof ein, der dem Gerichtshof der Europäischen Union wichtige Fragen zur Vorabentscheidung vorlegte.

Unterliegen flüchtige Variablen im RAM dem Urheberrecht?

Wenn Sony sich durchsetzt und man den Schutz, den Software gemäß der Richtlinie über Computerprogramme von 2009 genießt, auf flüchtige Variablen im Arbeitsspeicher ausdehnt, wären Hersteller und Nutzer von Tweaking-Erweiterungen Rechtsverletzer. Die Hersteller der Geräte, in diesem Fall Datel, könnte man dann sekundär haftbar machen.

Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar zur Causa Datel

codejunkies, by Datel

Die veröffentlichten Schlussanträge von Generalanwalt Szpunar sind nicht bindend. Der EuGH kann den Empfehlungen folgen, muss dies aber nicht zwingend tun. Nach Ansicht der Kollegen von Torrentfreak habe der Generalanwalt aber schlüssig argumentiert, was die Richter nur schwerlich ignorieren können.

„[D]er Wert der Variablen ist kein Element des Codes eines Computerprogramms. Es handelt sich lediglich um Daten, die außerhalb des Codes liegen und die der Computer bei der Ausführung des Programms erzeugt und wiederverwendet„. Dies schrieb Maciej Szpunar, Professor für Rechtswissenschaften.

„Diese Daten (von Datel) existieren nicht in dem Moment, in dem das Programm von seinem Autor erstellt oder in den Speicher des Computers geladen wird, da sie erst während der Ausführung des Programms erzeugt werden. Sie sind daher nicht geeignet, das Programm – oder auch nur einen Teil davon – zu reproduzieren.“

Variablen sind keine kreativen Werke

Nach der Rechtsprechung ist der durch die Richtlinie 2009/24 gewährte Schutz auf den Quellcode und den Objektcode beschränkt, die beide das in Artikel 1 Absatz 3 festgelegte Kriterium der Originalität erfüllen. Variablen in RAM hingegen erfüllen das Kriterium der Originalität nicht.

Datel
Datel Action Replay Cheat Module Adapter

Die Variablen seien keine eigene geistige Schöpfung des Urhebers, so Generalanwalt Szpunar. Im Gegenteil, die Variablen sind das Ergebnis des Spielfortschritts und eine direkte Folge des Verhaltens des Spielers.

„Es stimmt zwar, dass der Autor die Kategorien der erfassten Variablen sowie die Regeln, nach denen ihr Wert im Laufe des Spiels bestimmt wird, entworfen hat. Dieser Wert selbst entzieht sich jedoch der schöpferischen Kontrolle des Urhebers, da er zwangsläufig von nicht vorhersehbaren Faktoren wie dem Verhalten des Spielers abhängig ist. Dieser Wert kann daher keinen urheberrechtlichen Schutz genießen“.

Da die Variablen „vorübergehend, temporär und provisorisch“ sind und „oft auf Null zurückgesetzt werden“, wenn ein Programm das nächste Mal ausgeführt wird, erfüllen sie nicht die Schwelle für den Urheberrechtsschutz, da sie nicht mit „ausreichender Präzision und Objektivität“ identifiziert werden können. In dem Fall dürfen Cheating-Module von Datel & Co. darauf Einfluss nehmen.

Mehr Restriktionen nötig?

Die Stellungnahme von Szpunar ist langatmig, technisch und bisweilen recht schwierig zu verstehen. Verschiedene Anwaltskanzleien für geistiges Eigentum stellen die Theorie auf, wonach sie die Variablen im Arbeitsspeicher Teil des kreativen Gesamtpakets sein sollen. Doch manche davon sind im Auftrag von Sony tätig, was ihre Schlussfolgerung erklären dürfte.

Datel, Tilt FX

Art. 1 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen ist dahin auszulegen, dass sich der nach dieser Bestimmung gewährte Schutz nicht auf den Inhalt der Variablen erstreckt, die das geschützte Computerprogramm in den Arbeitsspeicher des Computers übertragen hat und bei dessen Ausführung verwendet, wenn ein anderes Programm, das gleichzeitig mit dem geschützten Computerprogramm läuft, diesen Inhalt ändert, ohne dass jedoch der Objektcode oder der Quellcode des letztgenannten Programms geändert wird. (Was für ein Satz!)

Das wird der strittige Punkt sein. Ist es Drittfirmen wie Datel verboten, Änderungen am Arbeitsspeicher einer Spielkonsole vorzunehmen? Betrifft das Urheberrecht auch diese Variablen, die sich im RAM der PSP im Verlauf des Spieles ändern? Oder ist nur beispielsweise der ROM der PSP und der feststehende Quellcode des Spieles selbst urheberrechtlich geschützt?

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.