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EuGH-Urteil in Aussicht über den Verkauf gebrauchter E-Books

Der Weiterverkauf von E-Books ist in Deutschland derzeit nicht legal. Eine Entscheidung des EuGH soll eine endgültige Klärung bringen.

Laut einem heutigen News-Beitrag der Rechtsanwaltskanzlei Waldorf Frommer steht eine Entscheidung des EuGH noch darüber aus, ob der Verkauf gebrauchter E-Books rechtmäßig wäre. In den Niederlanden währt nun bereits seit Jahren ein Rechtsstreit der örtlichen Verlage mit den Betreibern der Plattform „Tom Kabinet“. Diesbezüglich hat die „Rechtbank Den Haag“ mehrere Vorlagefragen formuliert, zu denen die Parteien noch bis zum 30.08.2017 Stellung nehmen können. Daraufhin bekommt der EuGH diese Fragen vorgelgt als Basis für ein Urteil.

Der Fall TomKabinet.nl

In den Niederlanden hat mit TomKabinet.nl bereits seit dem Jahre 2014 eine Second-Hand-Plattform für „gebrauchte“ E-Books ihren Betrieb aufgenommen. Der Verkauf der dort angebotenen digitalen Bücher soll rechtlich einwandfrei sein. Deshalb sind beim Verkauf einige Regeln zu beachten: Verkäufer und Käufer müssen sich registrieren, um ein E-Book (ver-)kaufen zu können. Weiterhin dürfen nur E-Books im ePub-Format verkauft werden, die bei den holländischen Händlern E-Book.nl und BOL.com legal erworben wurden. Eine spezielle Software soll dazu noch sicherstellen, dass die E-Books bei den Verkäufern von der Festplatte komplett gelöscht werden.

Die E-Books werden mit einem neuen Wasserzeichen versehen, sodass ein illegales Kopieren unmöglich gemacht werden soll. Fraglich wäre jedoch, wie realistisch solche Maßnahmen sind, denn ein Missbrauch wäre keineswegs ausgeschlossen. Auch wenn man die E-Books auf der Festplatte des Verkäufers löscht, könnten man sie ja noch auf einem anderen Datenträger speichern.

Darf man gebrauchte E-Books verkaufen?

Der niederländische Verlegerverband (GAU/NUV) klagte gleich unmittelbar nach der Eröffnung vor Gericht. Tom Kabinet berief sich auf ein EU-Urteil aus dem Jahr 2012, nach dem der Weiterverkauf von Software legal sei. Der Verlegerverband hingegen verwies auf ein Urteil des Landgericht Bielefeld aus dem Jahr 2013, gemäß dem sich dieses EU-Urteil wirklich nur auf Software beziehe (geklagt hatte damals die Verbraucherzentrale gegen einen deutschen Store). Das Amsterdamer Gericht hat diese Klage gegen Tom Kabinet abgewiesen, der Wiederverkauf von E-Books sei unter bestimmten Umständen legal. Das EU-Urteil sei nicht eindeutig, argumentierten die Richter. Der Chef des Verlegerverbandes zeigte sich in einer Pressemitteilung “überrascht” von dem Urteil und kündigten daraufhin weitere Schritte an.

Hier in Deutschland gibt es zwei relevante Urteile dazu: Zum einen das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom Mai 2014 und zum anderen das Urteil vom OLG Hamburg vom 24.03.2015. Für Hörbücher hatte das OLG Hamm im Jahr 2014 entschieden, dass für sie keine Erschöpfung eintritt, sie also nicht frei weiterverkauft werden dürfen (OLG Hamm, Urt. v. 15.5.2014, Az. 22 U 60/13). Das OLG Hamburg hat für E-Books ebenso entschieden (OLG Hamburg, Hinweisbeschl. v. 4.12.2014, Az. 10 U 5/11).

Sollte das gleiche Recht für physische wie für digitale Produkte gelten?

Es gilt für physische Produkte, wie Bücher oder CDs, dass man mit dem Kauf automatisch zum Eigentümer wird. Das umfasst auch einen beliebigen Weiterverkauf. In dem Fall sprechen Juristen von einem Erschöpfungsgrundsatz. Ob dies jedoch auch für immaterielle Güter, wie MP3s, Software oder E-Books gilt, ist immer noch umstritten. In Deutschland gilt bisher: Man kauft ein E-Book nicht, sondern erwirbt nur ein unbegrenztes Nutzungsrecht. Das Nutzungsrecht wiederum gilt ausschließlich nur für den Käufer. Das gekaufte E-Book darf man folglich nicht weiter veräußern. Schriftlich fixiert ist das in der Regel in den AGBs der jeweiligen E-Book-Anbieter und mit dem Kauf eines E-Books erklärt man sich automatisch damit einverstanden. Folglich ist der Weiterverkauf von E-Books in Deutschland nach der momentan geltenden Gesetzeslage nicht legal.

Allerdings steht diesbezüglich noch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus, scheint aber jetzt in greifbarer Nähe. Auf dem Blog der Anwaltskanzlei Waldorf Frommer ist dazu zu lesen, dass man aus hiesiger Sicht davon ausgehen kann, „dass der EuGH eine „digitale Erschöpfung“ ablehnen wird.“, denn bereits aus den Erwägungsgründen der Urheberrechtsrichtlinie (2001/29/EG) ergibt sich, dass der Gesetzgeber an körperliche Vervielfältigungsstücke dachte.

Dreh- und Angelpunkt: digitale Erschöpfung des E-Books

„Der unter diese Richtlinie fallende Urheberrechtsschutz schließt auch das ausschließliche Recht ein, die Verbreitung eines in einem Gegenstand verkörperten Werks zu kontrollieren. Mit dem Erstverkauf des Originals oder dem Erstverkauf von Vervielfältigungsstücken des Originals in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung erschöpft sich das Recht, den Wiederverkauf dieses Gegenstands innerhalb der Gemeinschaft zu kontrollieren.“

Foto papirontul, thx! (CC0 1. PD)

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.