Death, Drugs & Beauty
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Bildquelle: Markus Winkler, Lizenz

Chemical Revolution: Mammutprozess mündet in Haftstrafen

Der zweite Prozess um den Drogen-Onlineshop Chemical Revolution vor dem LG Gießen brachte teils lange Haftstrafen für die fünf Angeklagten.

Zeitweise war Chemical Revolution die bundesweit größte Online-Plattform für Drogen. Bereits seit Februar beschäftigte sich das Landgericht (LG) Gießen mit der Causa. Der Fall galt als besonders umfangreich, allein die Anklage umfasste mehr als 300 einzelne Fälle.

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt legte den fünf Angeklagten zur Last, zwischen April 2018 und Februar 2019 Betäubungsmittel bandenmäßig in Umlauf gebracht zu haben. Die in den Niederlanden beschafften Drogen sollen die Beschuldigten in Hamburg gelagert, portioniert und, meist in kleineren Mengen, an die Kunden versandt haben. Bezahlt wurde mit der pseudoanonymen Kryptowährung Bitcoin. Am gestrigen Montag kam es planmäßig zu einer Urteilsverkündung.

Chemical Revolution: aus einem wurden zwei Strafverfahren

Bereits zum zweiten Mal beschäftigte sich das LG Gießen mit dem Drogen-Onlineshop Chemical Revolution. Sowohl das umfangreiche Verfahren, als auch die Coronavirus-Pandemie machte eine Aufspaltung des Falles in zwei Prozesse erforderlich. Ende letzten Jahres verhängte das Gericht nach einem einjährigen ersten Prozess hohe Haftstrafen zwischen zwei Jahren und acht Monaten sowie neun Jahren und zwei Monaten für den Hauptangeklagten.

Auch für den zweiten Prozess war es für das LG Gießen im Ergebnis erwiesen, dass die Angeklagten zwischen Frühjahr 2018 und Anfang 2019 arbeitsteilig an der Drogenbeschaffung und dem Verkauf mitwirkten. Dementsprechend lautet das aktuelle Strafmaß von eineinhalb bis sieben Jahre Haft. Eine weitere Geldstrafe verhängte das Gericht noch zusätzlich in einem Fall.

Nachgewiesene Straftaten nur „die Spitze des Eisberges

Beim Online-Shop Chemical Revolution rechnet die Kammer laut einem Gerichtssprecher mit mehr als 300 getätigten Abverkäufen. Für den Vorsitzenden Richter war dies lediglich „die Spitze des Eisberges“ mutmaßlicher Taten, die das Gericht während der acht Prozessmonate mit absoluter Sicherheit feststellen konnte.

Chemical Revolution

Der Handel umfasste unter anderem Kokain, Heroin, Amphetamine, Cannabis und Ecstasy-Tabletten. Diese wurden aus dem Niederlanden nach Deutschland gebracht. Gebunkert haben sie die Angeklagten in einer Garage und einem Abstellraum. Von da seien die Drogen verpackt und an die Kunden verschickt worden.

Vier Angeklagte verurteilten die Richter infolge des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Einen der Angeklagten befanden sie der Beihilfe für schuldig. Dass die Männer als Teil einer Bande agierten, sah das Gericht dabei nicht als erwiesen an. Die Geständnisse der Beschuldigten waren qualitativ gesehen unterschiedlich. Diese wertete die Kammer zu ihren Gunsten. Die Strafen gelten teilweise durch die schon abgesessene Zeit in der U-Haft als verbüßt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Chemical Revolution war einst der Marktführer

Im Sommer 2019 schaltete das BKA den ehemals deutschlandweit populärsten Drogen-Onlineshop Chemical Revolution ab. Gleichzeitig verhaftete die Polizei elf Tatverdächtige. Den früheren Betreiber erwischte man bei seiner Einreise aus Spanien.

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Bereits im Mai hat man mehrere Läufer und später einen Mitbetreiber festgenommen. Die Auswertung der beschlagnahmten Asservate dürfte bei der Ermittlung aller Beteiligten entsprechend hilfreich gewesen sein. Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft hatte vor dem LG Gießen Anklage wegen bandenmäßigem Drogenhandel in 320 Fällen erhoben. Zwischen 2017 und 2019 sollen die Angeklagten eine Million Euro in Bitcoin erzielt haben.

Vier Männer galten als Kern der Bande

Dem Deutschen Daniel B., der unter dem Pseudonym »Joko« agierte, und Arkadiusz D., einem Niederländer mit polnischen Wurzeln, warf man vor, Chemical Revolution im Spätsommer 2017 gegründet zu haben.

Über das gleichfalls illegale Form, Crime Network, sollen sie sich kennengelernt haben. Daniel B. verantwortet sowohl die Auftragsvergabe, die Drogen-Bestellung, das Marketing sowie die Internet- und Darknet-Auftritte. Ferner soll er sich auch um die Geldbeschaffung gekümmert haben.

Als Startgeld brachte er 10.000 bis 15.000 Euro selbst in das Projekt ein. Zudem sollen ihm bisher noch unbekannte Teilhaber weitere 30.000 Euro in Bitcoin übermittelt haben.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.