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Bildquelle: Jackson Simmer

BREIN stellt anonyme Warnung an P2P-Uploader ein

Die Antipiracy-Organisation BREIN stellt aufgrund der mangelnden Kooperation der ISPs und eines Urteils ihre anonymen Warnungen ein.

BREIN verwendet nicht mehr das so genannte FLU-Protokoll, um häufige und langjährige Uploader zu erkennen. Die zuständigen Internetanbieter sollten dann ihren Kunden anonyme Warnungen übermitteln. Stattdessen soll es jetzt wieder zu sofortigen Rechtsdurchsetzungen gegen die Uploader in BitTorrent-Netzwerken kommen.

One strike and BREIN was out!

Die Organisation erlitt eine Niederlage vor Gericht. Es gebe keine Grundlage dafür, Vermittler wie Internet-Anbieter dazu zu verpflichten, eine Warnung ohne die Möglichkeit rechtlicher Schritte weiterzuleiten. Somit sieht man sich nach diesem Urteil dazu gezwungen, auf die übliche Vorgehensweise zurückzugreifen.

BREIN

Das heißt, BREIN wird von nun an einfach wieder Erst-, Haupt- oder Häufigkeitsrechtsverletzer identifizieren. Die Empfänger der Schreiben fordert man zur Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung auf. Dazu kommt eine Strafklausel für künftige Verstöße. Die Filesharer sollen den vollständigen oder teilweisen Ersatz der entstandenen Kosten und gegebenenfalls Schadensersatz bezahlen.

Die erste kostenlose Ermahnung nach dem Vorbild der 3-Strikes-Regelung in Frankreich fällt somit weg. Der Unterschied besteht natürlich darin, dass BREIN bei anhaltenden Rechtsverletzungen keine Internetleitungen kappen darf.

Wenn Vermittler sich zu Unrecht weigern, die persönlichen Daten der Tatverdächtigen freiwillig herauszugeben, muss BREIN Kosten für die Erwirkung eines Gerichtsbeschlusses aufwenden. Wenn diese nicht vom Internet-Service-Provider (ISP) erstattet werden, kann BREIN sie vom Rechtsverletzer zurückfordern. Unter anderem aus diesem Grund fordert BREIN die Vermittler in der Regel auf, ihre Kunden über das Herausgabeverlangen zu unterrichten, damit diese sich selbst bei BREIN melden können, um sich außergerichtlich mit ihnen zu einigen.

Hintergrund

Die Zugangsanbieter waren in der Mehrzahl wohl nicht bereit, freiwillig nach Vorgabe des FLU-Aufklärungsprojekts zu kooperieren. Man bat sie die Abmahnungen von BREIN anonym an ihre Kunden weiterzuleiten, bei denen ein Verstoß festgestellt worden war.

Mit anonym ist gemeint, dass BREIN nicht über ihre Identität informiert wurde. BREIN leitete die IP-Adressen und den Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung an die zuständigen Provider weiter, damit diese sie mit den Kontaktdaten ihrer Kunden verknüpfen konnten. Die Organisation brachte den Fall vor Gericht, das in der Berufung entschied, dass es keine Grundlage für solche anonymen Warnungen gibt. BREIN müsse auch dazu in der Lage sein, eine Klage einzureichen, hebt man in der Pressemitteilung hervor. Das geht schlichtweg nicht ohne die Herausgabe von Daten wie den Namen und der Anschrift des mutmaßlichen Filesharers.

BitTorrent: BREIN muss anonyme Abmahnungen einstellen

Es schien also unüberwindbare Einwände gegen den an sich nachsichtigen Ansatz von BREIN zu geben, Bitorrent-Nutzer zu warnen, ohne ihre Identität zu kennen. Später entschied dasselbe Gericht in einem anderen BREIN-Verletzungsfall, dass Kunden des Kabelnetzbetreibers Ziggo Daten zur Verfügung stellen muss, wenn der Antrag die vom Obersten Gerichtshof zu diesem Zweck festgelegten Kriterien erfüllt.

Das heißt, es muss nachgewiesen werden, dass der Schaden und die Rechtswidrigkeit hinreichend plausibel sind. Außerdem muss der Antragsteller (BREIN) ein tatsächliches Interesse daran besitzen, die Daten zu erhalten. Zudem darf es keine andere, weniger in die Privatsphäre eingreifende Möglichkeit geben, die Daten zu erhalten.

pirate

Entscheidend war laut Gerichtsurteil, dass die Interessen der betroffenen Person denen des Antragstellers und des Internet-Anbieters überwiegen.

Ausgangspunkt des Verfahrens war übrigens, dass es sich bei den fraglichen Daten um strafrechtliche Daten handelte. Hierzu stellte das Gericht am Rande fest, dass sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht ergibt, dass die Verknüpfung von IP-Adressen mit der Identität des Internetnutzers eine Verarbeitung strafrechtlicher Daten darstellt.

Während die ISPs sicher froh sind, nicht weiter zu den Helfershelfern der selbst ernannten Copyright-Polizei der Niederlande degradiert zu werden, dürfte dieses Urteil dazu führen, dass künftig auf noch mehr P2P-Filesharer arge juristische Probleme zukommen. Und diesmal ohne jede Vorwarnung. Stellt sich die Frage, ob das nicht das kleinere Übel gewesen wäre. Wer derartige Probleme vermeiden will, kommt nicht um die Nutzung von einem VPN* oder einer Seedbox herum.

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Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.