Richter entscheidet über Schadensersatzforderung
Richter entscheidet über Schadensersatzforderung

Usenet-Provider NSE fordert Millionen an Schadensersatz von Stiftung BREIN

Der ehemalige niederländische Usenet-Provider News-Service Europe (NSE) verklagt die Stiftung BREIN auf Schadensersatz in MIllionenhöhe.

Der Usenet-Provider NSE startete 1998 und wurde schnell auch international aktiv. Der Anbieter erregte jedoch die Aufmerksamkeit der niederländischen Antipiracy-Organisation BREIN. Wegen gerichtlicher Auflagen musste NSE sein Geschäft schließlich einstellen. Durch das abrupte Ende der ihrer Plattform verlor das gesamte Team seinen Arbeitsplatz. Zudem blieben die Gründer auf hohen Kosten sitzen. Sie fordern heute eine vollständige Entschädigung für den Schaden von Stftung BREIN, der auf mehrere Millionen Euro geschätzt wird.

Die niederländische Antipiracy-Organisation BREIN verklagte im Jahr 2009 den Usenet-Provider NSE. Gemäß BREIN soll das Unternehmen für die urheberrechtlich geschützten Inhalte verantwortlich sein, die Usenet-Nutzer auf der Plattform hochgeladen haben. Das Gericht entschied im Jahr 2011 zugunsten von BREIN. Es forderte NSE auf, sicherzustellen, dass sie künftig auf ihrem Portal keine urheberrechtlich geschützte Inhalte mehr bereitstellen. Andernfalls drohe eine tägliche Geldstrafe von 50.000 Euro.

Gericht ordnete Verwendung von Uploadfiltern an

Die gerichtliche Anordnung, eine Filterpflicht einzuführen, war für den Usenet-Provider NSE jedoch technisch nicht umsetzbar. Trotz einer laufenden Berufung verweigerte BREIN eine Einigung. Um den angedrohten hohen Strafen zu entgehen, sah sich NSE damals gezwungen, seine Aktivitäten vollständig einzustellen.

Das Amsterdamer Berufungsgericht hob allerdings im Jahr 2016 das Urteil auf. Es stellte fest, dass NSE keine Urheberrechte verletzte und als Vermittler nicht für die Rechtsverletzungen auf seiner Plattform haftet. NSE handelte somit rechtmäßig. Doch der juristische Kampf ging weiter. Die Antipiracy-Organisation brachte den Fall vor den Obersten Gerichtshof.

BREIN verliert 14-jährigen Rechtsstreit gegen Usenet-Provider NSE

Im Januar 2023 wies der Oberste Gerichtshof jedoch alle Beschwerden von BREIN zurück. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Usenet-Provider nicht für die Inhalte haftet, die Dritte auf ihrer Usenet-Plattform platziert haben. Das Unternehmen hätte Urheberrechtsverletzungen nicht konkret gefördert. Darauf wies auch das bereits vorhandene Takedown-Verfahren hin, über das der Usenet-Provider damals verfügte.

Usenet-Provider NSE fordert Millionen an Schadensersatz von Stiftung BREIN
Usenet-Provider NSE fordert Millionen an Schadensersatz von Stiftung BREIN

Nach 14 Jahren Rechtsstreit konnten NSE und ihre Gründer das Urteil schließlich als Sieg verbuchen. BREIN hatte die Gerichtskosten in Höhe von 65.000 Euro zu tragen. Letztlich gingen allerdings beide Parteien als Verlierer hervor.

Im Zuge des heute von Usenet-Provider NSE in einer Pressemitteilung bekannt gegebenen von BREIN geforderten Schadensersatzes resümiert Patrick Schreurs, Mitbegründer und ehemaliger Geschäftsführer von NSE:

„BREIN hat es uns wissentlich unmöglich gemacht, weiterzumachen. 2011 war für Freund und Feind gleichermaßen klar, dass das Gerichtsurteil keinen Bestand haben konnte. Der damalige BREIN-Direktor Tim Kuik bezeichnete das Urteil 2011 als bahnbrechend“ und räumte damit ein, dass eine reale Chance bestand, dass das Urteil keinen Bestand haben würde. Und dennoch beschloss BREIN, die Berufung nicht abzuwarten und uns zu zwingen, das Urteil sofort umzusetzen. Das war völlig unnötig. Wir haben das immer als unverständlich empfunden.“

Der ehemalige Finanzvorstand und Mitbegründer Wierd Bonthuis ergänzt:

„Die Bestätigung des höchsten niederländischen Gerichts ist ein schöner erster Schritt in Richtung voller Gerechtigkeit. Diese wird da sein, wenn BREIN uns für den Schaden, den seine Hartnäckigkeit verursacht hat, vollständig entschädigt. Wir sehen dem Urteil in der heute eingereichten Klage mit großer Zuversicht entgegen.“

BREIN hingegen argumentiert:

„BREIN ist überzeugt, dass wirklich wirksame Maßnahmen gegen illegale Angebote das Usenet für Nutzer deutlich weniger attraktiv gemacht hätten, was natürlich erhebliche Auswirkungen auf das Umsatzmodell von NSE gehabt hätte. NSE selbst hat sich entschieden, ihre Geschäftstätigkeit vollständig einzustellen und gibt an, dadurch einen Schaden erlitten zu haben, aber das ist ihre eigene Schuld. Was BREIN betrifft, musste es nicht komplett aufhören, sondern nur nach illegalen Inhalten filtern.“

BREIN-Direktor Bastiaan van Ramshorst gibt sich zuversichtlich:

„BREIN wartet auf die von NSE angekündigte Vorladung. BREIN sieht dem Eingriff mit Zuversicht entgegen. Tatsache ist, dass all die urheberrechtlich geschützten Inhalte aus Musik, Filmen, Fernsehserien, Büchern, Spielen und Software es für Verbraucher attraktiv machten, ein Abonnement bei einem kommerziellen Usenet-Anbieter abzuschließen. Entgangener Gewinn, weil man illegal angebotene geschützte Inhalte anderer nicht anbieten kann, ist natürlich kein Grund für eine Klage.“

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.