Die Nutzer sind genervt von der Flut unseriöser Anzeigen beim Twitter-Nachfolger X. Es ginge ja wohl nur darum, den Umsatz zu steigern.
Während sich X-Eigentümer Elon Musk noch im Sommer 2022 darüber lustig gemacht hat, wie viele fragwürdige Anzeigen er bei YouTube fand, so hat sein Unternehmen jetzt exakt das gleiche Problem.
X voll mit Links zu Krypto-Abzocke, Phishing und Malware
Zu den beworbenen Betrügereien gehören Links zu Telegram-Kanälen, die für Token und Kryptowährungen nach dem Pump and Dump-Prinzip werben. Dazu kommen Ads für Phishing-Seiten und Links zu Websites, wo einem bösartige Skripte das Guthaben bei einem der großen Online-Kryptobörsen klauen wollen. Wer sich mit Krypto-Themen nicht beschäftigt, bekommt derartige Anzeigen möglicherweise nicht zu Gesicht. Doch wer es tut, sieht sich bei X mit einer Flut an Krypto-Abzocke-Werbung konfrontiert.
„Ich lüge nicht, wenn ich sage, dass JEDE einzelne Anzeige, die ich auf X sehe, ein Betrugslink ist, der auf Krypto abzielt, um die Geldbörsen der Leute zu leeren„, heißt es in einem Tweet auf X. Der Betroffene weist zurecht darauf hin, dass die Anzeigen den Interessen der X-Nutzer entsprechen. Der Nutzer an Musk: „Kumpel, ich schätze Deine Hartnäckigkeit und Geradlinigkeit, aber das ist ein monumentaler Fehlschlag von epischem Ausmaß. Die Leute verlieren eine Menge Geld.„
Anteil der bösartigen Anzeigen hat stark zugenommen
Angreifer missbrauchen die X-Anzeigenplattform zwar schon seit einiger Zeit. Aber die Menge der bösartigen Anzeigen hat im Dezember rapide zugenommen, was die Sicherheitsforscher von MalwareHunterTeam dazu veranlasst hat, sie zu analysieren. Demnach erfolgen die Anzeigen bei X fast alle von angeblich verifizierten Nutzern. In diesem Tweet kann man das sehr gut nachvollziehen. Das Problem besteht auch darin, dass man für die Verifikation nur noch bezahlen muss. Bei Twitter hat man die Identität des jeweiligen Menschen oder der juristischen Person manuell überprüft.
Mithilfe der Community Notes versucht X das Problem (ein wenig) in den Griff zu bekommen. Es ist mittlerweile so schlimm geworden, dass andere X-Benutzer Community-Notizen zu den Anzeigen hinterlassen müssen, um Dritte zu warnen, dass es sich dabei um Betrug, Phishing oder die Verseuchung mit Malware handelt. Doch das ist wahrlich keine Garantie dafür, dass man damit die Masche der Kriminellen durchkreuzen kann.
Letzten Monat berichtete ScamSniffer, dass ein angeblicher Kryptowährungsdienst namens „MS Drainer“, der in der Google-Suche und in X-Anzeigen beworben wird, innerhalb von neun Monaten 59 Millionen US-Dollar von 63.210 Opfern gestohlen hat.
Auf X erstellten die Bedrohungsakteure auch Anzeigen, die vorgaben, eine limitierte NFT-Kollektion namens Ordinals Bubbles eingeführt zu haben. Dazu hat man mittels gefälschter Krypto-Airdrops so getan, als wenn man Coins verschenkt oder neue Krypto-Token eingeführt hätte. Stets ging es nur darum, die Taschen der Täter noch mehr zu füllen.
Überprüft man die Anzeigen überhaupt noch?
Es ist unklar, welchen Prüfprozess X derzeit verfolgt, um diese Anzeigen zu verhindern. Aber viele Nutzer sind frustriert, dass es seit Musks Übernahme keine effektive Kontrolle mehr gibt, welche Anzeigen dort geschaltet werden dürfen. Zugegeben, andere soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram oder YouTube kämpfen auch seit Monaten ohne großen Erfolg gegen betrügerische Anzeigen. Zumindest ist dort der Anteil der Abzocke-Ads nicht ganz so hoch.
Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete letzten Monat, dass die Werbeeinnahmen von X voraussichtlich um 2,5 Milliarden Dollar sinken werden. Dies entspricht einem Rückgang der Einnahmen um mehr als 50 % im Vergleich zu 2022. Viele große Unternehmen haben X bereits als Werbepartner verlassen. Auch der Marktwert des Twitter-Nachfolgers ist extrem eingebrochen. Elon Musk ist gerade dabei, sehr viel Geld regelrecht zu verbrennen.
Ist die finanzielle Situation von X die Ursache?
Die finanzielle Situation ist offenbar Anlass für zahlreiche Spekulationen, dass X bei fragwürdigen Anzeigen lieber ein Auge zudrückt, damit die schwindenden Werbeeinnahmen nicht noch weiter in den Keller gehen. In den Kommentaren witzeln manche Leser, es könne doch sein, dass Musk dies als freie Meinungsäußerung ansehen könnte, weil er die Accounts diverser Verschwörungstheoretiker und Lügner, darunter Donald Trump, wieder freigeschaltet hat.
Übrigens haben die Kollegen bei Bleepingcomputer auf eine Presseanfrage verzichtet. Musks Firma hat die ganzen letzten Anfragen schon nicht beantwortet.