Laut der italienischen Staatsanwaltschaft müsse das Project Gutenberg, eine Sammlung gemeinfreier Bücher, zeitnah gesperrt werden
Der römische Gerichtshof wies die ISPs des Landes an, das Project Gutenberg in Italien zu blockieren. Die Aktion zielte hierbei auf 28 Domänen und mehrere Telegrammkanäle ab. Das Angebot von Project Gutenberg umfasst ausschließlich gemeinfreie Bücher. Es wurde jedoch in der gerichtlichen Anordnung fälschlicherweise als Piratenseite bezeichnet, wie TorrentFreak berichtet.
Project Gutenberg: Ein Stück Kulturgeschichte
Das Project Gutenberg (PG) ist die älteste, auf der Arbeit von zahlreichen Freiwilligen basierende, digitale Bibliothek der Welt. Sie wurde 1971 vom US-Amerikaner Michael S. Hart gegründet und über das Internet zugänglich gemacht. Auf der Website des Projekts lassen sich mehr als 62.000 Bücher, hauptsächlich englischsprachige E-Books, kostenlos lesen und frei herunterladen. Das Partnerprojekt, Gutenberg-dE, bietet vorrangig deutschsprachige Literatur an. Hierbei handelt es sich vorwiegend um Texte von Autoren, die vor mehr als 70 Jahren gestorben sind. Deren Werke sind gemeinfrei und unterliegen nicht mehr dem Urheberrecht. Im Gegensatz zum freien internationalen Project Gutenberg, unterliegt das Herunterladen kompletter Texte beim Projekt Gutenberg-DE Beschränkungen. Das Unternehmung Hille & Partner GbR beansprucht Rechte an den von ihr vertriebenen und von Freiwilligen elektronisch aufbereiteten Public-Domain-Texten.
Gegen das Project Gutenberg ist zuletzt der S. Fischer Verlag Anfang des Jahres 2018 vorgegangen. Dieser sah seine Rechte wegen 18 auf der Seite www.gutenberg.org veröffentlichter E-Books von deutschen Autoren verletzt. Als Reaktion auf das Urteil, die Bereitstellung der Titel online zu unterlassen, hat gutenberg.org damals nicht die beanstandeten Werke offline genommen, sondern ausnahmslos alle Seiten und Unterseiten für Nutzer mit einer deutschen IP gesperrt.
Projekt steht in Italien unter Verdacht der Urheberrechtsverletzung
Nun steht das Projekt erneut unter Beschuss. So hat man aktuell auf Anweisung eines Staatsanwalts am römischen Gerichtshof die Website von italienischen ISPs unzugänglich gemacht. In der diesbezüglichen Anordnung der Staatsanwaltschaft werden in einer Liste 28 Websites für rechtswidrig erklärt, unter denen sich auch das Project Gutenberg befindet. Dieses steht auf Platz 25 verzeichnet. In der Sperrmitteilung heißt es, dass über alle Zieldomänen urheberrechtlich geschütztes Eigentum verteilt würde. Beteiligt an der Schließung war auch die Guardia di Finanza, eine militärisch organisierte Finanzpolizei, die dem Ministerium für Wirtschaft und Finanzen untersteht und für die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität zuständig ist.
Bibliotheken verurteilen das Vorgehen
Der Geschäftsführer und Projekt-Direktor, Dr. Gregory B. Newby, informierte darüber auf Twitter und entschuldigte sich zugleich für die Unterbrechung des Dienstes. Wie Techdirt informiert, hätte weder der italienische Staatsanwalt noch das Gericht versucht, das Project Gutenberg über die Tatsache zu informieren. Sie erfuhren davon erst, nachdem ein Besucher der Website in Italien sie darauf aufmerksam gemacht hat.
Auch bei Bibliotheken führte es zu Befremdung und Missbilligung, dass das Gutenberg-Project in der staatsanwaltschaftlichen Anweisung in einem Atemzug genannt wird mit einer ganzen Reihe von TLDs, die raubkopierte literarische Inhalte für kommerzielle Zwecke enthalten. Die Projekt-Arbeit wird allgemein als großer Beitrag zu Bildung und Kultur gewertet.
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