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Bildquelle: stockcake

Piracy Shield 2.0: Steuerzahler soll dafür aufkommen

Das neue Piracy Shield 2.0 soll ab 2025 jährlich zwei Millionen Euro kosten. Bezahlen soll das der Steuerzahler, doch ihm nützt es nichts.

Wenn in Italien alles nach Plan läuft, nimmt die AGCOM das italienische IPTV-Blockierungssystem Piracy Shield Ende des Jahres außer Betrieb. An seine Stelle tritt Piracy Shield 2.0, eine technische Plattform, welche man als das beste Anti-Piraterie-System der Welt bezeichnet. Die laufenden Kosten in Höhe von zwei Millionen Euro im ersten Jahr sollen die italienischen Steuerzahler tragen. Die Hauptbegünstigten, einige der berühmtesten Fußballvereine der Welt und die Pay-TV-Anbieter, müssen gar nichts zur Aufrechterhaltung beitragen.

IPTV-Piraten für Einnahmeverluste verantwortlich gemacht

Während die Ausgaben der führenden italienischen Fußballvereine nach wie vor untragbar hoch sind, gehen die Klagen über Einnahmeverluste aufgrund von IPTV-/Streaming-Piraterie weiter. Die oberste Fußballliga Serie A behauptet derzeit, dass die IPTV-/Streaming-Piraterie den Fußball jährlich rund 330 Millionen Euro kostet. Dies ist ein Betrag, der letztlich den italienischen Fußballfans und ihrer Vorliebe für TV-Pirateriegeräte, lokal als „Pezzotto“ bekannt, angelastet wird.

Dieser Betrag von 330 Millionen Euro pro Jahr führte dazu, dass die Regierung in Rom im vergangenen Jahr eine neue Gesetzgebung verabschiedet hat, die zum Teil den Betrieb des heute verwendeten IPTV-Blockiersystems Piracy Shield unterstützt. Es soll das IPTV-Angebot von Raubkopierern so weit einschränken, dass die Fans zu legalen, aber teuren Abonnementpaketen zurückkehren. Dadurch will man das behauptete Defizit von 330 Millionen Euro pro Jahr durch Piraterie auf ein vernünftiges Maß reduzieren.

Der Steuerzahler soll die Zeche bezahlen

Natürlich haben auch andere Faktoren eine Rolle gespielt. In den letzten vier Jahren zielte eine Regierungsinitiative namens Wachstumsdekret darauf ab, ausländische Talente mit lukrativen Steuervergünstigungen nach Italien zu locken. Die Hauptnutznießer waren einige der reichsten Fußballspieler der Welt. Dazu kommen ihre Mitarbeiter, die im Rahmen dieser Regelung nur die Hälfte ihres Einkommens versteuern mussten, anstatt das gesamte Einkommen. Auch ihre neuen Fußballvereine profitierten davon, da sie bei der Verpflichtung von Spielern aus dem Ausland nicht den üblichen Satz an Steuern zahlen mussten.

Diese kürzlich abgeschaffte Regelung kostete Italien jährlich über 670 Millionen Euro an Steuereinnahmen, wie die New York Times im vergangenen Dezember berichtete. Um diese Zahl ins rechte Licht zu rücken: Das ist mehr als das Doppelte des Betrags, den die Serie A nach eigenen Angaben jedes Jahr durch die Raubkopiergewohnheiten der Italiener verliert. Und genau um diese Summe soll es beim Piracy Shield ja eigentlich gehen.

Die Legalität unterscheidet diese Aktivitäten ganz klar voneinander. Doch das eine rechtfertigt oder hebt das andere sicher nicht auf. Doch bei nüchterner Betrachtung könnte man argumentieren, dass es einige Ähnlichkeiten gibt. Auf jeden Fall scheint es so zu sein, dass Geld aus der öffentlichen Hand zur Unterstützung kommerzieller Interessen fließt. Das will man noch deutlich erweitern.

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Piracy Shield 2.0

Wie bereits berichtet, hat das derzeitige Sperrsystem Piracy Shield mit einigen Problemen zu kämpfen. Das Ausmaß der Sperren und die Anzahl der Internetanbieter, die sich mit dem System verbinden sollen, führen zu Zeitüberschreitungen des Systems. Wenn alles nach Plan läuft, versetzt man das alte System Ende des Jahres in den Ruhestand, um Platz für Piracy Shield 2.0 zu machen.

Wie La Repubblica hinter einer Paywall berichtet, soll die Telekom-Regulierungsbehörde AGCOM weiterhin das System beaufsichtigen, das sich derzeit auf den Schutz von Live-Sportübertragungen, vor allem Fußball, konzentriert. Wenn in naher Zukunft Filme hinzukommen, werden auch andere Rechteinhaber stärker einbezogen. Viele dürften bereits von den derzeitigen Sperren profitieren, da die meisten IPTV-Dienste sowohl Sport als auch Filme übertragen.

Höhere Leistung, höhere Kosten

Die laufenden Kosten für das neue Sperrsystem werden sich voraussichtlich auf zwei Millionen Euro pro Jahr belaufen. La Repubblica berichtet, dass das Geld für die „Stärkung und Wartung“ des Piracy Shield-Systems verwendet werden soll, das über Vereinbarungen mit Amazon und/oder Microsoft in der Cloud betrieben wird. Ein nicht genannter Betrag verwendet man zur Subventionierung der Kosten, die den Internetanbietern im Zusammenhang mit der Sperrung entstehen. Diese Kosten tragen derzeit die Internetanbieter selbst. Sie umfassen unter anderem die anfallenden Überstunden der Mitarbeiter. Wenn das neue System in Kraft tritt, könnten zwei Drittel der Kosten gedeckt werden, während das verbleibende Drittel weiterhin aus Unternehmensgewinnen oder durch die Weitergabe der Kosten an die Internetnutzer finanziert wird.

Die Nutznießer bittet man nicht zur Kasse

Die zwei Millionen Euro pro Jahr, die für den Betrieb von Piracy Shield erforderlich sein werden, werden vom Staat aus Mitteln verschiedener Steuern bezahlt. Dabei stellt die Einkommenssteuer die größte Einnahmequelle dar. Im Jahr 2021 machten die Steuern auf Unternehmenseinkünfte und Gewinne nur 4 % der gesamten Steuereinnahmen in Italien aus.

La Repubblica berichtet, dass das Piracy Shield die Stabilität des Fußballgeschäfts gewährleisten soll. Sie zitiert ungenannte Regierungsquellen, die berichten, dass DAZN kurz vor der Gewinnschwelle steht. Um dieses Ziel zu erreichen, muss man 150.000 neue Abonnenten gewinnen. Natürlich hoffen DAZN, Sky & Co. , dass das Piracy Shield die Fans in ihre Richtung lenken wird. „Wenn DAZN die Gewinnschwelle erreicht hat, werden die zusätzlichen Gewinne mit der Lega Calcio (nationale Fußballliga) und somit mit den Vereinen geteilt„, schreibt La Repubblica.

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Piracy Shield soll für ausreichenden Cashflow sorgen

Dass das Geld fließt, ist eindeutig wichtig, um ein gesundes Fußball-Ökosystem aufrechtzuerhalten. Doch ist der Steuerzahler dafür der richtige Ansprechpartner? Nur wenige und nicht alle Bürger sind für die Problematik verantwortlich. Außerdem haben sie von den Antipiraterie-Maßnahmen keinen Nutzen. Über die Finanzierung des Piracy Shields berichtete der P2P-Blog Torrentfreak.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.