Das Landgericht Berlin ging in einem Urteil vom 5.05.2020 (Az. 15 O 107/18) gegen eine besonders dreiste Verbraucherabzocke von Turbado vor.
Das Landgericht Berlin ging in einem Urteil vom 5.05.2020 (Az. 15 O 107/18) gegen eine besonders dreiste Verbraucherabzocke vor. Demgemäß darf der Onlinehändler Turbado künftig seine Elektronikartikel nur noch mit dem Hinweis auf Vermietung anbieten. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) klagte gegen eine offensichtlich versuchte Verbraucher-Täuschung.
Günstige Turbado-Angebote entpuppten sich als Kostenfalle
Der in der Slowakei ansässige Smartphone- und Handyshop Turbado bot auf den ersten Blick sehr günstige Geräte an. Jedoch nur kleingedruckt und versteckt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) fand sich ein Hinweis darauf, dass die Käufer keineswegs, wie angenommen, das Gerät kauften. Sie schlossen vielmehr einen Mietvertrag ab. Der angeführte Betrag war zur Mietsicherheit zu entrichten. Folglich erwarb der Kunde an den dort bestellten Smartphones, Tablets oder Konsolen auch kein Eigentum. Sowohl war das Gerät zum Ende der Mietzeit zurückzugeben, als auch Mängel während der Nutzungsdauer sofort zu melden. Anderenfalls konnte Turbado Schadensersatz einfordern. Reparaturen waren dem Mieter genauso untersagt wie Veränderungen. Gestattet war lediglich ein Aufspielen von Updates oder Apps.
Turbado tritt gemäß Marktwächter unter anderem auch bei Amazon als Verkäufer auf. Sie bieten dort beispielsweise iPhones an. Verkauf und Versand erfolgen hier jedoch nicht durch Amazon, sondern durch Turbado.
Die Abzocke gipfelte in einer hohen Forderung zum Zahlen von Mietzinsen. In den AGBs heißt es:
„Bei einem beispielhaften Wert eines Geräts von 1.000 € werden somit für die erste sechs Monate 600 € berechnet, für die darauf folgenden sechs Monate weitere 200 €, für die darauf folgenden sechs Monate weitere 100 € etc.“
Der Käufer zahlt dementsprechend in einem Jahr fast den Neuwert, ohne je ein Eigentum am Gerät zu erlangen. Zwar bietet Turbado eine kundenfreundliche Rücknahme eines Gerätes an, sobald es nicht mehr benötigt wird. Allerdings wird laut AGB „der vollständige Mietzins bis zum Ende des laufenden Zeitabschnitts berechnet“. Das bedeutet, selbst wenn man ein Handy bereits nach zwei Wochen zurückgibt, so muss man dennoch den vollen Mietzins für sechs Monate entrichten.
Gericht erkannte in Geschäftsmodell Vertragsfalle
Der vzbv warf dem Unternehmen vor, Verbraucher direkt „in die Irre zu führen und den Mietcharakter des Angebots systematisch zu verschleiern“. Dieser Kostenfalle gebot nun das Landgericht Berlin Einhalt. Das Gericht stellte fest, „Onlineanbieter seien gesetzlich verpflichtet, in hervorgehobener Weise über die wesentlichen Eigenschaften des Angebots zu informieren. Bei Turbado bleibe der Mietcharakter des Angebots dagegen selbst während des Bestellvorgangs verschleiert. Das Geschäftsmodell lebe davon, von Kunden nicht als Miete erkannt zu werden. Zudem seien die Gesamtvertragskosten intransparent.“ Fazit des Richters: „Es handelt sich schlicht um eine Vertragsfalle.“
Das Argument von Turbado, die deutsche Webseite des Unternehmens von der Turbado.de GmbH und nicht von der beklagten Turbado.eu Ltd. zu betreiben, erkannte das Gericht im Verfahren nicht an. Es befand, dass Turbado.eu Ltd. und deren Geschäftsführer für den Wettbewerbsverstoß der für den deutschen Vertrieb eingesetzten Firma verantwortlich seien. Auch seine Angaben über mangelnde Deutschkenntnisse halfen dem Geschäftsführer nicht vor Gericht.
Jana Brockfeld, Rechtsreferentin beim vzbv, resümiert:
„Turbado hatte es offensichtlich darauf angelegt, Kunden über den Vertragscharakter zu täuschen. Statt ein Smartphone günstig zu kaufen, schlossen die Verbraucherinnen und Verbraucher unbemerkt einen teuren Mietvertrag ab. Es ist gut, dass das Landgericht Berlin dieser Vertragsfalle einen Riegel vorschiebt und Verbraucher vor dieser Abzock-Masche schützt.“
Tarnkappe.info