Nach einem Urteil des OLG Zweibrücken ist das Filmen von Polizeieinsätzen mit dem Smartphone strafbar. Doch die Rechtslage bleibt unklar.
Das OLG Zweibrücken hat ein Urteil gefällt, nach dem das Filmen von Polizeieinsätzen mit dem Smartphone strafbar ist. Doch so ganz klar sind sich die Richter bezüglich der Auslegung des anzuwendenden Paragrafen auch nicht. Für eines haben sie jedenfalls nicht gesorgt: Rechtssicherheit.
OLG Zweibrücken stellt Aufnahme eines Polizeieinsatzes unter Strafe
Laut einem Bericht von LTO hat das OLG Zweibrücken die Aufnahme von Polizeieinsätzen in Bild und Ton für strafbar erklärt. Demnach seien die Richtiger des Oberlandesgerichts einer strengen Auslegung des § 201 StGB gefolgt. Amts- und Landgerichte hatten zuvor eine andere Rechtsprechung vorgesehen.
Konkret ging es dabei um eine 40-minütige Aufnahme einer jungen Frau. Diese hatte im Frühsommer 2020 einen Polizeieinsatz mit ihrem Smartphone gefilmt. Die Beamten stellten in der Aufnahme die Personalien von rund 20 Personen fest, während sie Hinweisen auf Drogenkonsum folgten und die Einhaltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden Corona-Regeln kontrollierten.
Unklarheit bezüglich der Auslegung des § 201 StGB
Aufgabe des § 201 StGB ist es, die Vertraulichkeit des Wortes zu schützen. Er sieht also für denjenigen eine Strafe vor, der das nichtöffentlich gesprochene Wort einer anderen Person aufzeichnet. Uneinigkeit herrscht unter den Gerichten darüber, wann genau Gespräche in der Öffentlichkeit als „nichtöffentlich“ einzustufen sind.
Selbst die Richter des OLG Zweibrücken hatten keine klare Antwort darauf und hielten fest: „Wann ein gesprochenes Wort als nichtöffentlich anzusehen ist, ist bislang nicht abschließend geklärt.“ Dass die Polizeikontrolle jedoch gegen 3 Uhr am Morgen in einem „begrenzten Bereich“ stattfand, reichte den Richtern des OLG offenbar aus, um die Gespräche als „nichtöffentlich“ einzustufen.
Weiterhin sei die junge Frau den Beamten während der Kontrolle für die Aufnahme der Gespräche gefolgt. Und das obwohl die Polizisten bewusst versuchten, einzelne Unterhaltungen durch Abstand zur Gruppe abzuschirmen. Eine Notwehr oder Notstandslage der jungen Frau habe ebenfalls nicht vorgelegen.
Das OLG Zweibrücken hat laut dem LTO Bericht keine generellen „Aussagen nach Art einer Grundsatzentscheidung“ getroffen. Außerdem haben sich die Richter nicht mit Argumenten anderer Landgerichtsentscheidungen zu ähnlichen Fallkonstellationen auseinandergesetzt. Dadurch bleibe die Unsicherheit, ob und wann man filmen dürfe, weiterhin bestehen.
Eine verpasste Chance für eine Grundsatzentscheidung und gegen die Unsicherheit
„Eine umfassende Entscheidung aus der höheren Instanz wäre wertvoll gewesen„, ließ Dr. Markus Sehl in einem Kommentar zu dem Urteil des OLG Zweibrücken verlauten. Weiter stellt er klar, dass damit erneut eine Gelegenheit verstreicht, „Betroffenen und Polizeikräften vor Ort die Unsicherheit zu nehmen, ob Aufnahmen gemacht werden dürfen oder nicht.„
„Die großzügige Auslegung zu den Umständen, die einem Gespräch einen nicht-öffentlichen Charakter geben sollen, eröffnet bei Einsätzen das Risiko, dass zufällig hinzutretende Personen oder spontane Abschirmung durch Polizeikräfte die Strafbarkeit von Tonaufnahmen sozusagen deaktivieren oder aktivieren. Das schafft Unsicherheit.“
Dr. Markus Sehl
Sehl findet zum Abschluss klare Worte zu dem Urteil des OLG Zweibrücken: „Bis zu einer nächsten Gelegenheit für eine Grundsatzentscheidung werden noch einige Smartphones beschlagnahmt werden. Vielleicht nimmt sich bis dahin die Rechtspolitik das Thema endlich vor.„
Bleibt nur zu hoffen, dass die Polizei den Spieß nicht einfach umdreht und sich Videomaterial von Amazons Ring übermitteln lässt. Und das noch ohne die Erlaubnis des Eigentümers einzuholen. Die US-Behörden haben das jedenfalls schon hinbekommen.